Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gut?“
    „Ja.“
    „Vielleicht sogar genau?“
    „Genauer als jeder andere Mensch; ich will Euch sogar aufrichtig sagen, daß wir verwandt miteinander sind.“
    „Well! Er hat mich gebeten, nicht nach seinen Verhältnissen zu forschen. Wenn ich bei Euch wohnte, würde mir wahrscheinlich manches nicht entgehen oder ich würde manches erraten, was ich nicht zu wissen brauche.“
    „Hm!“ nickte er nachdenklich. „Diesen Grund und auch den von Eurer Selbständigkeit muß ich freilich gelten lassen; ich will also nicht in Euch dringen; aber willkommen, höchst willkommen würdet Ihr mir sein; das will ich Euch aufrichtig sagen.“
    „Danke, Mr. Wallace! Der Grund meines Besuches ist nur der, zu fragen, ob Ihr wißt, wo er sich jetzt ungefähr befindet.“
    „Er ist hinauf in die Parks.“
    „Nach welchem?“
    „Zunächst nach dem von San Louis.“
    „Ah! Wann ist er fort von hier?“
    „Vor drei Tagen erst.“
    „Da kann ich ihn ja einholen.“
    „Ihr wollt hinauf? Ihr wollt zu ihm?“
    „Ja. Winnetou reitet mit.“
    „Auch Winnetou? Das freut mich; das freut mich ungemein. Wir stehen immerfort so große Sorge um ihn aus; die Gründe kann ich nicht sagen. Wenn wir da zwei solche Männer bei ihm wissen, können wir viel ruhiger sein. Ihr habt ihm schon einmal das Leben gerettet; darum denke ich, daß – – –“
    „O bitte!“ schnitt ich ihm das Lob ab. „Ich will, wie gesagt, nicht in seine Geheimnisse dringen; aber kann ich vielleicht erfahren, ob er damals in Fort Terrel den gesuchten Dan Etters gefunden hat?“
    „Nein. Etters ist gar nicht da gewesen.“
    „Also war es eine Lüge des Generals?“
    „Ja.“
    In diesem Augenblick kam ein Clerk herein und zeigte ein Papier mit der Frage vor, ob es honoriert werden soll.
    „Ein Scheck über fünftausend Dollars von Gray und Wood in Little Rock“, las Wallace. „Ist gut und wird ausgezahlt.“
    Der Clerk entfernte sich. Nach einiger Zeit ging ein Mann an unserm Fenster vorüber; ich sah ihn und der Bankier auch.
    „Himmel!“ rief ich aus. „Das war der General!“
    „Wie? Meint Ihr den General, der Old Surehand so unnötigerweise nach fort Terrel geschickt hat?“
    „Ja.“
    „Er ging hier vorbei, muß also in meiner Office gewesen sein. Erlaubt mir, einmal nachzufragen, was er gewollt hat!“
    „Und ich muß sehen, wohin er geht!“
    Ich eilte hinaus, aber er war verschwunden. Ich ging bis zur nächsten Straßenkreuzung, sah ihn aber auch da nicht. Das konnte mich freilich nicht enttäuschen, denn ich hatte ja nichts mehr mit ihm zu tun. Nur hatte ich mich, falls er mich sah, vor einem hinterlistigen Angriff zu hüten. Als ich zu Wallace zurückkehrte, erfuhr ich, daß der General es gewesen war, der den Scheck präsentiert hatte. Natürlich hatte ihn niemand gekannt.
    Wallace lud mich, da ich nicht bei ihm logieren wollte, wenigstens zum Frühstück ein. Ich wurde von den Seinen so aufgenommen, daß ich mich bewegen ließ, bis zum Diner zu bleiben, und als dies vorüber war, wurde ich noch so lange festgehalten, daß das Souper beinahe schon serviert wurde. Es war also fast neun Uhr, als ich den Rückzug zu Mutter Thick antrat. Vorher mußte ich Wallace versprechen, ihn, wenn es mir möglich sein, vor meiner Abreise noch einmal zu besuchen.
    Die Wirtin hatte Lust, mit mir zu schmollen, weil ich so lange weggeblieben war. Sie gestand mir, heut etwas ganz Besonderes für mich gebraten zu haben, was aber, weil ich nicht gekommen sei, Mr. Treskow gegessen habe. Die gestrigen Gäste waren wieder da, und es gab da eine Unterhaltung, welche der gestrigen ähnlich war.
    Auf mein Befragen erfuhr ich, daß Toby Spencer gleich nach meinem Fortgang die konfiszierten Waffen hatte holen lassen. Ich hatte mich so gesetzt, daß ich den Eingang sehen konnte; darum war ich einer der ersten, welcher zwei Männer eintreten sah, auf die sich bald die Blicke aller Anwesenden richteten. Ihre äußere Erscheinung war freilich ganz geeignet, die größte Aufmerksamkeit zu erregen.
    Der eine war kurz und dick, der andre lang und dünn. Der Dicke hatte ein bartloses, sonnenverbranntes Gesicht; dasjenige des Langen war ebenso von der Sonne gefärbt, welche ihm aber fast die ganze Fruchtbarkeit entzogen zu haben schien, denn der Bart, den er trug, bestand aus nur wenigen Haaren, die von den Wangen, dem Kinn und der Oberlippe fast bis auf die Brust herniederhingen und ihm ganz das Aussehen gaben, als ob er von den Motten zerfressen und gelichtet worden sei.

Weitere Kostenlose Bücher