08 - Old Surehand II
Sah man es diesen beiden Männern schon in Beziehung auf ihre Persönlichkeiten an, daß sie keine gewöhnlichen Leute waren, so mußten sie durch die Art, wie sie sich gekleidet hatten, doppelt auffällig werden. Sie trugen sich nämlich von den Köpfen bis zu den Füßen herunter zeisiggrün. Kurze, weite, zeisiggrüne Jacken, kurze, weite, zeisiggrüne Hosen, zeisiggrüne Gamaschen, zeisiggrüne Schlipse, zeisiggrüne Handschuhe und zeisiggrüne Mützen mit zwei Schirmen, hinten einen und vorn einen, ganz nach Art der Orienthelme. Es fehlte ihnen nur noch das Monokel in das Auge, so hätten sie für die Erfinder oder ersten Repräsentanten des heutigen Gigerltums erklärt werden können, zumal sie auch sehr dicke und unförmliche zeisiggrüne Regenschirme in den Händen hatten.
Es lenkten sich natürlich aller Augen auf sie. Ich erkannte sie trotz ihrer Kleidung, die man besser eine Maskerade hätte nennen können, sofort, und da ich mir den Spaß machen wollte, sie zu überraschen, so drehte ich mich mit meinem Stuhl so um, daß sie mein Gesicht nicht sehen konnten. Es fiel ihnen nicht ein, zu grüßen; sie fühlten sich als Leute, die es nicht nötig hatten, sich dazu herabzulassen. Auch hielten sie es nicht für notwendig, leise zu sprechen. Sie sahen sich kurz um, dann blieb der Dicke vor einem leeren Tisch stehen und fragte den Dünnen, der ihm langsam und bedächtig gefolgt war:
„Was meinst du, Pitt, altes Coon, ob wir hier an diesem vierbeinigen Ding Lager machen?“
„Wenn du denkst, daß es da für uns passend ist, so habe ich nichts dagegen, alter Dick“, antwortete der Lange.
„Well! Setzen wir uns also her!“
Sie nahmen Platz. Die Wirtin kam zu ihnen und fragte nach ihren Wünschen.
„Seid Ihr die Wirtin dieses Trink- und Logierpalastes, Ma'am?“ erkundigte sich Dick Hammerdull.
„Yes. Wollt Ihr vielleicht bei mir logieren, Sir?“
„Ob wir da logieren wollen oder nicht, das bleibt sich gleich; wir haben schon eine Hütte, in der wir wohnen. Was habt Ihr zu trinken?“
„Alle Sorten von Brandy. Besonders kann ich euch meinen Mint- und Carawayjulep empfehlen, der ganz vorzüglich ist.“
„Julep hin und Julep her, wir trinken keinen Schnaps. Habt Ihr denn kein Bier?“
„Sehr gutes sogar.“
„So bringt zwei Töpfe voll; aber groß müssen sie sein.“
Sie bekamen das Verlangte. Hammerdull setzte das Glas an und trank es in einem Zug aus. Als Pitt Holbers dies sah, leerte er das seinige auch bis auf die Nagelprobe.
„Was meinst du, Pitt, wollen wir nochmals eingießen lassen?“
„Wenn du denkst, Pitt, daß wir nicht daran ersaufen, so habe ich nichts dagegen. Es schmeckt besser als Savannenwasser.“
Sie bekamen ihre Krüge wieder gefüllt und nahmen sich erst nun die Zeit, das Lokal und die darin befindlichen Gäste in Augenschein zu nehmen. Dabei fiel das Auge des Dicken zunächst auf den früheren Indianeragenten, der ebenso wie der auch anwesende Treskow die beiden mit überraschten und erwartungsvollen Augen betrachtet hatte.
„Alle Donner!“ rief er aus. „Pitt, altes Coon, schau doch einmal hinter nach der langen Tafel! Kennst du den Gentlemen, der dort rechts in der Ecke sitzt und uns anlacht, als ob wir Schwiegerväter oder sonstige Verwandte von ihm wären?“
„Wenn du denkst, daß ich ihn kenne, lieber Dick, so will ich nichts dagegen haben!“
„Ist's nicht der Agent, der damals – – – Himmel!“ unterbrach er sich selbst, denn sein Auge war nun auch auf Treskow gefallen – – – „Pitt Holbers, schau einmal mehr nach rechts! Dort sitzt noch einer, den du schon einmal gesehen hast. Geh in dein Inneres und besinne dich!“
„Hm! Wenn du denkst, daß es der Polizist ist, der es damals so auf Sanders abgesehen hatte, so ist's richtig. Was meinst du dazu, wollen wir ihnen die Vorderfüße schütteln?“
„Ob ich es meine oder nicht, das ist ganz egal, aber geschüttelt werden sie. Komm, altes Coon!“
Sie gingen nach der Tafel, von welcher ihnen die beiden Genannten nun hocherfreut entgegenkamen; sie hatten die zwei Westmänner nicht zuerst begrüßen wollen, um zu sehen, ob sie von ihnen erkannt würden. Dick Hammerdull und Pitt Holbers, von denen gestern zweimal erzählt worden war, hier bei Mutter Thick! Das war natürlich ein großes, ein freudiges Ereignis. Es wurden ihnen von allen, die an der Tafel saßen, die Hände geschüttelt, und es verstand sich ganz von selbst, daß sie ihre jetzigen Pläne aufgeben und sich zu ihren
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