08 - Old Surehand II
Käufer dort?“
„Nein. Es kam ein Mann dazu, welcher, ich weiß nicht was kaufen sollte. Dem gefielen die Taschen so, daß er von ganz derselben Sorte auch zwei kaufte.“
„Sah er, daß ihr die Papiere in die eurigen stecktet?“
„Ja.“
„Wußte oder ahnte er, was für Papiere es waren?“
„Gewußt hat er es nicht. Ob er es aber ahnte, das kann man doch nicht wissen, nicht wahr, Pitt Holbers, altes Coon?“
„Wenn du denkst, daß man es nicht wissen konnte, so hast du unrecht, lieber Dick“, antwortete Pitt, ihm dieses Mal nicht beistimmend.
„Geirrt? Wieso?“
„Weil du es gesagt hast.“
„Ich?“
„Ja.“
„Das ist ja nicht wahr! Ich habe mit diesem Mann kein einziges Wort gesprochen.“
„Aber mit dem Verkäufer. Zu dem sagtest du, als du die Papiere hineinstecktest, daß diese Art von Taschen sich sehr gut zur Aufbewahrung von solchen hohen Schecks eignen.“
„Das war eine große Unvorsichtigkeit!“ nahm ich wieder das Wort. „Hat der Mann die Taschen gekauft, ehe er das hörte?“
„Nein, sondern nachher“, antwortete Holbers.
„Wer ging dann eher fort, er oder ihr?“
„Wir.“
„Habt ihr nicht etwa bemerkt, daß er euch nachgegangen ist?“
„Nein.“
„Ich nehme trotzdem an, daß er euch gefolgt ist, natürlich heimlich; er hat sehen wollen, wo ihr wohnt.“
Da fiel Hammerdull schnell und eifrig ein:
„Ob wir gewohnt haben oder nicht, das bleibt sich gleich; aber er war dann auch da.“
„In eurem Boardinghouse?“
„Ja.“
„Logierte er da?“
„Ja.“
„Er schlief auch da?“
„Ja.“
„In demselben Raum mit euch?“
„Natürlich, denn es gab keinen anderen Platz.“
„So ist er der Dieb!“
„Alle Wetter! Wie bestimmt Ihr das sagt, Sir! Freilich, wenn Old Shatterhand es sagt, so ist es richtig. Aber wie soll er in unsere Brieftaschen gekommen sein?“
„Gar nicht.“
„Wie? Gar nicht? Er muß doch hineingekommen sein, denn er hat die Papiere herausgenommen!“
„Nein.“
„Nicht? Da begreife ich Euch nicht, Sir!“
„Die Papiere liegen noch darin, mit Ausnahme eines einzigen, welches er versilbert hat.“
„Sie liegen noch darin? Ich habe sie ja nicht!“
„Seid Ihr denn wirklich so kurzsichtig, Dick Hammerdull? Die Brieftaschen, welche ihr hier habt, sind gar nicht die eurigen.“
„Nicht – – –?“ fragte er, indem seine sonst so listigen Züge einen ganz entgegengesetzten Ausdruck annahmen.
„Nein; es sind die, welche er gekauft hat. Er hat Zeitungen hineingelegt und sie dann, wahrscheinlich als ihr schliefet, ganz einfach mit den eurigen umgetauscht.“
„Ah – – –! Das hätte der Halunke ja außerordentlich schlau angefangen!“
„Allerdings. Er muß eine bedeutende Fertigkeit als Taschendieb besitzen, denn es gehört etwas dazu, zwei Westmänner, welche doch gewohnt sind, außerordentlich leise zu schlafen, die Brieftasche unter den Kopfkissen wegzuziehen.“
„Was das betrifft, Sir, so haben wir gar nicht leise, sondern wie die Ratten geschlafen. Die schlechte Luft in diesem Raum und der Öldunst, das war schrecklich. Wir haben gelegen wie betäubt.“
„Nun, so ist ihm der Diebstahl leicht geworden. Ist Euch sein Name bekannt?“
„Nein.“
„Den werden wir im Boardinghaus erfahren“, fiel da Treskow ein.
„Wahrscheinlich nicht“, antwortete ich. „Er hat doch jedenfalls einen falschen Namen gesagt, wie Ihr als Polizist ja besser wißt als ich. Zu wissen, wie er sich genannt hat, bringt uns also gar keinen Nutzen.“
„Aber es gibt uns einen Anhalt, ihn aufzusuchen.“
„Glaubt Ihr etwa, daß er noch hier in Jefferson City ist, Mr. Treskow?“
„Nein. Ich werde augenblicklich gehen, um die Polizei zu benachrichtigen und – – –“
„Denkt nicht an die Polizei“, unterbrach ich ihn. „Von ihr haben die Bestohlenen gar nichts zu erwarten.“
„Ich denke doch!“
„Nein, gar nichts! Wenn wir nicht selbst das Richtige treffen, so trifft es die Polizei noch viel weniger als wir. Wollen es überlegen! Aber nicht hier, wo es so laut hergeht. Kommt heraus in die kleine Stube! Mutter Thick mag uns die Gläser nachbringen.“
Wir gingen in das separate Zimmer, aus welchem gestern Treskow gekommen war. Mit dem ‚wir‘ sind Treskow, Hammerdull, Holbers und ich gemeint. Es lag nicht in meiner Absicht, noch andere hören zu lassen, was wir besprachen, denn es konnte leicht eine zweifelhafte Person dabei sein, die uns die Sache verdarb. Es hatte aber auch keiner Miene
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