08 - Old Surehand II
die Spuren lang, so daß ich vermute, sie haben einen Vorsprung von mehreren Tagen. Doch sind unsre Pferde gut, und sie haben jedenfalls Verwundete bei sich, die einen schnellen Ritt nicht vertragen können. Wir holen sie ein, ehe sie das Lager Fire-guns erreichen.“
Wieder ging es vorwärts, nicht bloß Stunden, sondern Tage lang und immer auf der aufgefundenen Spur, die bald deutlich erkennbar war, bald sich wieder auf dem harten Gestein oder im weichen Gras verlor, stets aber von Bill Potter wiedergefunden wurde.
So gelangten wir in jene Gegend, wo der Arkansas-River einen weiten Bogen nach den Smoky Hills beschreibt und zahlreiche Bäche ihm von den Bergen herab entgegenströmen.
Die offene Prärie ging durch weit ausgebreitetes Gebüsch nach und nach in den hochstämmigen Urwald über und der Führer unsrer Gesellschaft wurde von Minute zu Minute vorsichtiger, da die Spur, welcher wir folgten, sich immer jünger zeigte und wir hinter jedem Baum auf einen Wilden stoßen konnten.
Da plötzlich hielt Bill Potter an und unterwarf den weichen, moosigen Boden einer sehr sorgfältigen und genauen Prüfung.
„Wahrhaftig, hier kommen die Spuren weißer Männer aus dem Wald. Sie sind mit den Wilden zusammengetroffen, ohne daß ein Kampf stattgefunden hat. Seht her, hier in diesem Kreis haben die beiden gegenseitigen Anführer gestanden und miteinander verhandelt; dann ist das Kalumet, die Friedenspfeife, herumgegangen; ihr seht es hier an dem kleinen Rest von Punks (Präriefeuerzeug), der halb verkohlt am Boden liegt. Es ist jedenfalls eine Schar Bushwhackers (Buschklepper) gewesen, die sich mit den Roten vereinigt hat, um unser Lager ausfindig zu machen, es zu überfallen und sich die Beute zu teilen.“
„Mille tonnerre – Millionen-Schock-Backborddonnerwetter“, fuhr Peter Polter auf; „da werde ich einmal mit diesen meinen guten Fäusten dreinfahren, daß die Weißen rot und die Roten vor Schreck weiß werden! Wenn mich die Luft nicht trügt, so haben wir gar nicht mehr weit zu segeln, um in dem Lager vor Anker zu gehen. Aber was tun wir hier mit unsern vierbeinigen Fahrzeugen? Ich habe das meinige satt bis an den Hals herauf; es schüttelt und schlingert mich hin und her, daß mir der Verstand im Kopf wehtut und meine zweihundertachtunddreißig Knochen alle einzeln hinunter in die Stiefel rutschen!“
Potter lachte über dieses klägliche Lamento des wackeren Seemanns und antwortete:
„Will's gern glauben, Master; du sitzt ja auch zu Pferd, als solltest du zu Eierkuchen verbacken werden! Die Tiere können wir allerdings nicht weiter mitnehmen; sie sind uns hinderlich. Aber ich weiß einen Ort, wo wir sie verstecken können, ohne daß ein Indsman sie zu finden vermag. Kommt, Mesch'schurs!“
Er wandte sich seitwärts in den Wald. Nach vieler Mühe, welche uns das Durchdringen des dichten Unterholzes bereitete, gelangten wir auf eine kleine, freie und tief versteckte Blöße, auf welcher wir die Pferde anhobbelten. Dann kehrten wir zu der Stelle zurück, wo wir die Spur verlassen hatten.
Wir folgten derselben weiter, und zwar mit außerordentlicher Vorsicht und Behutsamkeit, das Bowiemesser gelockert und die Büchse im Anschlag zum Schuß bereit. Da plötzlich hielt Potter still und lauschte.
„Horcht, ihr Männer! Klang das nicht wie das Schnauben eines Pferdes?“
Auch die andern hielten die leisen Schritte an und horchten in die tiefste Stille des Urwalds hinein. Ein leises Wiehern erklang von der Seite her.
„Entweder haben sie sich dort gelagert oder die Tiere zurückgelassen, um schneller vorwärts zu kommen. Das verteufelte Viehzeug wird uns wittern und verraten. Wir müssen ihnen den Wind abgewinnen.“
Er legte sich zur Erde und bewegte sich kriechend in einem weiten Bogen. Die andern folgten seinem Beispiel. Nach einiger Zeit gab er uns ein Zeichen, alles Geräusch zu vermeiden, und deutete zwischen den Büschen hindurch nach einem freien Platz, der vor uns lag. Dort weideten gegen dreißig Pferde, bewacht von zwei Indianern.
„Seht ihr die roten Halunken, Mesch'schurs? Ich hätte große Lust, sie mein Messer fühlen zu lassen und die Pferde in alle Winde zu jagen, hihihihi. Aber es geht nicht. Wir dürfen uns nicht verraten. Vorwärts; wir müssen so bald wie möglich an sie kommen, aber nicht auf der Fährte, sondern von der Seite!“
Der kleine Mann wand sich mit der Geschicklichkeit und Geräuschlosigkeit einer Schlange durch das Dickicht. Der Weg war ein furchtbar
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