080 - Am Tor zur Hölle
fühlte sich Roxane bei der Sache nicht. Sie brachte dem jungen Teufel eine Waggonladung voll Mißtrauen entgegen.
Aber sie unternahm nichts gegen ihn.
Mr. Silver wandte sich dem Gehörnten zu. »Wie heißt du?« fragte er.
»Valerian«, kam es dünn über die Lippen des Teufels. »Ihr habt mir das Leben gerettet.«
»Ich hoffe, du weißt das zu würdigen.«
»Wer seid ihr?«
»Ich bin Mr. Silver. Das ist meine Freundin Roxane. Sie ist eine Hexe. Du hast gehört, was sie vorhin sagte. Sie mißtraut dir. Sie fühlt sich von dir bedroht.«
»Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, Roxane«, sagte Valerian.
»Wenn du mit gezinkten Karten spielst, sorge ich dafür, daß du das nicht überlebst. Ist das klar?« sagte Mr. Silver hart.
Der junge Teufel nickte. »Ich habe nicht die Absicht, etwas gegen euch zu unternehmen, schließlich stehe ich tief in eurer Schuld.«
»Hört sich reichlich ungewöhnlich an aus dem Mund eines Teufels«, sagte Roxane nach wie vor argwöhnisch.
»Du verkennst mich«, beteuerte Valerian. »Ich bin harmlos.«
»So siehst du nicht aus«, sagte Roxane.
»Wo befinden wir uns hier?« wollte Mr. Silver wissen.
»Das wißt ihr nicht?« fragte Valerian überrascht.
»Würde ich fragen, wenn ich's wüßte?« gab der Ex-Dämon schneidend zurück.
»Woher kommt ihr?« erkundigte sich der junge Teufel.
»Von der Erde«, antwortete Mr. Silver.
»Von der Erde«, echote Valerian. »Dort wollen wir hin.«
»Wir?« fragte Mr. Silver aufhorchend.
»Gismina, Beato und ich.«
»Wer sind Gismina und Beato?« fragte der Ex-Dämon.
»Sie sind Geschwister.«
»Teufel wie du?«
»Ja«, antwortete Valerian.
Mr. Silver kniff die Augen zusammen. »Ihr wolltet die Erde heimsuchen?«
Valerian schüttelte den Kopf. »Nicht heimsuchen. Sie sollte unser Zufluchtsort sein. Wir wollten uns dort verstecken. Wir hatten erfahren, daß es dort möglich ist, ein Leben in Frieden zu führen.«
»Du verwirrst mich immer mehr, Valerian«, sagte Mr. Silver. »Du siehst aus wie ein beinahe unbezwingbarer Höllenkrieger, bezeichnest dich als harmlos und suchst nach einem Ort, wo du in Frieden leben kannst. Das paßt irgendwie nicht zusammen.«
»Du läßt dich von meinem Äußeren täuschen«, sagte der junge Teufel. »Ich kann nichts dafür, daß ich als Teufel geboren wurde. Seit ich lebe, versuche ich, mich damit abzufinden, aber es gelingt mir nicht. Ich verabscheue es, zu kämpfen.«
»Vorhin hast du dich aber nicht schlecht geschlagen.«
»Ich habe mich verteidigt, aber ich hätte den Kampf verloren, wenn ihr nicht eingegriffen hättet.«
»Wir wissen immer noch nicht, wo wir uns befinden«, sagte Mr. Silver. »Weißt du, wer Kanutto ist?«
»Nein.«
»Ein Exekutor der Hölle.«
»Ich habe gehört, daß es diese Wesen gibt«, sagte Valerian.
»Asmodis hat ihn auf die Erde geschickt«, erklärte Mr. Silver.
»Wir haben einen guten Freund… Tucker Peckinpah ist sein Name… Er wurde in die siebente Hölle entführt und konnte fliehen, und Kanutto wurde auf seine Spur gesetzt. Er hat Tucker Peckinpah gefunden und - zusammen mit einem weiteren Freund von uns - zurückgeschickt. Und dann wollte er auch noch Roxane töten…« Der Ex-Dämon sprach von der Entführung, die er zum Glück verhindern konnte, und wie sie aus dem Glasnebel geflogen waren.
Nun kannte sich Valerian aus. »Ihr habt die Orientierung verloren«, sagte er.
»Könnte man behaupten«, gab Mr. Silver zu.
»Ihr befindet euch in einer Dimension, die der Hölle vorgeschoben ist«, sagte der junge Teufel.
»Hat sie einen Namen?« fragte Roxane.
»Nein.«
»Wer lebt hier außer den Krähen?« wollte die weiße Hexe wissen. »Was ist das für ein Friedhof? Wer liegt dort begraben? Wieso wolltest du eines der Gräber öffnen?«
»Ich bin mit Gismina und Beate befreundet. Ich liebe Gismina…«
»Liebe ist ein Wort, das es für einen Teufel nicht gibt«, behauptete Roxane.
Valerian nickte. »Daran siehst du, daß ich anders bin.«
»Sind Gismina und Beato wie du?« fragte Mr. Silver.
»Ja. Deshalb hielten wir es in der Hölle nicht mehr aus. Wir flohen, aber wir kamen nicht weit.« Der junge Teufel wandte sich an Roxane. »Was für ein Friedhof das ist, wolltest du wissen. Man nennt ihn Friedhof der Abtrünnigen. Gismina und Beato liegen dort begraben. Ich wollte Gismina befreien.«
»Befreien?« fragte Roxane verwundert. »Wenn sie begraben ist, ist sie doch tot.«
»Eben nicht. Dieser Friedhof untersteht anderen Gesetzen.
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