080 - Die Vampir- Oma und ihre Kleinen
konnte der Angler sich wieder regen.
Steif stand er auf. Er sah sich nach den Quälgeistern um, von denen er nur die Stimmen gehört hatte, suchte seine Angel. Nichts war zu sehen. Er war allein an dem sonnenbeschienenen Fluß.
Der Mann betastete die Beulen an seinem Kopf. Es überlief ihn kalt, obwohl es ein warmer Sommertag war. Ringsum summten Bienen, zirpten Grillen.
„Verdammt, verdammt“, sagte er erschüttert. „Wenn sich das wiederholt, werde ich wohl zum Psychiater gehen müssen.“
Er ging zu seinem Wagen, der vierhundert Meter entfernt stand. In Zukunft würde er woanders angeln.
„Wo ist denn mein Notizbuch schon wieder, zum Donnerwetter? Hat hier jemand mein Notizbuch gesehen?“
Rektor Karl Bauer war äußerst schlechter Laune. Bei ihm mußte alles seine Ordnung haben. Unvorstellbar, daß ihm etwas abhanden kommen konnte. Und doch war es so. Ausgerechnet das Notizbuch, in das er während des ganzen Schuljahres seine Eintragungen machte. Jetzt, vor der Lehrerkonferenz, bei der er es dringend brauchte, war es auf einmal weg.
Es klopfte an der Tür. Gerda Holzbauer, die junge Lehrerin der ersten Klassen kam ins Konferenzzimmer.
„Reichlich spät, Kollegin“, sagte einer der Lehrer.
„Tut mir leid. Mein Autoschlüssel war auf einmal verschwunden. Einen Ersatzschlüssel habe ich nicht. Deshalb mußte ich mit dem Bus fahren.“
„Na, wenigstens bin ich nicht der einzige, der Sachen verlegt“, sagte der Rektor. „Fangen wir an, meine Damen und meine Herren.“
Die zwölf Lehrer der Pestalozzi-Schule waren vollzählig versammelt. Es ging auf Ostern zu. Bei der Konferenz sollte besprochen werden, wie der Leistungsstand der einzelnen Klassen war, und die Lehrkräfte sollten ihre Erfahrungen austauschen.
Gerda Holzbauer als Klassenlehrerin der beiden Grundklassen begann. Sie berichtete, wie weit sie mit dem Stoff gekommen war, wie der Notendurchschnitt und der Leistungsstand der Klassen war, auf was der Kollege, der die Klassen übernehmen sollte, besonders achten mußte.
„Es freut mich besonders, sagen zu können, daß nur zwei von siebzig Kindern das erste Schuljahr wiederholen müssen“, schloß Gerda Holzbauer.
„Gibt es sonst noch etwas zu berichten?“ fragte Rektor Bauer. „Negative Einflüsse in den Klassen? Störenfriede?“
Gerda Holzbauer zögerte.
„Manche von den Kindern sind wild, manche schüchtern. Sie sollen in der Schule lernen und erzogen werden, das ist unsere Aufgabe. Leider kann ich mich bei dem Umfang der beiden 1. Klassen nicht so um jeden einzelnen Schüler kümmern, wie ich es gern möchte. In der Hauptsache sind es drei Schüler der 1 b, die besondere Aufmerksamkeit verdienen. Kollege Gerra, der die Grundklassen ja auch unterrichtet, wird das bestätigen.“
„Ich weiß schon“, winkte der blonde Gerra ab. „Martin Roemer, Harald Finck und Erika Möller. Die drei sind eine wahre Pest.“
„Davon ist mir nie etwas zu Ohren gekommen“, sagte der Rektor.
„Ja, weil Fräulein Holzbauer sich strikt weigerte, Sie hinzuzuziehen. Ich unterrichte die beiden Grundklassen ja nur in zwei Fächern. Ich wollte mich nicht in die Belange der Klassenlehrerin einmischen. Doch ich finde, es ist jetzt an der Zeit, endlich einmal ein offenes Wort zu reden. Fräulein Holzbauer fürchtet wohl, als Pädagogin bei diesen dreien zu versagen. Doch die könnte nicht einmal Pestalozzi selbst erziehen.“
„Das interessiert mich“, sagte der Rektor. „Erzählen Sie uns doch einmal Näheres, Fräulein Holzbauer. Solche Dinge können ruhig vor der Lehrerkonferenz zur Sprache gebracht werden.“
„Die drei sind aufsässig“, erklärte Gerda Holzbauer leise. „Sie bilden eine Gruppe für sich in der 1b, verüben ständig Streiche.“
„Streiche nennen Sie das?“ mischte Gerra sich ein. „Neulich, als ich die Aufsicht hatte, überraschte ich sie dabei, wie sie auf dem Schulhof einen Igel zu Tode rösteten. Die kleine Kläre Meier, die Tochter des Gemischtwarenhändlers, haben sie nach der Stunde mit den Zeigestöcken grün und blau geschlagen. Sie mußte zwei Tage zu Hause bleiben. Herr Meier drohte mit Anzeige, aber Herr Möller, der Vater von Erika, konnte ihn gerade noch beschwichtigen. Vor ein paar Tagen überraschte ich das Trio dabei, wie es eine Mitschülerin mit Nadeln stechen wollte. Ich konnte es verhindern und stellte die drei zur Rede. Doch genausogut hätte ich mit drei Steinen reden können.“
„Manchmal fehlt uns die Prügelstrafe doch
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