0802 - Der Wächter
Gesichtshaut war grau, und als er lächelte, zerrte er die Lippen auseinander.
»Okay, ich höre.«
»Der Ritter war hier. Glaubst du mir das?«
»Ja, Bill Ich habe ihn doch selbst gesehen, zumindest seinen Schatten als er verschwand«
»Er hatte sein Schwert gezogen Er wollte Suko töten. Aber Suko war schneller. Er wich dem Hieb aus und drückte den schweren Ritter zurück. Gemeinsam verschwanden sie in der Wand.« Er hob die Schultern. »Ich habe keine Ahnung, was hinter ihr liegt. Ich kann nur hoffen, dass Suko nicht tot ist.«
»Das wird wohl nicht der Fall sein, Bill. Wäre es nicht besser; wenn du von vorn beginnst?«
»Alles erzählen?«
»Ja, warum nicht?«
Er hob die Schultern. Ich war auch froh, dass er sich wieder gefangen hatte, sein Bericht klang klar und logisch. Er hatte auch seine Stimme wieder unter Kontrolle.
Ich staunte nicht einmal so sehr darüber, was den beiden widerfahren war. Schließlich hatte ich ähnliche Dinge erlebt, aber Fragen stellten sich doch.
Wieso hatte all dies geschehen können? Was wat überhaupt passiert in diesem verdammten Kloster? Wer hatte hier gehaust?
Das war die große Frage, auf die Bill auch keine Antwort finden konnte, denn der namenlose Ritter oder Wächter hatte nicht geredet. Zwischen ihnen dreien war überhaupt keine Kommunikation entstanden.
»Und jetzt ist er drüben«, flüsterte Bill. »Auf der anderen Seite. Keiner von uns kann wissen, ob er noch lebt.«
»Er wird es schon schaffen.«
»Das denkst du und sagst du nur so.«
»Nein, ich bin davon überzeugt.«
Bill fasste mich an. »Was liegt dahinter, John? Was, zum Henker, liegt hinter der Wand, die keine ist? Sag es mir – rede!«
»Ich weiß es nicht. Aber ich werde es herausfinden.«
»Du willst auch hin?«
»Natürlich.«
»Dann nimm mich mit«
Ich sah Bills Augen und erkannte darin den fiebernden Blick.
Mein Freund kam sich vor wie jemand, der noch etwas gutzumachen hatte. Er gab sich auch die Schuld am Verschwinden Sukos, weil er eben nicht eingegriffen hatte. »Gut, wir werden es gemeinsam versuchen.«
»Okay, das wollte ich nur hören. Ich habe natürlich nachgedacht und dachte dabei an eine andere Dimension oder aber an das Reich der Toten. Ja, an das Jenseits.«
»Das glaube ich wiederum nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich kann es dir nicht erklären, aber«, ich hob die Schultern und schaute auf mein Kreuz. »Wir werden es herausfinden, und das Kreuz wird uns den Weg weisen.«
»Glaube ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Das hier ist so alt, uralt. Biblisch, alttestamentarisch oder noch früher. Ach, verdammt, ich weiß es einfach nicht.« Er schüttelte, wütend über sich selbst, den Kopf.
Ja, es war sehr alt. Älter möglicherweise als mein Kreuz, das der Prophet Hesekiel in babylonischer Gefangenschaft hergestellt hatte.
Aber ich dachte zugleich an Salomons Erscheinung, die mit meinem Kreuz eine Verbindung aufgenommen hatte, deshalb war ich guter Hoffnung, dass es auch hier unten klappte.
Wobei ich natürlich noch immer darüber nachdachte, wer hier einmal gehaust hatte. Welche Sekte, welcher Orden es geschafft hatte, sich in dieses Kloster zurückzuziehen und wie sie zu den Problemen der Welt gestanden hatten.
Konnte ich sie als positiv, als gläubig ansehen, oder waren es nur wilde Sektierer, die sich in die Wüste zurückgezogen hatten, um irgendeinem Götzen zu dienen?
Das wäre nicht einmal so falsch gewesen, wenn ich an die vier Erzdämonen dachte.
Astaroth, Eurynome, Bael und Amducias gehörten zum Kreis der absolut Bösen, zu Luzifer. Dieser lichtlosen Gestalt, die so schwer zu beschreiben war, die man als die Lüge an sich bezeichnen konnte. Sie regierte die Kreaturen der Finsternis. Zusammen mit ihnen und den Horrorreitern war Luzifer der King of Chaos, und es hatte schon zu allen Zeiten Menschen gegeben, die sich von ihm angezogen fühlten und den falschen Weg gingen.
Ich ließ Bill noch einige Momente, um sich auszuruhen. Unterdessen durchschritt ich das Gewölbe und schaute mich um. Mein Blick streifte über die blau schimmernden Wände hinweg. Ihre Farbe musste nichts mit Magie zu tun haben. Dass sie so schimmerten, lag einzig und allein an ihren Einschlüssen.
Metall im Stein, uralt, im Laufe von Jahrmillionen entstanden, und im Gegensatz dazu standen die zahlreichen Kerzen, an deren Dochten Flammen tanzten.
Sie waren Hinterlassenschaften der Neuzeit und für mich ein Beweis, dass auch andere den Weg hierher in die Tiefe gefunden hatten, auf
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