0805 - Der Echsenvampir
Wurstfinger an seiner verfleckten Hose ab. »Ich kenne das. Auch mir wächst die Arbeit manchmal über den Kopf.«
Erstaunlich, bei einer meist leeren Schankstube, dachte Arthur. »Gib mir etwas zu essen.«
»Etwas Kräftigendes…«, murmelte der Wirt. »Da habe ich genau das Richtige für dich.«
Arthur setzte sich kommentarlos an einen der wenigen Tische und wartete. Kurz darauf setzte der Wirt ihm eine Fleischkeule vor, daneben lagen auf dem alten Teller einige Kartoffeln. Arthur vermutete zumindest, es bei dem weich gekochten Etwas mit Kartoffeln zu tun zu haben.
Es war ihm gleichgültig. Er schlang die Nahrung herunter, steckte dem Wirt eine Geldmünze zu, die für wenigstens zehn solcher Speisen genügt hätte, und verließ das Gebäude.
Er begab sich zum Platz vor dem Dom. Dort tummelten sich die Bürger der Stadt, um diese Zeit vor allem die Frauen. Der ideale Platz, um Neuigkeiten zu erfahren. Der übliche Tratsch interessierte ihn nicht, doch bald gelang es ihm, ein Gespräch zu belauschen, das sich um die Opfer des Echsenvampirs drehte.
Natürlich waren die beiden Frauen ahnungslos, was die wahren Hintergründe der Leichenfunde betraf.
»Heute Nacht ist niemand gestorben«, sagte das eine Weib, eine ältliche Grauhaarige, die ein abgewetztes Kleid trug.
Ihre Gesprächspartnerin war das glatte Gegenteil von ihr. Jung, hübsch, ein eng geschnürtes Oberteil, das die Form ihrer Brüste geradezu überdeutlich betonte. Ihre leicht gewellten blonden Haare glänzten und fielen wie ein Schleier den Rücken herunter, berührten dort noch den Ansatz ihrer Hüften. »Ich gehe abends nicht mehr aus dem Haus«, versicherte die junge Frau. »Glaubst du, der Mörder ist ein Mensch?«
»Ein Mensch? Was sonst? Ein Dämon vielleicht, wie die Narren in den Wirtshäusern glauben?« Die Alte lachte leise. »Wärst du so alt wie ich, wüsstest du, wozu Menschen fähig sind, mein Kind.«
Arthur entfernte sich wieder. Er hatte genug gehört. Ziellos streifte er durch die Gassen.
Erst am übernächsten Tag fand der Echsendämon ein weiteres Opfer in der Nacht.
Einmal suchte Arthur die Druckerwerkstätte auf und betrachtete das Haus von außen. Während der Stunden, in denen er aus seinem Versteck heraus beobachtete, betraten mehrere Menschen das Gebäude. Für sie war es, als sei nichts geschehen, doch Arthur bezweifelte nicht, dass es ihm unmöglich gewesen wäre, einzutreten.
Hartmann sah er während dieser Stunden nicht. Johanna, oder das, was aus ihrem Körper geworden war, ebenfalls nicht. Sie hielt sich wahrscheinlich in dem verborgenen Raum unter der Druckerpresse auf. Dort wartete sie die Nacht ab… ebenso wie ihr Meister.
Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass er nur noch einen Tag durchhalten musste. Dann konnte seine Rache endlich beginnen.
***
Fast schmerzte es ihn, als er zum letzten Mal das schäbige Zimmer verließ. In dieser Nacht hatte die Hitze kaum abgenommen, und als jetzt die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster herein fielen, begann die Luft wieder zu kochen.
Arthur war innerlich auf alles vorbereitet, was kommen konnte. Er hatte das Blut und das Pulver miteinander vermischt und sich mit der so entstandenen übel riechenden Paste an verschiedenen Stellen seines Körpers eingerieben.
Er hasste die Praktiken der Schwarzen Magie, und es war eine unendliche Überwindung gewesen, sie auszuführen. Es war eben doch etwas anderes, einen Plan zu entwerfen und ihn dann in die Tat umzusetzen…
Wenn er in der Druckerwerkstätte war, musste er lediglich noch ein wenig der blutigen Masse auf das Druckersiegel bringen und im richtigen Moment, wenn es danach aussah, als sei er gescheitert, die Formel aussprechen.
Dann konnten die Dinge ihren Lauf nehmen.
Sein Herz schlug heftig. Was er tat, bedeutete in letzter Konsequenz, alles hinter sich zu lassen und völlig neu zu beginnen. Ohne den Kampf gegen die Dämonen zu leben, wie ein Mensch, der von nichts wusste.
Seine relative Unsterblichkeit würde er dadurch allerdings nicht verlieren. Das hieß, er musste in regelmäßigem Abstand das Umfeld, in dem er sich sein Leben aufbauen würde, verlassen - mit der Zeit musste es jedem um ihn herum auffallen, dass er nicht alterte. In einer Zeit, in der man allerorten von Hexerei und Magie sprach, war das höchst gefährlich.
Und was auch immer geschah, er schwor sich, nie wieder als Dämonenjäger aktiv zu werden.
Draußen war es um diese frühe Morgenstunde noch kühler als in dem Zimmer, in dem er die
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