Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0807 - Das Gespenst von Angus Castle

0807 - Das Gespenst von Angus Castle

Titel: 0807 - Das Gespenst von Angus Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
verlassen?
    Obwohl sie mich hatte löten wollen, versuchte ich, sie zu rütteln.
    »Tauch doch auf, verdammt!« keuchte ich. »Los, komm doch, Mädchen!«
    Sie kam.
    Nicht mehr so schnell wie zuvor. Viel, viel langsamer, denn ihre Kräfte näherten sich dem Ende.
    »Das Seil!« brüllte ich.
    Ihre Augen sahen aus wie zwei helle Ovale, vergleichbar mit Spiegeln, die sich in meine Richtung gedreht hatten. Sie mußte das andere Ende des Seils sehen.
    »Spring hoch!«
    Ihr Mund verzerrte sich, die Schultern gerieten in rollende Bewegungen, und es sah so aus, als wollte sie noch einmal Kraft sammeln. Dann schnellte sie in die Höhe.
    Sie streckte ihre Arme aus und griff von beiden Seiten zu. Ihre Hände bekamen das Seil zu fassen, nicht einmal am unteren Ende, sondern schon ein Stück höher.
    Das ließ hoffen.
    Aber die Hände waren durch das Wasser glatt geworden. Sie konnte das Seil nicht festhalten, ich spürte den Ruck an meinem Gelenk, wollte schon mit der anderen Hand nachgreifen, als das Gewicht der Frau wieder verschwand.
    Es spritzte. Gilda war wieder im Wasser verschwunden.
    Schaffte sie es?
    Wieder ein Anlauf.
    Und dann kam sie erneut. Diesmal hatte sie den Mund weit aufgerissen. Der Schrei gellte mir wie der Stoß aus einem verstimmten Blechinstrument entgegen, und wieder erwischte sie das durchhängende Seil. Wenn sie jetzt wieder abrutschte, hatte ich kaum noch Hoffnung, deshalb schrie ich ihr zu.
    »Wickel es dir um die Handgelenke!«
    Das schaffte sie. Diesmal gelang es ihr, sich am Seil festzuklammern.
    Für mich begann das schwerste Stück meiner Arbeit, denn ich mußte den schweren Körper in die Höhe ziehen und konnte nur hoffen, daß das Seil hielt und meine Kraft ausreichte.
    Ich unterstützte die rechte Hand mit der linken. Dennoch nahm die Anstrengung zu. Mochte Gilda McDuff auch noch so ausgezehrt ausgesehen haben, in diesen langen Sekunden kam sie mir zentnerschwer vor. Ich glaubte nicht daran, daß ich sie hochziehen konnte wie einen mit Wasser gefüllten Eimer. Sie mußte mich bei meiner Arbeit schon unterstützen, und ich beugte mich noch weiter vor und starrte in die Tiefe.
    Ich sah sie zappeln, was auch gefährlich war, denn das Seil ruckte stark. Ihren Kopf hatte sie in den Nacken gelegt, das Gesicht zeigte eine wahnsinnige Anstrengung. Die Zunge schlug aus dem Mund, die Augen waren weit geöffnet.
    »Helfen sie mit!« brüllte ich in den Brunnenschacht. »Verdammt, Sie müssen die Beine spreizen und versuchen, sich an der Schachtwand abzustützen.«
    Ob sie mich verstanden hatte, wußte ich nicht. Zumindest hatte sie mich gehört, denn sie hielt an.
    Ich spürte den Druck an meinen Handgelenken und hatte das Gefühl, als würde das Seil die Haut aufscheuern wie ein Messer. Fallen lassen konnte ich sie auch nicht, ich machte weiter, und der Druck hatte mir längst den Schweiß aus den Poren getrieben.
    »Haben Sie gehört?« schrie ich.
    »Ja…«
    »Die Beine spreizen. Versuchen Sie mich zu unterstützen.«
    Sie deutete ein Nicken an. Ich schaute für einen kurzen Moment auf das Seil. Es lag gespannt auf dem Rand des Brunnens und sah aus, als könnte es jeden Moment durchscheuern. Noch hielt es, ich hoffte, daß dies auch in Zukunft so bleiben würde.
    Gilda hatte ihre Schwierigkeiten. Sie spreizte die Beine. Hoffentlich waren sie lang genug. Zu beiden Seiten berührte sie die Wand des Schachts, rutschte aber ab, so daß sie mir kaum Unterstützung geben konnte. Ich feuerte sie an und zerrte sie gleichzeitig höher.
    Meine Hacken hatte ich gegen den Boden gestemmt, der an dieser Stelle ziemlich weich war, aber nicht so stark nachgab, wie ich befürchtete.
    Wieder brachte Gilda McDuff die Beine auseinander. Und jetzt hatte sie Glück. Mit den Hacken bekam sie Halt. Sie mußte irgendeine Spalte gefunden haben.
    Ich zerrte.
    Es klappte besser.
    Ich feuerte sie an, machte ihr Mut. Es ging nicht so, wie ich es mir wünschte, aber sie kam höher. Immer wieder fand sie an den glatten Schachtwänden eine Unterstützung. Weiter und weiter zerrte ich sie. Ich hörte ihr Keuchen schon dichter am Rand des Brunnens, dann erreichte sie mit einer Hand den Brunnenrand und klammerte sich dort fest. Die zweite Hand folgte, und plötzlich ging es wie von selbst. Wie ein großes, nasses Tier wälzte sie sich über den Rand.
    Völlig erschöpft, nicht mehr an Kampf und Gegenwehr denkend.
    Vor meinen Füßen rollte sie zu Boden, drehte sich noch einmal und blieb auf dem Rücken liegen, den Mund weit

Weitere Kostenlose Bücher