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0807 - Das Gespenst von Angus Castle

0807 - Das Gespenst von Angus Castle

Titel: 0807 - Das Gespenst von Angus Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aufgerissen, keuchend, naß, erschöpft und zitternd.
    Ich löste das Seil von meinem Handgelenk und schleuderte es weg. Es klatschte wie eine nasse Schlange zu Boden, und auch ich hatte Mühe, mich auf den Beinen zu halten.
    Die Arbeit hatte mich erschöpft. Ich war fertig, die Knie zitterten, meine Handgelenke ebenfalls, und der Strick hatte in meinem Fleisch seine Spuren hinterlassen. Das Gelenk brannte wie Feuer.
    Gilda McDuff lag vor mir, ohne mich zu sehen. Ich schaute auf sie nieder, schwieg dabei. Sie holte noch immer tief Luft, bewegte sich zuckend, warf sich mal auf die linke, dann wieder auf die rechte Seite, und sie spürte auch die Schwäche, denn sie zitterte. Ihre andere Schwäche, nämlich die, sich eine Niederlage einzugestehen, war vielleicht noch schlimmer, aber darüber würde ich mit ihr sprechen.
    Ich schaute zum Haus.
    Hinter den Scheiben bewegten sich zwei Gestalten. Es waren meine Eltern, die auch an der Tür gestanden haben mußten, denn diese war weiter geöffnet worden.
    »He, Sinclair!« keuchte sie und verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Soll ich mich jetzt bei dir bedanken?«
    »Nicht nötig.«
    Sie kicherte und keuchte zugleich. Dann hustete sie und spie Wasser. »Warum hast du mich eigentlich aus diesem verdammten Loch herausgeholt?« fragte sie.
    »Sie sind ein Mensch, Gilda McDuff.«
    »Na und?«
    »Normalerweise habe ich es an mir, daß ich versuche, Menschenleben zu retten.«
    »Wie edel, wie edel. Aber ich habe versucht, dich zu killen, hast du das vergessen?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Und?«
    »Nichts und. Ich glaube, wir haben noch einiges zu bereden, was das geheimnisvolle Schloß und sein Bewohner angeht.«
    Sie versuchte, sich aufzurichten und schaffte es auch. »Meinst du? Bist du ein so großer Star, daß du glaubst, mit allem fertig zu werden? Ist es das?«
    Ich gab ihr keine Antwort, denn ich hatte in eine bestimmte Richtung geschaut. Und zwar dorthin, wo sich das Schloß befand, aber in all seiner Größe nicht zu sehen war. Nur ein Ausschnitt zeichnete sich ab, der aber war nicht wichtig. Etwas anderes interessierte mich viel mehr. Es war die Gestalt, die ich dort entdeckte. Sie wirkte wie ein Schatten, obwohl ich wußte, daß sie kein Schatten im eigentlichen Sinn war.
    Dort stand ein Geist.
    Lord Lyell!
    »Du gehst nicht raus! Du gehst nicht raus!« Immer wieder hatte Mary Sinclair die Worte gesprochen und zu ihrer Unterstützung ihren Mann sogar noch festgehalten.
    Der stand an der Tür, hörte die schrecklichen Geräusche und kriegte auch mit, wie sein Sohn kämpfte und schließlich gewann.
    Beide mußten mit ansehen, wie die Frau über den Rand des Brunnens kippte und im Schacht verschwand.
    »Sie wird ertrinken!« keuchte Horace F. Sinclair. Er drehte sich um. »Sie wird ertrinken.«
    »Nein, sie kann doch…«
    Die beiden sprachen nicht mehr, denn sie erlebten, wie ihr Sohn eingriff, und irgendwo waren sie auch stolz darauf. Ein Mann wie John Sinclair ließ selbst seine Feinde nicht umkommen. Er war ein Mensch der Gerechtigkeit, und das nicht nur. Er war eben ein Mensch.
    »Ich werde ihm helfen«, sagte Sinclair, doch seine Frau war dagegen. »Nein, Horace, nicht.«
    »Warum nicht? Was ist los?«
    »Ich weiß es nicht, aber hier muß jemand sein. Es ist so anders geworden.«
    »Wie anders?«
    »Kälter, glaube ich«, flüsterte sie. »Ja, es ist irgendwie kälter geworden.« Sie schüttelte sich, als hätte man ihr Eis über den Körper gegossen. Sie trat nicht nur von ihrem Mann weg, sondern auch von der Tür und ging bis in die Mitte des relativ großen Raumes. Dort blieb sie stehen, duckte sich und schaute sich vorsichtig um, auf der Suche nach etwas Fremden.
    Es war nichts zu sehen.
    Dennoch blieb die Kälte.
    Horace ging auf seine Frau zu. Mary versuchte ein Lächeln, was allerdings misslang. Dann hob sie die Schultern. »Ich weiß nicht, aber ich kann mich auch geirrt haben…«
    »Was hast du denn gespürt?«
    »Wir waren nicht mehr allein«, flüsterte sie.
    Sinclair mußte lachen. »Das glaubst du wohl selbst nicht. Wir sollen nicht mehr allein gewesen sein?«
    Sie nickte heftig. »Ja.«
    »Aber ich sehe niemanden.«
    Mary faßte nach der Hand ihres Mannes.
    »Himmel, du bist ja ganz kalt.«
    »Ich habe Angst.«
    »Wovor?«
    Sie holte lief Luft. »Das kann ich dir nicht sagen. Hier ist etwas Unheimliches im Gange, mit dem ich nicht zurechtkomme. Wenn ich John wäre, würde ich sagen, daß etwas Fremdes zu uns gekommen ist. Etwas, das ich nicht

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