0807 - Universität der Dämonen
dabei sein groteskes Bäuchlein vor seinen Knien hin- und her schaukelte. Doch wer seine Augen betrachtete, dem verging das Lächeln. Die Mischung aus Zorn und verletzter präsidialer Würde - schließlich störte diese Entwicklung eine wichtige Zeremonie - erzeugte einen ausgesprochen explosiven Eindruck.
Ungeachtet der Frage, ob Rösen ehrlich zu Amt und Würden gekommen war, strahlte der ihn besitzende Dämon durchaus Macht und Autorität aus. Niemand wurde in der Hölle einfach so ein hohes Mitglied der Hierarchie. Das galt auch für Rösen.
»Dumuel!« Die Stimme des Präsidenten schnitt durch das Zimmer und traf den immer noch erkennbar irritierten Professor. Dieser zuckte zusammen und schien sich unwillkürlich zu ducken. In diesem Moment wirkte Nixhusen wie ein Häufchen Elend. Er rang sichtlich nach Worten.
»Dumuel! Ich will von Ihnen hören, dass dieser Zustand nicht bleibt und Zamorra in Kürze wieder im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist! Mir ist völlig egal, wie Sie das anstellen! Hauptsache, es wird gemacht!«
Amüsiert stellte Zamorra fest, dass es gewisse präsidiale Verhaltensweisen gab, die Dämonen wie Menschen gleichermaßen zu eigen waren.
»Ich…«, begann Dumuel eine Entgegnung, schien sich dann aber eines Besseren zu besinnen. Schließlich senkte er den Kopf und rang sich ein Nicken ab.
Rösen stieß Luft aus wie ein Dampfventil. Unwillkürlich erwartete Zamorra, dass feine Rauchwölkchen aus seinen Nasenlöchern stiegen, aber der dämonische Professor tat ihm den Gefallen nicht, ein weiteres Klischee zu bedienen.
Tatsächlich tat er etwas ausgesprochen Profanes: Er nestelte eine Packung Zigaretten aus der Hosentasche und steckte sich eine an. Immerhin musste er sich dafür nicht eines Feuerzeuges bedienen, ein Fingerzeig und ein damit verbundenes leises Gemurmel waren ausreichend.
Er nahm einen tiefen Zug.
»Professor Zamorra«, meinte er schließlich. »Ich muss mich schon ein wenig für das Verhalten meines Kollegen entschuldigen. Dies sollte eine wichtige Stunde für den Fortschritt dämonischer Wissenschaft werden - der größte und wichtigste Gegner der Hölle auf Erden leistet seinen Beitrag zur gemeinsamen Erkenntnisfindung. Welch ein historischer Moment! Aber in diesem Zustand können Sie ja nicht einmal eine Reisekostenabrechnung ausfüllen!«
Rösen hielt einen Moment inne, dann folgte er Zamorras Blick, der sich wieder auf das in die Wand eingelassene magische Kleinod geheftet hatte.
»Ah ja, das Academium. Eine der sinnvolleren Kreationen des guten Dumuel. Ich würde mich gerne mit Ihnen darüber austauschen, aber der Informationsfluss wäre zurzeit etwas einseitig. Ich selbst hatte an der Erschaffung dieses Ankeramuletts keinen geringen Anteil!«
Dumuel verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Zamorra hingegen hörte aufmerksam zu.
Ankeramulett, hatte Rösen gesagt. Das bestätigte seinen Verdacht. Wie gut, dass auch der Universitätspräsident ein eitler Schwätzer war.
»Ein Artefakt besonderer Qualität. Es erzeugt die permanente Schnittstelle zwischen der realen Vincent-Universität und unserem höllischen Pendant hier. Es ermöglicht auch, das Kollegium und die Studentenschaft leichter im Stadium der Massenbesessenheit zu halten. Es liefert die Energie, die das psychische Band zwischen Dämon und Mensch stabilisiert und Neuzugänge schnell mit geeigneten Dämonen verbindet. Basiert natürlich auf meinen Forschungen, die ich dem Kollegen großzügig zur Verfügung gestellt habe.«
Dumuel sah jetzt aus, als würde zumindest er gern Rauchwölkchen aus den Nasenlöchern ausstoßen. Er sagte aber immer noch nichts.
»Ich werde es Ihnen im Detail erläutern, sobald wir den Lehrauftrag perfekt haben. Das können wir aber offenbar erst, wenn Dumuel Ihren Bann richtig justiert hat. Wie lange wird das dauern, verehrter Kollege?«
Der verehrte Kollege wusste darauf keine präzise Antwort, was er aber selbstverständlich nicht zugeben konnte. Er räusperte sich daher mehrmals, ehe er diplomatisch zu einer Standarderwiderung griff: »Ich werde mich sofort an die Lösung des Problems machen und regelmäßig Bericht erstatten.«
Rösen hatte offensichtlich keine andere Antwort erwartet, denn er nickte zufrieden. Die Unterwerfungsgesten Dumuels schienen seinen Zorn gedämpft zu haben.
»Professor Schoenmeister, Ihre Einwände wurden zur Kenntnis genommen. Doch unsere Entscheidung steht fest. Tun Sie etwas für die gemeinsame Sache und betreuen Sie unseren Gast in
Weitere Kostenlose Bücher