0807 - Universität der Dämonen
der Bibliothek, bis wir soweit sind.« Der Universitätspräsident zeigte ein wölfisches Grinsen. »Zeit spielt hier ja glücklicherweise keine Rolle.«
Zamorra spürte, wie Schoenmeister ihn am Ärmel packte und aus dem Raum zog.
***
Wenn der Dämon sich amüsierte, wurde er unachtsam.
Cora hatte bereits drei Wochen, nachdem die fremde Macht in ihr Bewusstsein gepflanzt worden war, feststellen können, dass den höllischen Mächten ein Irrtum unterlaufen war. Das war grundsätzlich nicht verwunderlich, übertrugen die intellektuell interessierten Dämonen doch erst einmal ihr eigenes Weltbild auf die Vincent-Universität und ihre menschlichen »Bewohner«.
Ältere, mit Lebenserfahrung und Wissen gesegnete dämonische Abgesandte hatten vom Kollegium Besitz ergriffen. Weitere Dämonen, mit ebenfalls etwas Erfahrung und zumindest einem Grundverständnis dafür, dass es mehr bedurfte als böse und heimtückisch zu sein, um die Macht der Hölle zu festigen und auszuweiten, waren auf den akademischen Mittelbau angesetzt worden. Hilfskräfte wurden mit jungen Dämonen besetzt, die interessante Ansätze zeigten. Der Rest der Studentenschaft wurde von Dämonen besessen, bei denen man Intelligenz vermutete, die aufgrund von Beziehungen innerhalb der vielfältigen Hierarchien und Clans der Höllenwelt berücksichtigt wurden oder schlicht, weil sie einem der professoralen Dämonen ewige Treue und Gefolgschaft geschworen hatten.
Dementsprechend waren die Qualitäten und Persönlichkeiten der Höllenwesen, die die zahlreichen Studierenden kontrollierten, ausgesprochen unterschiedlich.
»Ihr« Dämon, eine Wesenheit namens Yrge, hatte sie anfangs furchtbar in Angst versetzt. Der Vorgang des Besessenwerdens war an sich schon traumatisch genug gewesen und nichts, an das sich die junge Frau gern zurück erinnerte. Cora hatte sich damals vor der brutalen Macht Yrges in einen winzigen Winkel ihres Bewusstseins zurückgezogen, während Yrge von ihrem Körper Besitz ergriffen und ihn dann sogleich ausprobiert hatte.
Und zwar mit einigen der Jungs vom Hochschulsport.
Nichts von alledem war ihrer freien Entscheidung entsprungen. In ihrem eigenen Leib nur noch Zuschauer zu sein, war in jeder Hinsicht eine erniedrigende Erfahrung.
Cora hatte schnell gelernt, sich abzukapseln, viele der durch den Dämon erzeugten Emotionen nicht an sich heranzulassen. Doch bereits damals hatte sie bemerkt, dass Yrges geistiger Horizont weitaus begrenzter war als ihr eigener.
In den Lehrveranstaltungen blieb Yrges mentale Präsenz bemerkenswert inaktiv, und auch bei den Treffen in der akademischen Halbwelt, an die sich Cora nur schwerlich hatte gewöhnen können, war der Dämon völlig passiv.
Erst hatte Cora dies als Respekt und Furcht vor den hohen Mächten gewertet, mit denen der Dämon konfrontiert war.
Nach einigen Wochen der Beobachtung war sie jedoch zu dem Schluss gekommen, dass-Yrge schlicht strohdumm war. Der Dämon verstand gar nicht, worum es hier ging! Mehr noch: Im Grunde interessierte es ihn auch nicht, solange er genug Gelegenheit hatte, seiner Vergnügungssucht nachzugehen.
Dies war das erste Triumphgefühl seit Beginn der Besessenheit gewesen, das Cora sich gestattet hatte, und-Yrge war auch noch zu dumm gewesen, diese plötzliche Gefühlsanwandlung seiner Wirtin zu verstehen.
Cora war nicht nur eine durchaus beeindruckende junge Frau, was ihr Äußeres anbetraf, sie hatte vor allem schon immer einen scharfen Verstand, der ihr ausgezeichnete Schulnoten und ein Stipendium eingebracht hatte. Yrge war ihr intellektuell nicht gewachsen, doch der Dämon - der außer Partys mit zum Teil abwegigen Vergnügungen wenig im Sinn hatte - hatte nicht einmal das erkannt.
Und so war in Cora der Plan gereift, wie sie wieder Kontrolle über ihren Körper erlangen konnte. Es war eine längere Phase des Experimentierens notwendig gewesen. Sie durfte den Dämon, der bei aller Dummheit immer noch Herrscher über ihren Körper war, nicht allzu schnell darauf aufmerksam machen, dass der menschliche Geist seines Wirtes Strategien entwickelte, um sich von der Besessenheit zu befreien. Yrge war dumm, aber er konnte auf eine Machtquelle zurückgreifen, zu der Cora keinen Zugriff hatte.
Allerdings schien auch das seine Grenzen zu haben: Kam es vor, dass Yrge während eines Seminars zu einem Thema eine Antwort geben musste und dabei erwartungsgemäß versagte, schwand plötzlich einiges der Kraft, die den Dämon in ihrem Körper hielt.
Dann war da noch
Weitere Kostenlose Bücher