0808 - Das unheimliche Herz
Werkzeug. Da wir ein Loch graben mussten, würden wir es brauchen.
Verbrannte Erde. Als hätte der Tod hier mit seiner Sense reiche Beute gemacht, so kam es mir vor, als wir über den Platz schritten, auf dem wir tatsächlich keinen Grabstein sahen. Es gab überhaupt nichts, was auf einen Friedhof hingewiesen hätte, hier war alles flach und eben auch verbrannt.
Wer hier den richtigen Ort finden wollte, der musste sich schon auskennen.
Crane war stehen geblieben. Er sprach uns nicht an. Wahrscheinlich merkte er, dass wir noch immer dabei waren, die Atmosphäre in uns aufzunehmen, und dabei wollte er uns nicht stören.
Auf der gegenüberliegenden Seite begann wieder der dichte Wald.
Und wieder hörten wir die platschenden Geräusche. Ein Tier sprang ins Wasser, also gab es doch einen Fluss oder einen Teich.
Über dem Gelände lag zudem ein Geruch, der mich irgendwie störte. Es war nicht der direkte Gestank von Rauch, aber auch nicht weit davon entfernt. Ich fand ihn einfach widerlich, und er kam mir vor, als wären alte Pflanzen verbrannt worden, die einen derartigen Geruch abgesondert hatten, der leider vonkeinem Windstoß vertrieben worden war.
Diese Pflanzen bedeckten auch den Boden. Sie bildeten einen matschigen Wirrwarr, und mir wurde schließlich klar, dass der Geruch seine Ursache in den alten Feuerstellen hatte, die sich auf dem Gelände verteilten. Ich sprach Crane darauf an.
»Was hat man denn dort verbrannt?«
»Alles mögliche.«
»Auch Tiere?«, fragte ich.
Er hob die Schultern.
»Oder Menschen?«, hakte Suko nach.
Bob Crane ballte eine Hand zur Faust. »Ich kann es euch wirklich nicht sagen. Dieser Ort ist verflucht, wie man sehr leicht erkennen kann. Hier hat das Grauen gelebt.«
»Unter der Erde?«
»Auch, John.«
»Wie das Herz meines Ahnherrn.«
Crane nickte. »Zum Beispiel. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir es finden werden.«
»Wo sollen wir graben?«, fragte Suko.
Crane deutete mit dem Lauf der MP auf eine bestimmte Stelle vor seinen Füßen. »Hier könnt ihr anfangen.«
Ich grinste ihn an. »Du nicht?«
»Klar, ich auch.«
Ich konnte mich irren, aber ich wurde den Eindruck nicht los, dass sich das Verhältnis zwischen uns dreien gespannt hatte. Es war nicht mehr so locker wie sonst, Crane reagierte irgendwie vorsichtig und abwartend. Er war noch loyal, okay, aber auf der anderen Seite kam er mir auch irgendwie lauernd vor.
Wir hatten die Klappspaten in die weiche Erde gesteckt. Crane gab noch die Abmessungen bekannt, und seine Stimme klang dabei ziemlich sicher, dass wir das Gewünschte dort auch finden würden.
Als hätte er selbst schon einmal den Versuch unternommen.
Wir gruben das Loch, und wir gruben tiefer. Ein Herz legte man nicht einfach so in den Boden hinein. Ich war mir sicher, dass wir irgendwann auf einen Widerstand stoßen würden. Ich ging davon aus, dass es sich in einem urnenartigen Gefäß befinden musste. Die Vorstellung, möglicherweise auf das Herz meines Ahnherrn zu schauen und es vielleicht auch in der Hand zu halten, trieb mir trotz der dumpfen Hitze schon einen Schauer über den Rücken.
Ich fragte mich, wie tief wir graben mussten. Bestimmt nicht so tief wie bei einer normalen Leiche, die mitsamt ihrem Sarg in die Erde gesteckt worden war.
Von drei Seiten gruben wir. Niemand störte uns. Trotz der harten, anstrengenden und auch schweißtreibenden Arbeit behielten wir die Umgebung im Auge. Wir richteten uns immer wieder auf, schauten in die Runde, aber es war niemand da, der uns zu nahe gekommen war. Zudem war der Wald auch sehr dicht, da konnte sich eine halbe Kompanie verstecken, ohne von uns gesehen zu werden.
Der Boden war feucht, und auch in seiner Tiefe fanden wir Pflanzenreste: Wir schleuderten sie weg und hörten plötzlich auf, als Suko etwas sehr Nachdenkliches und auch Richtiges von sich gab.
»Ich glaube, dass wir nicht die einzigen gewesen sind, die hier gegraben haben, Freunde. Auf keinen Fall.«
Ich richtete mich auf. »Wie kommst du darauf?«
»Mir ist der Boden zu locker.«
Ich schaute Bob Crane an, weil ich seine Meinung hören wollte.
Der ließ sich Zeit, wischte erst über seine Stirn, bevor er die Schultern hob. »Ja, das kann schon stimmen«, gab er zu. »Wie gesagt, man weiß nicht, wie gut die andere Seite informiert ist. Auch über unseren Job, sage ich einfach.«
Ich schaute ihn scharf an. »Das würde bedeuten, dass es bei der Polizei einen Verräter gibt.«
»Einen nur?« Crane lachte. »Was glaubt ihr,
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