0808 - Das unheimliche Herz
was ich schon alles herausgefunden habe? In unserer Sonderkommission beschäftigen wir uns auch mit Dingen, die die interne Polizeiarbeit angehen, und da haben wir so manch Schmutziges ans Licht gezerrt.«
»Was denn?«
»Nichts, was diesen Fall angeht, denke ich.« Crane lächelte knapp und grub weiter.
Mir hatte das zu sehr nach einer Ausrede geklungen, und auch Sukos Blick war skeptisch gewesen, aber wir hielten uns mit einem Kommentar zurück. Beinahe verbissen hieb ich den Spaten tiefer in die Erde hinein, bis ich ein hartes und auch kratzendes Geräusch hörte, was mich darauf hinwies, dass wir am Ziel waren.
Auch Suko und Crane hatten es vernommen. Sofort stellten sie ihre Arbeit ein.
Mit dem Ärmel wischte ich mir die Stirn trocken. »Ich denke, wir haben es geschafft.«
Keiner gab einen Kommentar. Meinen beiden Begleitern stand die Spannung im Gesicht geschrieben. Sie wussten ebenso wie ich, dass es jetzt ums Ganze ging.
Sie überließen mir auch weiterhin das Feld. Ich hatte mich hingekniet und den Spaten tief in das Loch hineingesenkt.
Schließlich war es das Herz meines Ahnherrn, das ich zu finden hoffte, und ich fragte mich, wie man es geschafft hatte, dieses Teil über all die Jahrhunderte hinweg zu konservieren.
Das konnte nur mit Magie zu tun gehabt haben, und ich dachte immer mehr daran, dass Henry St. Clair die Seiten gewechselt hatte, um böse Taten vollbringen zu können. Hatte er nur unter dem Schutz des Dämons gestanden, oder war er vielleicht selbst zu einem geworden?
Das Gefäß steckte tief in der Erde. Der weiche Boden hatte sich regelrecht darum herumgeschlungen, für mich war es nicht einfach, es herauszuziehen.
Suko half mir dabei.
Bob Crane aber stand neben uns und drehte sich immer wieder auf der Stelle. Er wollte herausfinden, ob wir von irgendeiner Seite belauert wurden.
»Hast du es, John?«
Ich nickte.
»Dann – jetzt!«
Gemeinsam zerrten wir das Gefäß in die Höhe. Es bestand aus Metall, war dementsprechend schwer und von der Grundfarbe her schwarz, auch wenn sich nasse, braune Flecken an seinen Seiten zeigten.
Suko und ich stellten das Gefäß neben die Öffnung.
»Es war dein Ahnherr, John.« Suko deutete auf den Deckel.
»Nimm du ihn ab.«
»Ja, du hast Recht.« Ich schickte ihm ein missglücktes Lächeln entgegen. »Weißt du, wie ich mich fühle?«
»Nein, aber ich kann es mir vorstellen.«
»Genau so.«
»Ist bestimmt nicht einfach für dich«, sagte auch Bob Crane, als er auf mich niederschaute und feststellte, dass ichden Nippel des Deckels mit zwei Fingern umschloss.
Ich zog ihn noch nicht hoch, merkte beim ersten Versuch, dass er etwas klemmte, unternahm einen zweiten, setzte mehr Kraft ein – und hörte das leise ›Pflopp‹, als der Deckel in die Höhe schwang.
Ich geriet aus dem Gleichgewicht, stützte mich mit der freien Hand auf dem weichen Boden ab und blieb in dieser Haltung einige Sekunden hocken.
Suko und Crane schauten bereits in das Gefäß. Keiner von ihnen gab einen Kommentar.
»Und?«, fragte ich.
»Schau selbst nach!«
Ich nickte Suko zu. Ich war blass geworden. Der Schweiß drang jetzt noch mehr aus den Poren. Meine innerliche Nervosität steigerte sich. Für einen Moment war ich versucht, das Kreuz hervorzuholen, um es in das Gefäß hineingleiten zu lassen, doch das ließ ich bleiben. Ich wusste ja nicht, ob ich mit meinen Spekulationen Recht behalten hatte.
Hineingreifen… ein womöglich noch feuchtes, weiches und zitterndes Herz an meiner Hand zu spüren, die Vorstellung war schockierend.
Ich schluckte und schaute zuerst hinein.
Das Innere des Gefäßes war dunkel. Auch das Tageslicht reichte nicht aus, um den Grund genau erkennen zu können. Dort schimmerte auch nichts ölig und feucht, selbst eine kleine Erhebung sah ich nicht, es blieb dort trocken…
Ich bewegte mich sehr hastig, als ich in die Tasche griff und meine kleine Lampe hervorholte. Auf einmal hatte ich es eilig, denn in mir war ein bestimmter Verdacht aufgekeimt.
Senkrecht fiel der helle Lichtstrahl durch die Öffnung und erreichte den Boden.
Er war trocken, er war leer. Kein Herz!
Für uns war die Mühe umsonst gewesen…
***
Plötzlich hatte ich das Gefühl, als würde sich die heiße Waschküche hier vor meinen Augen drehen. Ich schmeckte den salzigen Schweiß auf meiner Zunge, und auch der Herzschlag hatte sich beschleunigt.
Die Handflächen kamen mir vor, als wären sie mit Schmierseife bestrichen worden. Ich streifte sie an meinen
Weitere Kostenlose Bücher