0808 - Das unheimliche Herz
trotz meiner Erfahrungen keine große Hilfe sein. Im praktischen Sinne schon, leider nicht in der Theorie, die sich um die Magie dreht.«
Ob er Recht hatte oder nicht, das wollte ich einmal dahingestellt haben. Mein Misstrauen jedenfalls hatte er nicht völlig beseitigen können, und das sah er mir wohl auch an, denn er wandte sich ab, als ich ihn prüfend anschaute.
»Dann hätten wir auf diesem zweckentfremdeten Friedhof wohl nichts mehr zu suchen«, sagte Suko. »Oder seid ihr anderer Meinung?«
»Nein.«
»Lasst uns gehen«, schlug Crane vor. Er hatte mit einer müde klingenden Stimme gesprochen und hatte sich wirklich angehört, als hätte er bereits aufgegeben.
Da er seinen Vorschlag sofort in die Tat umsetzte und wir hinter ihm blieben, konnte ich mit Suko sprechen. »Crane hat etwas zu verbergen«, murmelte ich.
»Kann sein, aber das hat jeder Mensch. Könntest du dich genauer ausdrücken?«
Ich winkte ab. Mit dem rechten Fuß stieß ich wütend einen Stein zur Seite. »Ich weiß nichts, dennoch habe ich gewisse Befürchtungen.« Mein Blick traf Cranes Rücken. Ich hatte den Eindruck, als würde er nicht so aufrecht und federnd gehen wie sonst. Er bewegte sich mehr schlurfend und schlapp. Einmal wischte er mit einer müde wirkenden Bewegung über sein Haar. Dann schaute er sich um, als hätte er gehört, dass wir über ihn sprachen. Er redete aber nicht, sondern ging weiter.
»Wenn er uns an der Nase herumgeführt hat und selbst mit drinhängt, wäre das ein starkes Stück!«, murmelte Suko.
»Und wie.«
»Kannst du was ändern?«
»Ja, irgendwo schon. Wir haben uns da besprochen. Wir werden ihn allerdings in Ruhe lassen und so tun, als hätten wir keinen Verdacht geschöpft. Ich bin gespannt, wie er darauf reagieren wird und ob er uns an den Ort schafft, der wichtig ist.«
»Also an diesen Geheimbund heran.«
»Ja, zu den amerikanischen Templern, die nicht eben auf unserer Seite stehen.«
»Das hat sich sehr sicher angehört, John.«
Ich nickte. »Das bin ich auch, mein Lieber. Ich glaube sogar fest daran.« Meine Schritte wurden langsamer, weil auch Crane stehen geblieben war. »Wir wissen, dass der Einfluss der Templer auch in den Staaten stark gewesen ist. Ich brauche da nur an die Architektur gewisser Bauten zu denken und…«
»Wir können abkürzen!«, erklärte Bob.
»Und wie beschwerlich wird der Weg werden?«, fragte ich.
»Mal sehen.« Er lächelte schief. »Zur Not schlagen wir ihn uns mit den Spaten frei.«
»Dann los!«
Uns blieb nichts erspart. Auch die Abkürzung nicht, die verdammt krummdurch das Gelände lief. Wir hatten wirklich unsere Mühe, und wir verloren auf dem weichen Boden so manches Mal unsere Standfestigkeit, wenn wir uns zu heftig bewegten.
Um uns herum war Sumpf. Kaum zu sehen, nur zu hören, wenn wir unsere hohen Schuhe aus den Löchern zogen und dies von schmatzenden Geräuschen begleitet wurde.
Hier wurde, wie auch bei den Menschen, eine gewisse Hackordnung eingehalten. Niedrige Bäume hatten ihren größeren Brüdern Platz schaffen müssen und duckten sich unter ihren Zweigen. Und die kleinen Bäume ließ das Buschwerk nicht mehr in die Höhe steigen, so bildete es dichtes Unterholz wie eine Mauer.
Neben einem Flusslauf gingen wir entlang. Er lag so ruhig wie ein Kanal, den man mit einer grünen Brühe gefüllt hatte, in der die Algen und auch die abgerissenen Blätter zahlreicher Pflanzen schwammen.
Und wir sahen die ersten Alligatoren.
Sie lagen wie tot im Wasser. Nur Teile ihrer Schnauzen waren zu sehen und die Augen, die uns wie kalte Kugeln anstarrten. Aber sie trafen keine Anstalten, an Land zu kommen und uns zu verfolgen.
Auch wir erreichten das Boot schließlich. Ich fühlte mich nass bis auf die Haut. Das Herz meines Ahnherrn hatte ich nicht gefunden, es war mir jetzt auch egal. Was ich jetzt wollte, war sehr menschlich.
Eine kalte Dusche und einen übergroßen kühlen Drink, dazu zwei Salztabletten, denn durch das Schwitzen hatte ich viel verloren.
Wir näherten uns dem Boot recht vorsichtig. Vor allen Dingen folgten wir den Bewegungen des Amerikaners, der seine MP wieder in die Hand genommen hatte und praktisch mit deren Lauf seinen eigenen Weg markierte. Auf dem Boot rührte sich nichts. Es gab keine sichtbare Veränderung, deshalb wunderte ich mich über Bobs Vorsicht.
»Rechnest du mit einem Überfall?«, fragte ich.
Er schaute mich kurz an. »Man kann nie wissen. Ich habe hier schon die wildesten Dinge erlebt. Wir bewegen uns in
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