081 - Lady Frankenstein
recht, Señora“, entgegnete Larry. Er sah an sich
herunter. „Wir sind auf Bergtouren eingerichtet. Keiner von uns hat einen Frack
dabei. Mein Smoking hängt zu Hause in New York. Wenn wir in voller Montur bei
Ihnen aufkreuzen würden, wäre man wohl mehr als erstaunt.“
Doña Carmen
warf lachend den Kopf zurück. „Damit hätten Sie den Beifall auf Ihrer Seite.
Sie bringen mich auf eine Idee. Ich veranstalte eine ,Komm -wie-du-bist-Party‘.
Das wäre mal was anderes. Aber Scherz beiseite! Wenn es eine Kleiderfrage ist,
werde ich mich darum kümmern. Sie werden in meinem Haus seidene und formgerecht
passende Hemden vorfinden, wenn Sie mir Ihre Konfektionsgröße nennen, meine
Herren!“
Larry und
Iwan machten den Spaß mit. Ihr Aufenthalt in Spanien versprach nicht nur
aufregend, sondern
auch
interessant zu werden. Es eröffneten sich Perspektiven, die keiner von ihnen
erwartet hatte.
●
Carmen und
Maria-Rosa Mójales ritten schweigend nebeneinander her.
Die kühle,
frische Luft rötete die Wangen der beiden Frauen.
Sie ritten
den gleichen Weg wie jeden Morgen.
Doña Carmens
Augen glänzten.
Leben,
hämmerte es in ihrem Blut. Wie herrlich war das Leben! Jeden Atemzug, jede
Bewegung genoß sie in vollen Zügen.
Aus den
Augenwinkeln heraus nahm Carmen Mójales die Umrisse ihrer Tochter wahr.
Sie wußte
nichts. Auch sie liebte das Leben. Aber sie war jung. Erst neunzehn. Vor ihr
lag ein ganzes, langes, glückliches und . reiches
Leben. Der Tod war so fern. Sie verlor sicher nicht einen einzigen Gedanken an
ihn. Das war gut so. Maria-Rosa wußte auch nichts über ihre wirkliche Herkunft.
Das machte sie sorglos. Offiziell war sie die Tochter von Alfredo und Carmen Mójales.
Aber dieses
Paar gab es in Wirklichkeit gar nicht! Zumindest nicht als Elternpaar, obwohl
Maria-Rosa Carmen Mójales mit Mutter und Alfredo Mójales mit Vater
ansprach.
Sie war die
Adoptivtochter. Unmittelbar nach der Geburt von der. Mutter verweigert und in
ein Heim abgegeben, war sie von den Mójales ausgesucht
und an Kindes Statt angenommen worden.
Schon damals,
vor mehr als achtzehn Jahren, als Alfredo und Carmen die Idee gekommen war, ihr
eigenes Leben in die Hand zu nehmen, war ihnen klargeworden, daß ein
Aushängeschild wichtig sein könnte. Sie mußten als normale Familie gelten.
Bisher war
die Täuschung der Umwelt perfekt gewesen.
Außer Atem,
glücklich und zufrieden, kehrten Doña Carmen und Maria-Rosa nach einer Stunde auf die weiße Hazienda
zurück.
Der
Stallbursche nahm die Pferde in Empfang, legte Decken über sie und brachte sie
in den Stall, um sie abzureiben.
Mutter und
Tochter gingen ins Herrschaftshaus.
Es war zehn
Uhr morgens. Bis zur Mittagszeit pflegten Maria-Rosa und Dona Carmen im Sommer meistens nach dem Ausreiten noch eine halbe Stunde zu ruhen
und danach entweder eine Partie Tennis zu spielen oder zu schwimmen.
Um diese
Jahreszeit im Herbst und im Winter war der Tagesablauf ein anderer.
Maria-Rosa
zog sich auf ihr Zimmer zurück, um dort entweder zu lesen oder Musik zu hören.
Dona Carmen begab
sich in ihr Zimmer. Aus der Küche tönten Geräusche, Tellerklappern, das leise
Summen eines Küchenmädchens. Ein guter Bratenduft erfüllte das Haus.
Carmen Mojales schloß die Tür ihres Zimmers hinter sich zu.
Der private
Raum lag im Parterre, unmittelbar neben dem großen Speisezimmer, zu dem es eine
Verbindungstür gab.
Dunkle
spanische, handgearbeitete Möbel, ein wunderschön geschnitzter aufgeklappter
Sekretär, der direkt neben dem Fenster stand, waren der Blickfang des geschmackvoll
eingerichteten Raumes.
Carmen Mojales blieb einige Sekunden wie nachdenklich mitten im
Raum stehen, drehte sich dann um und ging durch die Tür in der linken Wand. Das
angrenzende Zimmer bewohnte sie allein. Hier kleidete sie sich für gewöhnlich
um, hier schlief sie manchmal auch, allein. In der rechten hinteren Ecke stand
ein Bett aus dunklem Birkenholz. Es war ein richtiges Gala-Bett, wie es in
Spanien gegen Ende des 17. Jahrhunderts entstanden war. Diese extravagante
Version war der attraktive Mittelpunkt des Zimmers.
Carmes Mojales durchquerte den mit bastfarbenem Teppichboden
ausgelegten Raum. An der Wand neben dem vom Boden bis zur Decke reichenden
Fenster hing ein mannshoher Spiegel in einem dunklen Kastanienholzrahmen.
Unter dem
Spiegel eine kleine Kommode. Darauf stand eine kostbare handgeschnitzte Madonna
mit Kind, die von einem spanischen Meister Mitte des 16. Jahrhunderts
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