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081 - Schatten der Vergangenheit

081 - Schatten der Vergangenheit

Titel: 081 - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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einstürzenden Brücke zu sehen: drei Menschen und einen Hund. Müde schüttelte er den Kopf. Offenbar phantasierte er bereits und sah sich schon selber! Höchste Zeit, dass er sich ausruhte…
    ***
    Pieroo kannte Schmerzen. Er hatte sie ausgeteilt, gesehen und erlebt, wusste, wie es war, wenn eine Schwertspitze durch die Haut in den Körper eindrang oder wenn der Hunger so in den Eingeweiden wütete, dass man kaum noch gerade gehen konnte. Er hatte neben Männern gesessen, die sich heiser schrien, weil der Wundbrand sie verzehrte, und er hatte Frauen gesehen, die ihm brennend aus geplünderten Dörfern entgegen taumelten. Sie alle waren gestorben, und er verstand nicht, wieso er
    mit solchen Schmerzen weiterlebte.
    Anfangs hatte Pieroo noch versucht, die Anfälle geheim zu halten, doch mittlerweile war er längst zu schwach dafür. Wenn der Dämon sich in seinem Körper regte und mit langen Krallen sein Innerstes zu zerfetzen begann, benötigte er seine gesamte Kraft, um die Schreie, die in ihm aufstiegen, zurückzudrängen.
    Er war ein Krieger: Seine Schreie galten nur dem Feind, niemals sich selbst.
    Vorsichtig drehte er sich auf den Rücken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Der ARET, wie sie das Metallfahrzeug nannten, in das sie ihn gebracht hatten, war größer als die Tauchpanzer der ersten Expedition und roch weder nach Schweiß noch nach Öl.
    Alles war sauber und kalt; selbst die Liege mit ihren Decken und Kissen konnte ihm keine Wärme schenken. Er fror und dachte an die Sonne, die draußen schien. »Können wir nich rausgehn?« , fragte er. »Da isses warm.«
    Aiko sah von seinen Aufzeichnungen auf. »Ist dir kalt?«
    »Schon okee.« Pieroo mochte die Aufmerksamkeit nicht, die man ihm neuerdings entgegenbrachte. Jeder wirkte so besorgt, als sei er ein krankes Yakkfohlen, kein ausgewachsener Mann. »Is nich schlimm.«
    Trotz seiner Aussage konnte er nicht verhindern, dass Majela neben ihn trat und ihm die Hand auf die Stirn legte.
    Sie fühlte sich trocken und warm an.
    »Er hat kein Fieber« , sagte Majela, bevor sie ihm mit einer kleinen Lampe in die Augen leuchtete. »Die Pupillenreflexe sind auch in Ordnung.«
    »Gut. Hast du die Ergebnisse der letzten Versuchsreihe?«
    »Ich überspiele sie gerade auf deinen Rechner.«
    Pieroo blendete ihre Unterhaltung aus. Er verstand die Worte nicht, die sie benutzten, und die Fragen, die er in den letzten Tagen gestellt hatte, waren unbeantwortet geblieben. Selbst der Doc schien nicht zu wissen, was Metastasen und Tumore waren und was sie mit dem Dämon in seinem Körper zu tun hatten.
    Er hatte auch Maddrax gefragt, aber der wechselte nur das Thema.
    Der Dämon ist zu mächtig. dachte Pieroo. Selbst wenn sie tausend Mal in meinen Arm oder meinen Hintern stechen, werden sie ihn trotzdem nicht finden.
    Und das schien das Einzige zu sein, was Aiko und Majela konnten. Tag für Tag kamen sie mit ihren Spritzen und stachen in seine Adern, doch was sie aus seinem Körper zogen, war lediglich Blut. Er hatte genau hingesehen - kein Dämon.
    Kein einziges Mal.
    »Ich würde trozzdem gern nach drauße gehn« , sagte er leise, aber nur Honeybutt, die auf einem Drehstuhl vor einem seltsamen beweglichen Fenster saß, reagierte darauf und sah ihn an.
    »Das wäre nicht gut. Selbst auf den Monitoren kann ich nichts mehr erkennen. Da draußen müssen Millionen von Käfern sein.« Sie klang ängstlich, beinahe verstört. »Ich höre keine Vögel mehr über die Mikrofone, nur noch dieses Summen und Knacken.«
    Aiko stand auf und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Wir haben den ARET komplett abgedichtet. Selbst ein Gasangriff würde uns nichts ausmachen.«
    Honeybutt schmiegte sich an ihn.
    »Gas hat auch keine Beine oder Flügel… Ich wünschte, wir wären mit den anderen gegangen.«
    »Das ist nun mal nicht möglich.«
    Pieroo wandte den Kopf ab. Er hasste seine Hilflosigkeit und die Verantwortung, die er von den anderen erzwang.
    Hätte er noch ein wenig mehr Kraft besessen, wäre er aufgestanden und hätte den ARET und die Gruppe verlassen.
    Es stand ihm nicht zu, ihnen eine solche Last aufzubürden, aber er hatte zu lange gezögert und gewartet. Jetzt war er hilflos.
    Wenn er starb, dann wie ein altes Weib auf seinem Lager, wenn er überlebte, dann war er auf ewig in der Schuld der anderen.
    Pieroo schluckte, als der Dämon sich zu regen begann. Den ganzen Morgen war er ruhig gewesen, doch jetzt zogen die Krallen heiß und scharf durch seinen Bauch. Es gab

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