0810 - Stirb in einer anderen Welt
bekannte Person konzentrierte, wurde automatisch dorthin befördert. Vorausgesetzt, es gab in der Nähe des Zielortes ebenfalls Regenbogenblumen.
Eine kleine Tücke besaßen sie allerdings: Auch Reisen in Vergangenheit und Zukunft waren möglich. Deshalb galt es sehr genau aufzupassen, wann man wo eintreffen wollte. Auch hatte Pater Ralph gewarnt, dass die ganze Sache einen Pferdefuß habe. Nur hatte der sich bislang nicht gezeigt. Zamorra neigte zu der Ansicht, dass auch ein Geistlicher sich einmal irren konnte.
Derweil versuchten Nicole und er, überall neue Regenbogenblumenkolonien anzulegen, um Wege rund um den Erdball zu verkürzen.
Im Château der Spiegelwelt gab es bislang keine Regenbogenblumen, obgleich diese wunderbaren Pflanzen auch dem Negativ-Zamorra bekannt waren und er sie nutzte, um in unsere Welt zu gelangen. Dennoch versuchte Nicole einmal mehr ihr Glück; vielleicht hatte der Negative sich inzwischen ja eines Besseren besonnen und eine Pflanzung angelegt, und die Blumen waren inzwischen weit genug herangewachsen, um Transportfunktionen erledigen zu können. Immerhin lag es jetzt etwa ein Jahr zurück, dass sie zuletzt dort gewesen waren. Und in einem Jahr konnte viel geschehen.
In diesem Punkt war das offenbar nicht passiert.
Der gewünschte Transport erfolgte nicht.
Also wieder der bekannte Weg, hinunter an die Loire.
Im nächsten Moment befand Nicole sich dort…
***
Rhett Saris trat plötzlich ein paar Schritte zurück bis an die Wand, lehnte sich an und ließ sich hinabrutschen, bis er angelehnt auf dem Boden saß. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und schüttelte langsam den Kopf. Mit beiden Händen griff er sich an die Schläfen.
Fooly unterbrach seine Aktion und sah sich um.
»Was ist, Lordchen?«, fragte er besorgt. »Bist du krank? Oder hat dich die Magie erwischt?«
»Krank? Magie? Ich weiß nicht, Fooly. Ich weiß überhaupt nichts. Was mache ich hier? Was machst du hier?«
»He, mit dir stimmt doch was nicht!« Der Jungdrache, nur wenig älter als 100 Jahre und noch lange nicht erwachsen, tappte schwerfällig zu seinem menschlichen Freund. Dem magischen Tunnel wandte er einfach den mit einem Schuppenkamm von Kopf bis Schweifspitze versehenen Rücken zu. »Du bist nicht in Ordnung, ja?«
»Nichts ist in Ordnung, glaube ich«, sagte Rhett. »Eben war doch Nicole noch hier. Jetzt du… sag mir, was passiert ist. Du…« Er grinste flüchtig, um danach sofort wieder ernst zu werden. »Du hast sie doch wohl nicht gefressen?«
»Ich fresse nur blöde Katzen«, grollte Fooly. »Wenn ich sie kriege.«
Sein massiger, besser gesagt fettleibiger Körper von etwa 1,20 m Höhe ragte neben Rhett empor wie ein Gebirge. »Hast du deine Erinnerung verloren?«
»Ich glaube, ja.«
»Was siehst du hinter mir?«
»Ein Fenster. Eines, das du noch nicht zerdeppert hast.«
»Ha!«, grollte Fooly. »An solche Dinge erinnerst du dich und wirfst sie mir mein ganzes Leben lang vor! Oh, die ganze Welt ist schlecht! Ich wollte, ich wäre endlich erwachsen und dürfte zurück ins Drachenland!«
»Hör auf zu jammern, du grüner Riesenkakadu. Habe ich dir jemals etwas vorgeworfen?«
»Nein. Aber du könntest…«
»Ich könnte Herr des Universums sein, wenn die Götter es so wollten. Oder ich könnte jetzt in meinem Zimmer auf dem Bett liegen und heimlich im Playboy lesen.«
»Die Zeitung mit den vielen nackten Frauen? Pah! Nackte Drachen sind viiieeel schöner! Aber solche Zeitungen gibt es nirgendwo. Ich sag's ja, die ganze Welt ist…«
»Halt die Klappe! Sag mir lieber, was hier los ist.«
»Was denn nun, Klappe halten oder sagen?«
Rhett zog sich den Funkkopfhörer wieder über die Ohren und schaltete ihn ein. Er begann den Song mit zu rappen, der gerade lief.
Fooly verdrehte die Augen. Dann pflückte er dem Jungen den Kopfhörer ab. »Das wird doch nix«, stellte er fest. »Um ein richtiger Rapper zu werden, musst du erstens Neger sein und zweitens 'ne Kopfsocke tragen. Siehst du hinter mir wirklich nur ein Fenster?«
»Und die Korridorwand natürlich.« Rhett sprang auf und eroberte den Kopfhörer zurück. »Mann, Drache, von richtiger Musik verstehst du weniger als 'ne Taratze von Schönschrift. Worauf willst du hinaus mit dem Fenster?«
»Nicht mit dem Fenster, sondern mit dem, was daneben ist. Ein Weltentunnel in die Spiegelwelt. Durch den ist der Chef verschwunden.«
»Bullshit«, murmelte der junge Schotte und ließ ein paar gälische Worte folgen. In dieser Hinsicht
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