0811 - Begegnung auf Olymp
brauchte einige Zeit, bis er sich von der Überraschung und der plötzlichen Kraftanstrengung erholt hatte.
„Ausgerechnet eine Falltür!" ächzte er. „Die primitivste Falle von allen!"
Und die wirksamste, setzte er in Gedanken hinzu. Sehr vorsichtig robbte er auf das Loch zu. Eine mehr als mannslange Öffnung war in dem scheinbar massiven Boden des Ganges entstanden.
Das Licht im Gang reichte gerade aus, um die Höhlung einige Meter tief zu erhalten. Nichts war zu erkennen. Nach Vannes Schätzung war das Loch mindestens fünf Meter tief, genug, um sich bei ein wenig Pech das Genick zu brechen.
Das hieß: wenn dort unten nicht noch spitze Eisenstangen auf den Stürzenden warteten, oder giftige Schlangen, oder einfach einige große Steinblöcke, die zusammengepreßt wurden und das Opfer zermalmten.
„Das nenne ich einen Willkommensgruß!"
Kershyll Vanne war gewarnt. Dieses Labyrinth war nicht geheuer, hier konnte jeder Schritt den Tod bringen.
Sein Bewußtsein wurde verdrängt, Ankamera setzte sich an seine Stelle. Mit Verwunderung verfolgte Kershyll, daß sich die Medizinierin um die kleinen Verletzungen kümmerte, die der Körper bei dem Aufprall und der Rettungsaktion abbekommen hatte.
Als Ankamera sogar Teile des Staubes aufsammelte, der auf dem Boden lag, verlor Kershyll die Geduld und verdrängte sie aus dem Körper.
„Narr", lautete der Kurzkommentar, den Ankamera in der letzten Sekunde ihrer Körperkontrolle dem Gehirn aufgeprägt hatte.
Kershyll kümmerte sich nicht um den Impuls. Mit äußerster Behutsamkeit ging er weiter.
Für einen Psychomathelogisten vom Format eines Kershyll Vanne war es nicht allzu schwer, sich den weiteren Verlauf des Ganges vorzustellen. Er konnte sich sehr gut in die Gedankengänge des Wesens hineinversetzen, das diese Falle gebaut hatte.
Sein stets wacher Instinkt sagte Vanne, daß die Falltür gerade so groß war, daß ein guter - ein sehr guter, verbesserter er sich - Mann der Falle gerade noch entgehen konnte.
Das Opfer, nun eindringlich gewarnt, würde danach sehr vorsichtig sein und den Boden bei jedem Schritt prüfen. Eine zweite Falltür war daher auf den nächsten Metern nicht zu befürchten.
Auf der anderen Seite brauchte eine Person, die aus Vorsichtsgründen den Gang förmlich entlangschlich, auf jeden Fall mehr Zeit als bei flottern Ausschreiten. Es lag nahe, daß die nächste Falle mit dieser Tatsache operierte.
Kershyll Vanne dachte nicht daran, sich mutwillig in Gefahr zu begeben. Also schritt er forsch aus und kümmerte sich nicht darum, daß seine unfreiwilligen Gefährten vor Entsetzen gewissermaßen aufheulten. Genau spüren konnte er ihre Reaktionen nicht, aber der Tenor ihrer Emotionen war unverkennbar.
Als sich wenige Meter vor ihm plötzlich die Decke herabzusenken begann, konnte sich Kershyll Vanne ein selbstzufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Sofort begann er zu laufen. Das polternde Geräusch hinter ihm deutete er als Steinblock, der ihm nachgeschickt wurde, um ihn zu zerquetschen, wenn er so dumm war, viel Zeit mit der Untersuchung dieser Falle zu verlieren.
Vanne stieß sich ab. Fast waagrecht flog sein Körper über den Boden, knapp einen halben Meter über dem Stein.
Der sich herabsenkende Block hatte erst die halbe Höhe des Ganges erreicht, als Vanne auf der anderen Seite ankam, sich zweimal überschlug und dann zur Ruhe kam. „Satanisch!" stellte Vanne fest.
Der riesige Block aus der Decke senkte sich in einem Winkel auf den Boden herab, und auf diesen spitzen Winkel glitt aus der Ferne ein keilförmiger zweiter Block zu. Wäre Vanne nicht frühzeitig gewarnt gewesen, hätte er in der Falle festgesessen.
Vanne wartete nicht ab, bis sich die Falle vollständig schloß.
Er setzte sich auf und dachte nach.
Was war das für ein Wesen, das seine Behausung mit solchen Fallen spickte? Wichtigster Faktor dabei war, daß diese Fallen unmittelbar tödlich waren. Wer darauf hereinfiel, hatte gerade noch Zeit für ein Stoßgebet, dann war es aus mit ihm. Der Besitzer dieser Fallgrube hatte offenbar überhaupt kein Interesse, sich mit einem ungebetenen Besucher zu unterhalten - er fühlte sich wahrscheinlich erst dann sicher, wenn er seine Besucher tot wußte.
Noch einmal versuchte Kershyll Vanne, das Problem logisch in den Griff zu bekommen. Zunächst mußte er die Größenordnung abschätzen, in der er sich bewegte - war er überhaupt in der heimatlichen Milchstraße? Vanne beantwortete die Frage ohne Zögern mit ja. An jedem
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