0811 - Begegnung auf Olymp
Untersuchung der Probe fort. Ihr geschulter Verstand fand sehr bald heraus, welche Wirkungen das Präparat haben mußte.
Vor allem war ihr sehr bald klargeworden, daß dieser merkwürdige Staub keineswegs zufällig dort gelegen hatte. Chemikalien dieser Komplexität lagen nicht einfach in verlassenen Gängen herum.
Das Molekül zerfiel innerhalb weniger Tage, folglich mußte die Droge erst vor kurzer Zeit freigesetzt worden sein -sie war Bestandteil der Falle. Und Ankamera fand bald heraus, daß es sich dabei um die eigentliche Falle handelte.
Nach ihrer Schätzung verblieben nur noch knapp vier Stunden, bis die Droge den Körper vollständig gelähmt haben würde.
Dieser Zustand würde, so schätzte die Medizinerin, länger als einen Tag andauern und sich dann von selbst wieder beheben.
So tröstlich diese Aussicht sein mochte, Ankamera konnte sich ausrechnen, daß in der Zeit der Lähmung mit Sicherheit Wachen auftauchen würden, um den Betäubten gefangenzunehmen.
Ankamera konzentrierte sich.
Sie mußte dem Gehirn, in dem ihr Bewußtsein jetzt nistete, die Informationen aufprägen, die Jost Seidel brauchen würde, um ein Gegenmittel herzustellen. Kompliziert wurde dieses Verfahren durch den Umstand, daß der Körper stark unter Alkoholeinfluß stand.
Immer wieder mußte sich Ankamera abstützen, um nicht umzufallen. Sie hinterließ auch noch eine Botschaft für Pale Donkvent, dessen Trunksucht dieser Zustand zuzuschreiben war.
Wieder übernahm Jost Seidel den Körper.
Die Knie gaben nach. Jost gelang es gerade noch, einen Arm auszustrecken, um seinen Sturz abzufangen. Wäre der Körper nicht hochtrainiert gewesen, hätte dieser Sturz üble Folgen haben können. Nur um wenige Zentimeter verfehlte die Stirn die Vorderkante des Experimentiertischs.
Mühsam rappelte seh Jost Seidel wieder auf.
Jetzt war es an ihm, sich zu konzentrieren. Seit frühester Jugend hatte sich Jos für Chemie interessiert, und als er - dreizehnjährig durch den Schlund gestürzt war, hatte er bereits als Kapazität gegolten. Dennoch mußte sich der Junge anstrengen, um dem Gehirn die nötigen Informationen entnehmen zu können.
Jost begann zu summen, das Gesicht zeigte einen Ausdruck unbeschwerter Fröhlichkeit, aber sehr rasch bekam sich der Junge wieder unter Kontrolle. Obwohl es ihm schwerfiel, gegen die immer stärker werdende Trunkenheit anzukämpfen, machte er sich an die Arbeit. Das Labor war gut ausgerüstet, es bot alles, was Jost für seine Arbeit brauchte.
Minuten vergingen, in denen Jost eifrig arbeitete. Unangenehm war, daß einige Schritte der chemischen Synthese geraume Zeit brauchten, und die Zeit arbeitete gegen Jost Seidel.
Langsam machte sich auch die Wirkung der Droge bemerkbar.
Manstyr sah fasziniert zu. Offenbar verstand sein Opfer etwas von Biochemie. Der Vario konnte sich aber nicht vorstellen, daß die Experimente des Mannes von Erfolg gekrönt sein würden.
Der Mann war schwer bezecht, und dieser Umstand verstärkte die Wirkung der Droge, die der Vario für seine Falle verwendet hatte. Der Robot erinnerte sich daran, wie lange die Chemiker seiner Freifahrer gebraucht hatten, um dieses Gebräu zusammenzumixen. Ausgeschlossen, daß ein einzelner Mann in der Lage war, das Gegenmittel in kurzer Zeit zu finden.
„Hahaha", meckerte Manstyr, als er sah, daß der Fremde eine Probe des Trankes nahm, die er aus den Beständen des Labors zusammengebraut hatte. „Auch das wird dir nicht helfen!"
Die Voraussage bestätigte sich wenig später.
Der Fremde begann zu torkeln, er versuchte das Labor zu verlassen. Bevor er aber die Tür erreichen konnte, gaben die Beine nach. Mit einem dumpfen Stöhnen kippte der Fremde um und fiel auf den Boden.
Der Vario brauchte ihn nur noch abzuholen.
Eine der Fähigkeiten, die Kershyll Vanne zu einem der Spitzenmänner des Aphilikerregimes gemacht hatten, war seine unbändige Willenskraft. Kershyll Vanne hatte damals kein Aufgeben gekannt, und er kannte es immer noch nicht.
Vanne spürte, daß sich Jost Seidel zurückgezogen hatte.
Der Körper war praktisch führungslos, und das aus gutem Grund. Die psychische Wirkung der Droge trat auch bei kurzfristiger Übernahme des Körpers durch eines der sieben Bewußtseine ein.
Kershyll Vanne stemmte sich mit aller Energie gegen diese Beeinflussung. Er ließ sein Herz schneller schlagen, damit der Abbau des Medikaments beschleunigt wurde. Immer wieder mußte er sich zurückziehen, wenn die Wirkung übermächtig zu werden drohte.
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