0812 - Blutzoll einer Druidin
in der normalen als auch in der Aibon-Welt.
Und sie war eine gefährliche Feindin. Eine Rachetour hatte sie sich vorgenommen. Auf keinen Fall würde sie sich stoppen lassen. Sie setzte durch, was sie wollte und bildete für jeden Gegner eine tödliche Gefahr. Wenn Jane daran dachte, wie eiskalt sie die Messerwerferin getötet hatte, dann wünschte sie sich nicht, dass ihr Kimberly als Gegnerin gegenüberstand. Hinzu kam Janes Unwohlsein oder die Spannung, die sich in ihr hoch drängte. Es musste mit der unmittelbaren Nähe dieser Person zu tun haben. Dieses verdammte Kribbeln im Bauch, der Hauch einer Gefahr überkam sie, den auch Kimberly Hart merkte, die ihre Blicke eigentlich überall hatte.
Mal schaute sie in die verschiedenen Spiegel, dann starrte sie Jane Collins an, ohne allerdings einen Kommentar abzugeben.
»Nervös, Jane?«
»Ein wenig.«
Kimberly nickte. »Das ist ganz natürlich. Keine Sorge, wir sind bald bei mir, dort kannst du dich ausruhen.«
Sie schnackte mit den Fingern der rechten Hand. »Trotz allem, ein großes Kompliment, meine Liebe. Du hast dich gutgehabten, trotz deiner Fehler, die eigentlich schon unverzeihlich sind.«
»Wie das?«
»Tu nicht so. Du weißt, dass du The Knife nie hättest warnen dürfen.«
Jane hob die Schultern.
»Glaubst du mir nicht?«
»Ich weiß es nicht.«
Kimberly musste sich auf den Verkehr konzentrieren, der sich in dieser Gegend etwas verdichtet hatte. Das Meer war nicht weit entfernt, sie konnten es bereits sehen. Ein grauer Teppich wogte auf das Ufer zu, hin und wieder bedeckt von wirbelnden Schaumkronen.
Der Himmel hatte sein schroffes Grau teilweise verloren. Hellere Flecken leuchteten in einem satten Blau.
Jane verglich sich selbst mit dem Himmel. Auch sie war eine graue Fläche, unter der es allerdings brodelte und kochte. Sie wusste ja, dass sie ebenfalls über gewisse Kräfte verfügte, dienoch tief in ihrem Innern steckten, aber genau diese Kräfte konnte sie momentan nicht mobilisieren. Sie bezeichnete sie als latente Hexenkräfte, und Jane hätte gern gewusst, ob sie durch ihre Hilfe etwas gegen Kimberly Hart erreicht hätte.
Sie bogen von der Uferstraße ab. Ein schmaler Weg führte dem Strand entgegen. Sand war durch den Wind über die graue Bepflasterung geweht worden. Die Fahrer hatten ihre Autos an den Rändern abgestellt, obwohl dies verboten war. Jeder wollte bis zum Wasser nur so wenig wie möglich laufen.
Die Insel war bereits zu sehen.
Ein Phänomen und gleichzeitig der Firmensitz der Hart Agency.
Der Komplex befand sich im Wasser, war aber durch einen breiten Steg mit dem Ufer verbunden. Das musste so sein, denn Besucher sollten bis dicht an das Haus auf der Insel heranfahren können.
Die Hart hatte es nicht selbst gebaut, sondern übernommen und renoviert. Früher einmal hatte dieses Haus eine Disco oder ein Tanzlokal beherbergt. Mit Hilfe guter Architekten war es der Frau gelungen, es zu einem perfekten Büro umzustylen und nebenbei noch Wohnräume für sich einzurichten.
Der Jaguar »schlich« über den Steg. Vor dem Haus stand kein Fahrzeug. Um diese Zeit hatten die Mitarbeiter längst Feierabend gemacht. Der Abend senkte sich über das Land, die Dämmerung war längst da, aber das helle Licht des Sommers ließ sich nicht so leicht vertreiben. Die Vorstellung hatte früh begonnen, die Vernehmungen waren ebenfalls schnell beendet worden, und so lag die Nacht eben noch vor ihnen. Jane fragte sich, was sie noch bringen würde.
Da dieser Wohn- und Firmensitz an einer derartig exponierten Stelle stand, hatte Kimberly Hart ihn entsprechend gesichert. Bevor sie den Bau betrat, schaltete sie per Fernbedienung die Alarmanlage aus und führte Jane lächelnd in den Empfangsraum, in dem kein Mensch mehr auf Besucher wartete.
»Du kannst in mein Büro gehen, dir einen Drink mixen und dich entspannen.«
»Was ist mit dir?«
»Ich komme gleich nach.«
Die Detektivin warf ihr einen langen Blick zu, doch die Frau mit den roten Haaren lächelte sie an. Sie gab sich gelassen und auch überlegen. Sie verließ das Haus nicht, verschwand allerdings in einem anderen Raum und ließ Jane allein.
Jane fror. Es lag nicht an den Temperaturen, die waren angenehm.
Für sie war das Klima einfach zu kalt. Hier lauerten unsichtbare Hände, die nach ihr griffen. Es war einfach das Gefühl, belauert und überwacht zu werden, von kalten, technischen Augen, die ihre Verstecke an vielen Stellen gefunden hatten.
Die Wände waren sehr gut isoliert. Das
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