0817 - Luzifers Tränenbecher
der Maschine und schenkte ein. »Für mich hat jemand angerufen? Doch nicht…«
Glenda fing meinen Blick auf. »Nein, nein, nicht Asmodis. Ein Kommissar Stahl aus Germany.«
»Harry?«
Glenda bestätigte es.
Ich hatte die Kanne wieder auf die Warmhalteplatte gestellt. »Hat Harry denn gesagt, was er wollte?«
»Er wollte noch mal anrufen.« Glenda schaute auf die Uhr. »In einigen Minuten, denke ich.«
»Gut, ich bin dann in meinem Büro.«
Wenig später erschien auch Suko. Er sah mich nachdenklich hinter dem Schreibtisch sitzen. In der Kantine hatte er sich ein Sandwich gekauft, packte ihn aus und fing an zu essen. Dabei schaute er mich an. »Was ist denn mit dir passiert, John? Du machst ein Gesicht, als hätte man dir die Suppe versalzen.«
»Tue ich das?«
»Ja.«
Ich hob die Schultern. »Nun ja, Harry Stahl hat angerufen. Ich selbst sprach nicht mit ihm. Seltsamerweise brachte ich seinen Anruf mit unserer nächtlichen Begegnung in Zusammenhang, obwohl kein Grund dafür vorliegt.«
Suko kaute, schluckte und hob die Schultern. »Da kann ich dir leider nicht folgen, John.«
»Tja, ich mir auch nicht.« Nachdenklich trank ich den Kaffee.
»Harry wird…« Das Tuten des Telefons unterbrach meinen Satz.
Das war er, ich wusste es, hob sehr schnell ab und hörte das kräftige Organ des Kommissars.
»Guten Morgen in London, du Langschläfer.«
Ich hatte auf den Raumlautsprecher umgestellt, damit Suko mithören konnte. »Wieso Langschläfer? Wir sindpünktlich in unserem Luxus-Büro erschienen. Ich will zugeben, dass wir mit dir nicht mithalten können. Du bist schließlich Deutscher und hast das Arbeiten erfunden, so heißt es doch. Wir sitzen hier, trinken Kaffee und diskutieren darüber, ob wir uns stören lassen sollen. Aber diese Diskussion erübrigt sich nun, da wir schon gestört worden sind.«
»Und nicht grundlos.«
»Mach uns schlauer.«
Kommissar Stahl räusperte sich. Es kam mir vor, als müsste er erst den Mut finden, um über seine Probleme zu sprechen. Er begann mit einer Frage. »Hast du schon von Luzifers Tränenbecher gehört, John?«
Ich saß da wie angekettet, wobei diese Ketten noch straff gezogen waren. Suko erging es ähnlich.
»He, hat es dir die Sprache verschlagen, John?«
Ich musste mich zunächst räuspern. »So ungefähr.«
»Dann kennst du dich aus?«
»Wir haben davon gehört. Dass aber gerade du damit zu tun hast…«
»Ich fange am besten von vorn an.«
»Wir hören.«
Was wir in den folgenden Minuten erfuhren, war zwar nicht unglaublich, trotzdem ein starkes Stück, und es gab noch ein Finale, das besonders mich erschütterte, denn Harry Stahl berichtete davon, dass er meinen Dolch gesehen hatte. Als ich das hörte, verlor ich den letzten Rest an Farbe. Auch war ich kaum in der Lage, ein Wort hervorzubringen.
»Warum sagst du nichts, John? Es war dein Dolch. Er verschwand tatsächlich vor meinen Augen, als ich nachihm greifen wollte. Einfach so . Er löste sich auf.«
»Es gibt ihn nicht mehr«, erklärte ich Harry.
»Wie?«
»Du hast richtig gehört. Es gibt ihn nicht.«
»Hat man ihn dir gestohlen?«
»Das ist eine lange Geschichte, und das sollten wir vorerst beiseite lassen. Mir geht es um andere Dinge, eben um den Becher.«
Harry schnaufte durch das Telefon. »Es hört sich an, als wäre dir dieses Gefäß nicht neu.«
»Das kann man nicht so genau sagen. Wir haben einen Hinweis erhalten. Man hat uns gewissermaßen gebeten, nach dem Tränenbecher zu forschen.«
»Ach – wer?« Harry konnte seine Überraschung nicht verbergen.
»Asmodis.«
Diesmal schwieg der Kommissar, und nun war ich an der Reihe, ihm einen Bericht zu geben, der knapper ausfiel als der seine.
»Die Spur heißt Isabell Munro«, murmelte ich anschließend.
»Sicher.«
»Hast du einen Hinweis auf sie? Weißt du, wo sie sich aufhält oder aufhalten könnte?«
»Das weiß ich nicht, John. Ich für meinen Teil schätze sie ein als eine gefährliche Frau.«
»Darauf kannst du Gift nehmen. Sie muss etwas Besonderes sein, denn sogar der Teufel fürchtet sich vor ihr. Erhat Angst, dass der Becher in die falschen Hände gerät. Nun muss ich zugeben, dass diese Angst nicht grundlos ist. Der Tränenbecher befindet sich im Besitz einer gewissen Isabell Munro, von der ich allerdings nicht glaube, dass sie sich allein auf den Namen Munro beschränkt.«
»Ach, das musst du mir erklären.«
»Für mich ist der Name nur Tarnung, Harry. Diese Munro kann in Wirklichkeit eine ganz andere
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