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0817 - Luzifers Tränenbecher

0817 - Luzifers Tränenbecher

Titel: 0817 - Luzifers Tränenbecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Nähe des Hinterhofs, und sie gehörte zu den Treffpunkten, die eigentlich nur den Einheimischen bekannt waren. Touristen verirrten sich nur selten dorthin, und der Wirt hatte sich nach der Wende sehr schnell den neuen Gegebenheiten angepasst. Renoviert hatte er kaum etwas, sondern nur mehr mit der Beleuchtung gespielt. Bei Einbruch der Dunkelheit änderte sich deren Farbe, da gaben die Lampen im Lokal ein rotes Licht ab, damit jeder wusste, wie der Hase hier lief.
    Hier konnten Kontakte geknüpft werden, und wer es besonders eilig hatte, der ging eine Etage höher, wo der Wirt aus drei gleich sieben Zimmer geschaffen hatte.
    Tagsüber hielten sich die Mädchen zurück. Hin und wieder saß eine von ihnen müde am Tresen, nippte an ihrem Glas und saugte sich die Lungen mit Zigarettenqualm voll.
    Die Kneipe selbst lag an einer Ecke und war auf den Namen »Körbchen« getauft.
    Am Nachmittag war das Lokal nie gut besucht. Die morgendlichen Gäste hatten es verlassen, die anderen waren noch nicht da, und die Mädchen standen in den kleinen Räumen vor den Spiegeln, um sich zu schminken.
    An einem alten runden Tisch nahe der Eingangstür saß Ecke, ein grauhaariger Mann um die Sechzig. Er war in der Gegend bekannt wie ein bunter Hund und wurde auch »Die sprechende Zeitung« genannt. Ecke hieß eigentlich Eckehart, aber niemand nannte ihn so.
    Mit seinem Spitznamen war er zu einer Institution geworden. Er kannte jeden, er wusste alles. Er war Rentner und trug statt des rechten Beines eine Prothese. Nach jahrelangem Training bewegte er sich beinahe wie ein Gesunder und konnte, wenn es darauf ankam, sogar schnell laufen.
    Ecke stellte sich mit allen Seiten gut. Mit den Mädchen, aber auch mit ihren halbseidenen Typen, die von ihm so manchen Tipp erhielten, wenn ihm mal wieder irgendwelche Zivi-Streifen aufgefallen waren, die in letzter Zeit verstärkt Patrouille gingen, da die Verbrechensrate in der Stadt doch sehr angestiegen war.
    Die Zuhälter zeigten sich Ecke gegenüber dankbar, was sie auch dem Wirt mitgeteilt hatten. So bekam Ecke, der Rentner und Witwer, immer frei zu trinken.
    An diesem Tag war er schon früh von seinem Spaziergang zurückgekehrt, hatte sich an den Tisch gesetzt, sein übliches Bier und den ebenfalls üblichen Schnaps bekommen und war eigentlich wenig gesprächig, was den vier anderen Gästen und dem Wirt auffiel.
    »Bist du sauer?« rief der Mann hinter dem Tresen. Seine Glatze war er durch eine schwarze Perücke verborgen.
    »Warum?«
    »Du redest nicht.«
    »Ich meditiere.«
    »Ach so.«
    Ecke schlürfte sein Bier, bestellte noch einen Schnaps und sagte, als das Glas gebracht wurde: »Außerdem warte ich auf jemand.«
    »Auf wen denn?«
    »Fritze Fuhrmann.«
    »Fritze?«
    »Sicher!«
    »Was hast du denn mit dem zu tun?«
    Ecke grinste über sein faltiges Gesicht. »Das möchtest du wohl gern wissen, wie?«
    »Immer.«
    »Sag ich aber nicht.«
    Der Wirt trat einen Schritt zurück. »Oder hast du ihm alte Möbel besorgt?«
    »Sehe ich so aus?«
    »Kann doch sein.«
    »Nee, damit beschäftige ich mich nicht. Dazu habe ich auch keine Lust, mein Lieber.«
    »Klar, wie du willst.« Der Wirt wurde von der Theke her gerufen und bediente.
    Ecke trank seinen Kurzen. Er schaute durch eines der Fenster. Dahinter bewegte sich eine Gestalt. Trotz des warmen Wetters trug sie einen Mantel. Er war lang und schwarz. Die gleiche Farbe hatte auch der Hut, den Fritz Fuhrmann beim Betreten der Kneipe nicht abnahm. Er blieb an der Tür stehen, überschaute das Lokal und musste sich vorkommen wie der Held in einem Western, wenn er den Saloon betritt. Nur sah Fuhrmann mehr aus wie der Bösewicht.
    Er zog den Mantel nicht aus, als er sich neben Ecke setzte und ein Bier orderte. Erst als es vor ihm stand, sprach er den Einbeinigen an, wobei er seine Stimme senkte. »Gut, Ecke, du hast mich angerufen. Demnach gibt es etwas Neues.«
    Ecke nickte.
    »Was denn?«
    »Lass mich erst mal trinken.« Ecke nahm das Glas, leerte es, stellte es wieder hin und hielt die Hand wie ein Bettler auf.
    Diese Geste verstand auch Fuhrmann. Aus seiner Hemdtasche holte er einen zerknüllten Fünfziger und legte ihn in Eckes Hand, die sie sofort schloss. Das Bier wurde gebracht, erst dann redete Ecke, beobachtet von den anderen Gästen, die jedoch nichts verstehen konnten.
    »Die Bullen sind weg.«
    »Das weiß ich!« zischelte Fuhrmann.
    »Aber«, fuhr Ecke fort und hob seinen rechten Zeigefinger, »da sind wieder welche gekommen.«
    »Ach –

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