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082 - Das Geheimnis der Kristalle

082 - Das Geheimnis der Kristalle

Titel: 082 - Das Geheimnis der Kristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Handbewegungen, während sie zur Öffnung in der Außenwand schlurfte. »Ist ja gut«, murmelte sie. »Alles ist gut…«
    Das sagte sie sich oft, sich und dem heranwachsenden Wesen in ihrem Leib: Alles ist gut. Und jedes Mal widersprach eine unterschwellige Furcht tief in ihrer Brust. Nichts ist gut.
    Hatte sie womöglich von ihrem Kind geträumt?
    Durch die asymmetrische Maueröffnung blickte sie hinaus in die Nacht und hinunter zum Kratersee. Die zersplitterten Ränder der Kristalltrümmer ragten teilweise fingerlang von der Seite in die Öffnung hinein. Schroff, ja bizarr wirkte das, unheimlich geradezu - so wie das ganze, bei Tageslicht grünlich schimmernde Bauwerk. »Kristallfestung« nannten sie es, ein wirklich hässliches Ding wie aus einem bösen Traum.
    Hier an der Öffnung ins Freie war es nicht mehr ganz so still.
    Aruula lauschte. Etwa sechs Speerlängen unter ihr und zehn Längen Östlich hörte sie Wasser plätschern und gurgeln: das kleine Flüsschen, das an der Kristallfestung vorbei zum See floss. Die Schatten der Baumwipfel bewegten sich im Nachtwind, und als die Brise sich für einen Atemzug legte, mischte sich ein leises Brausen in das abebbende Rauschen von Wind und Laub: die Brandung unten am Seeufer. Oder der kleine Wasserfall, über den das Flüsschen ein paar Speerwürfe weiter südlich in den Kratersee stürzte?
    Ein Schatten bewegte sich durch die Grasfläche zwischen Festung und Uferwald, ein Mensch. Ziemlich weit weg, anderthalb Speerwürfe mindestens, und doch erkannte sie ihn: Maddrax. Seine zielstrebige, federnde Art, sich zu bewegen, würde sie unter Tausenden erkennen.
    Wachwechsel also. War es schon wieder so spät? Die Männer wachten in vier Schichten. Sogar Pieroo hatte darauf bestanden, einen Posten zu übernehmen. Seit Aiko eine Medizin für ihn gefunden hatte, ging es dem Barbaren besser.
    Eine trügerische Besserung, denn Aiko hatte klar gemacht, dass das Mittel nur den Schmerz unterdrückte, aber die Krankheit nicht heilen konnte.
    Aruula hatte noch immer nicht ganz begriffen, was
    »strahlenkrank« bedeutete. Maddrax hatte ihr erklärt, dass dadurch ein gefräßiges Ding namens »Tumor« in Pieroos Körper entstanden war, das ihn von innen her auffraß, wenn man es nicht stoppte. Dafür aber fehlten ihnen hier am Kratersee die Mittel. Das Labor des ARET, des russischen Expeditionspanzers, genügte nicht für diese Art von Dämon.
    Aruula selbst und Honeybutt Hardy schoben keine Nachtwache bei der Qualle. Maddrax hatte als Grund genannt, dass vier Schichten vollauf genügten, aber Aruula tippte eher darauf, dass er sie schonen wollte, weil sie schwanger war.
    Schwanger…
    Warum spürte sie so wenig davon?
    Wieder strich sie sich über den Bauch. Warum fiel es ihr so schwer, das Kind zu spüren? Sie war nie schwanger gewesen, konnte auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen. Aber nach allem, an das sie erinnerte, vermochten die Frauen von den Dreizehn Inseln sehr früh und sehr intensiv Kontakt mit ihrer Leibesfrucht aufzunehmen. Ihr Instinkt bestätigte diese blasse Erinnerung: Stetig drängte er sie, in sich hinein zu lauschen, es zu fühlen, zu spüren, was da in ihr wuchs.
    Wuchs es überhaupt?
    Da stand sie wieder vor ihr, die bange Frage! Und mit ihr Beklemmung und Sorge. Wie hatte Aiko sich ausgedrückt?
    Das Kind würde sich abkapseln in ihrem Bauch wie in einer Schote.
    Und was hatte er in ihrem Blut entdeckt? Wie hieß das Wort noch gleich? Aus schmalen Augen fixierte Aruula die Stelle, wo Maddrax’ Gestalt eben mit der dunklen Wand des Waldes verschmolz. Wie hatte Aiko es genannt?
    Sie mochte grübeln, wie sie wollte - das Wort fiel ihr nicht ein. Aus drei Buchstaben bestand es, irgendeine Abkürzung.
    Jedenfalls behauptete der Cyborg mit den schräg gestellten Augen, in ihrem Blut schwämmen Dinge herum, die dort nicht sein duften und die eigentlich zu einer Pflanze gehörten; Dinge so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht wahrnehmen konnte.
    Aruula seufzte, schloss die Augen und konzentrierte sich auf das Kind in ihrem Bauch. Wie fremd es ihr vorkam! Und wie vertraut zugleich! Wie sie es liebte - und wie sie zugleich die Stunde fürchtete, in der sie es entbinden würde…
    »Matjunis«, murmelte sie. »Hörst du mich? Ich bin es, deine Mutter…« Ja, sie hatte ihm einen Namen gegeben - einen Männernamen natürlich, und einen Namen, der dem seines Vaters ähnelte. Seltsam, aber Aruula zweifelte nicht daran, dass es ein Junge war, der in ihr

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