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082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Sky
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Frau schließlich. Es klang wie ein Seufzen. „Ich zeige es dir.“
    Sie glitt auf die Tür zu, ohne die Beine zu bewegen, die unter ihrem Gewand auch nicht eindeutig auszumachen waren; und ohne die Tür zu öffnen, verließ sie den Raum.
    Anne Bloom überwand ihre Furcht. Sie zog die Tür auf und folgte der weißen Frau, die lautlos über die Treppe nach unten schwebte.
    Die Lehrerin hoffte, irgend jemand würde sie sehen und sich ihnen anschließen; sie wagte es nicht laut zu rufen oder im Vorübergehen an eine Tür zu klopfen. Doch die anderen Lehrkräfte befanden sich im Lehrerzimmer. Deutlich hörte sie ihre Stimmen. Niemand kam auf den Flur heraus.
    Die weiße Gestalt näherte sich der schweren Holztür, die zur Folterkammer führte. Anne Bloom zögerte; sie wollte stehenbleiben, aber ein unwiderstehlicher Zwang trieb sie auf die Tür zu.
    Allein dort hinuntergehen? Das war viel zu gefährlich. Wollte Ulrike sie betrügen? Trieb sie eines ihrer scheußlichen Spiele, mit denen sie schon so viele Menschen hatte sterben lassen? War ihr Geist noch klar?
    Die weiße Frau schob sich durch die Tür hindurch. Anne blieb stehen.
    Draußen wurde es dunkel. Wolken zogen über das Schloß hinweg. Anne Bloom hörte das dumpfe Grollen eines nahenden Sommergewitters. Erste Regentropfen klatschten in den Kies.
    Das Holz schimmerte weißlich.
    „Willst du mir nicht folgen?“ wisperte eine lockende Stimme. „Ich will dir zeigen, wo ich eingemauert wurde. So hilf mir doch! Willst du mir nicht helfen? Bitte, hilf mir! Bitte!“
    Anne Bloom legte ihre Hand auf den Türdrücker und öffnete. Nach einem Kohlefeuer riechende, warme Luft schlug ihr entgegen. Die Atmosphäre war anheimelnd, wenngleich das Feuer nicht zur Jahreszeit paßte. Wer heizte schon im August?
    Anne stieg die ersten Stufen zur Wendeltreppe hinunter. Knarrend schlug hinter ihr die Tür zu, ohne daß sie sie berührt hatte. Rasch griff sie nach dem Türdrücker und öffnete sie wieder. Sie spürte den Windhauch, der über sie hinwegstrich, und ließ die Tür los. Seltsamerweise störte es sie nicht, daß der Wind sie erneut zuwarf. Sie ging weiter, obwohl sie das Gefühl hatte, in eine Falle zu laufen, aus der es keinen Ausweg mehr gab. Sie wollte der weißen Frau helfen und glaubte daran, daß sie den richtigen Weg beschritten hatte. Anton Grünwald hatte gesagt, daß man den ruhelosen Geist Ulrikes erlösen mußte.
    Schritt um Schritt folgte sie der weißen Frau in die Tiefe. Ihr wurde gar nicht bewußt, daß sie kein Licht gemacht hatte. Die weiße Frau strahlte so viel Helligkeit aus, daß sie die Stufen deutlich sehen konnte.
    Als sie das Ende der Wendeltreppe erreicht hatte, sah sie, daß tatsächlich ein Feuer in der Folterkammer brannte. Es loderte in der schon seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten nicht mehr benutzten Feuerstelle. Eine Eisenzange lag im Feuer. Ihre Spitzen glühten gelblich-rot.
    Als Anne Bloom die Folterkammer betrat, stürzte krachend eine Eisenwand hinter ihr herunter. Sie fuhr aufschreiend herum. Der Rückweg war ihr endgültig versperrt. Sekunden darauf glitten dicke Eisenplatten vor die Luftschlitze, durch die ihre Schreie hätten nach außen dringen können.
    Sie befand sich in einem Gefängnis, das ebensogut auch im Mittelpunkt der Erde hätte liegen können.
    Neben der Feuerstelle, in der die Folterzange glühte, flimmerte die Luft, und allmählich schälten sich deutlich die Umrisse eines riesigen Mannes heraus. Er trug eine oben spitz zulaufende Kapuze mit Schlitzen für die Augen und den Mund.
    Der Henker von Schloß Hohenbrück nahm Gestalt an.
     

     

„Was ist das für ein Lärm?“ fragte Frau von Stöckingen.
    „Irgendwo wird eine Tür zugefallen sein“, sagte Dr. Schwab. „Wir sollten uns im Schloß umsehen, ob alle Türen und Fenster geschlossen sind. Ich fürchte, daß Gewitter wird direkt über uns hinwegziehen.“
    Er erhob sich. Die anderen Lehrer folgten seinem Beispiel. Unruhig sah er sich um.
    „Sagen Sie, bitte, hat irgend jemand von Ihnen Fräulein Bloom gesehen?“
    „Möchten Sie ihre Händchen halten, um ihr die Furcht vor dem Gewitter zu nehmen?“ fragte Dr. Lohmann spöttisch.
    „Nein, ich möchte nur wissen, wo sie ist. Immerhin ist dies die dritte Nacht …“
    „Sie haben recht, Dr. Schwab“, erklärte Anton Grünwald besorgt. „Die Kollegin sollte unbedingt in unserer Nähe bleiben.“
    Dr. Schwab verließ das Lehrerzimmer, ging zu einem Flurfenster hinüber und verriegelte es. Dann eilte

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