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0821 - Wo die Totenlichter leuchten

0821 - Wo die Totenlichter leuchten

Titel: 0821 - Wo die Totenlichter leuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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auszusprechen.
    »Hilda…?«
    Seine Stimme hatte normal geklungen, zumindest als sie aus seinem Mund gedrungen war. Dann aber hatte sie sich verändert, denn sie hatte einen seltsamen Nachhall bekommen, als hätte er direkt in einen Tunnel gesprochen.
    Der Name wehte der Person auf der Galerie entgegen, ohne jedoch bei ihr eine Reaktion auszulösen.
    Turney schluckte. Mit zitternder Hand griff er nach seinem Glas und trank einen Schluck Whisky. Das Zeug brannte in seiner Kehle, und mit einer ebenso zitternden Bewegung stellte er das Glas wieder zur Seite.
    Was sollte er tun?
    Es war ein großer Fehler gewesen, Suko zu verlassen. Er hatte ihn nun einmal begangen und konnte ihn auch nicht mehr rückgängig machen. Für einen Moment dachte er auch an Flucht, aber hatte das überhaupt einen Sinn? Er schätzte die Gestalt als so stark ein, dass sie ihm ein Entkommen nicht erlauben würde.
    Also musste er in dem Sessel sitzen bleiben und abwarten, was geschah, denn ohne Grund war sie bei ihm bestimmt nicht erschienen.
    Plötzlich bewegte sich Hilda.
    Es war nur ein leichtes Zucken, ein sanftes Schwingen, vergleichbar mit den Bewegungen einer Tänzerin, und der Mann unten in der Halle hörte keinen Laut.
    Sie ging vor.
    Nein, sie schwebte auf die Treppe zu, verfolgt von den starren Blicken des Försters, dem auffiel, dass seine Frau keine Kleidung am Körper trug, aber trotzdem nicht nackt wirkte. Sie sah geschlechtslos aus, sie war ein bleiches, zittriges Etwas, das sich aus Sternenflimmer zusammensetzte, denn einen anderen Vergleich fand er nicht.
    Hilda setzte ihren Weg fort.
    Auf ihrem Kopf wuchsen zwar Haare, aber im Prinzip waren keine vorhanden, denn was einmal die Haare gewesen waren, das sah er nur mehr als einen Schleier, der hinter ihr herwehte wie eine dünne silbrige Fahne oder ein zu kurz geratener Brautschleier.
    Etwas kroch auf ihn zu.
    Der Förster merkte es deutlicher, als das Wesen die ersten Stufen der Treppe erreicht hatte und anfing, sie nach unten zu gehen. Da merkte er zum ersten Mal den kühlen Hauch, der über den Boden kroch, ihn erreichte und an ihm in die Höhe glitt, als hätte jemand einen feuchten Lappen über sein Gesicht geschwungen.
    Hilda hatte ihren Auftritt. Sie schwebte die Treppe hinab, und sie schien alles zu genießen. Vielleicht weidete sie sich auch an der Furcht ihres Mannes, mit dem sie über acht Jahre Tisch und Bett geteilt hatte, das aber war nun vergessen.
    Sie gehorchte jetzt den Gesetzen des Laternenmannes, denn er hatte sie in seinen unheimlichen Bann gezogen.
    Wayne Turney fiel auf, dass er bisher nur auf dem Fleck gesessen und nichts getan hatte. Er war nicht in der Lage gewesen zu agieren, aber die Zeit blieb nicht stehen, und als seine Frau die Hälfte der Treppe hinter sich gelassen hatte, da wusste er, dass er sich beeilen musste, wenn er irgendetwas erreichen wollte.
    Nur – was konnte er erreichen?
    Er stellte sich die Frage immer wieder, die Zeit verrann dabei, aber er kam zu keinem Entschluss.
    Sie hielt die Trümpfe in der Hand, sie hielt die Umgebung unter Kontrolle, und der Mann spürte, wie sich die Kälte in seiner Nähe immer mehr verdichtete.
    Bald… bald würde es soweit sein. Dann stand sie vor ihm, dann würde sie abrechnen. Abrechnen? Eine Frage brandete durch seine Stirn. Warum und weshalb?
    In seiner Fantasie malte sich der Mann so einiges aus und kam plötzlich auf die Lösung. Der Laternenspuk hatte Hilda geholt, und er hatte sie bestimmt mit dem Auftrag entlassen, auch noch andere zu ihm zu bringen. Was lag da näher, als es zuerst in der eigenen Familie oder beim ehemaligen Gatten zu versuchen? Kinder waren aus ihrer gemeinsamen Ehe nicht hervorgegangen, es blieb der Gatte.
    Und der ließ sie kommen.
    Locker schwebte die Gestalt auch über die letzten Stufen hinweg und hatte die Treppe hinter sich gelassen. Sie breitete für einen Moment die Arme aus, als wollte sie einen Flug demonstrieren, aber sie blieb am Boden.
    Turney saß noch immer und schaute sie an. Es war ihm bisher nicht eingefallen, was er gegen dieses Wesen unternehmen konnte, und er stellte sich noch immer die Frage, ob er sie als seine Frau ansehen sollte oder nicht.
    Sie bewegte sich auf einen kleinen Tisch zu, der nahe dem Treppenaufgang stand und im Sommer immer mit frischen Blumen gefüllt war. Hilda hatte gerade dieses dekorative Möbelstück besonders geliebt. Jetzt bewegte sie sich darauf zu und hätte es eigentlich umschreiten müssen, um ihren Mann zu erreichen.
    Sie

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