0821 - Wo die Totenlichter leuchten
Person.«
»Klar.«
»Wer ist es?«
»Hilda Turney.«
Suko schluckte. Er war für einen Moment geschockt. »Wie bitte?«
»Ja, Hilda Turney, die Frau des Försters.«
Der Inspektor verdrehte die Augen. Er hatte plötzlich den Eindruck, auf einem schwankenden Floß zu stehen. Ausgerechnet sie, ausgerechnet die Frau des Mannes, der sie hergeholt hatte. Kein schlechter Schachzug von Wayne, das musste Suko zugeben. Er hatte dafür gesorgt, dass sich zwei Polizisten um seinen Fall kümmerten, aber er hatte mit dieser wichtigen Information hinter dem Berg gehalten.
Stephan Donner spürte etwas von der Überraschung des Inspektors und fragte: »Wussten Sie das denn nicht?«
»Nein, das war mir unbekannt.«
»Aber Sie sind doch mit Wayne gekommen?«
»Ich weiß, und jetzt ist er weg.«
»Er wird zu seinem Haus gefahren sein«, sagte Donner, wobei er die Worte mehr dahingesprochen hatte, aber Suko war wie elektrisiert, denn er dachte bereits einen Schritt weiter. Wenn auch die Frau zurückkehrte, dann sah es für Turney nicht gut aus. Sicherlich würde sie als Geist erscheinen – an jenem Ort, an dem sie all die Jahre über gelebt hatte.
Das war natürlich ein Hammer – und gefährlich!
Plötzlich »brannte« der Boden unter den Füßen des Inspektors. Er dachte an den etwas seltsamen und zu schnellen Abschied des Försters von ihm und wusste, wo er hin musste.
Die Zeit drängte, doch ein Fahrzeug stand ihm nicht zur Verfügung, denn der BMW, mit dem er und John gekommen waren, parkte am Haus des Försters. Er musste den Weg zu Fuß zurücklegen, es sei denn, Donner lieh ihm ein Fahrzeug.
»Haben Sie ein Auto?«
»Ja, aber es fährt nicht.«
»Ein Fahrrad?«
»Das können Sie haben.«
»Dann her damit…«
***
In und über dem großen dielenartigen Raum lag das Schweigen wie eine eisige Wolke.
Es rührte sich keine der beiden Personen. Der Mann saß wie erstarrt in seinem Sessel und schaute hoch zur Galerie, wo sich seine Frau Hilda zeigte.
Seine verstorbene oder seine verschwundene Frau. Was sie genau war, das wusste er leider nicht. Er war völlig von der Rolle, denn er spürte, dass diese zweite Begegnung für ihn entscheidend war.
Schon einmal hatte er sie gesehen, allerdings in einer anderen Situation. Das war in der Nacht gewesen, und da hatte sie wie ein Spuk das ehemalige gemeinsame Schlafzimmer betreten, er hatte sie gesehen und gleichzeitig die Kälte gespürt.
Er hatte auch ihre Stimme gehört, die so verändert geklungen hatte. Nah, trotzdem weit entfernt und irgendwie zischend, und sie hatte ihm von dem Laternenmann berichtet, dem sie bis auf den Friedhof und in die feuchte Erde gefolgt war.
Gegangen, aufgelöst, zurückgekehrt!
Drei Begriffe, die durch den Kopf des Försters schwirrten, mit denen er aber nicht zurechtkam. Er kannte natürlich die Geschichte des alten Friedhofs, nur hatte er sie aus bestimmten Gründen nicht den beiden Helfern erzählt; er wollte sie nicht beeinflussen. Überhaupt hatte er sich ihnen gegenüber nicht unbedingt loyal verhalten, wie ihm jetzt klar wurde, und dies schien zu einem Bumerang zu werden.
Er hatte zwar mit einem zweiten Besuch seiner verstorbenen Frau gerechnet, jedoch nicht so schnell. Nun hatte Hilda durch ihr Erscheinen alles verändert.
Sie bewegte sich nicht!
Dort oben stand auch keine Frau, sondern ein fremdes Wesen, das seine Arme zwar ausgestreckt, gleichzeitig angewinkelt und die Hände auf den Handlauf gelegt hatte, aber es sah aus, als würde sie wieder den Boden noch das Geländer berühren.
Stand sie da – oder schwebte sie?
Durch den Kopf des Försters jagten die wildesten Gedanken, die sich mit der Existenz von Geistern beschäftigten. Es gab die Geister, das stand für ihn jetzt fest, aber so hatte er sie sich nicht vorgestellt.
Für ihn waren sie bisher nur wallende Wesen gewesen, schleierartig, leicht durchscheinend und durchsichtig, wie man sich eben ein Gespenst vorstellt. Doch seit Hildas erstem Besuch wusste er es besser.
Seine Augen brannten. Es fiel ihm schwer, sich auf ihre Gestalt zu konzentrieren. Einzelheiten waren nicht genau auszumachen. So konnte er die Farbe ihrer Augen nicht erkennen, obwohl diese vorhanden waren, aber er merkte doch, das Gesicht und Körper zitterten und sich die kleinen Teile, aus denen sich die Gestalt zusammenzusetzen schien, sich ständig hin- und herbewegten.
Es kostete den Förster eine große Überwindung, sich aus der ersten Starre zu lösen und den Namen seiner Frau
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