0822 - Nomaden der Hölle
die Skoloten so etwas nicht hatten, waren sie im Laufe ungezählter Generationen zu Aasfressern geworden. Niemand mochte Aasfresser, niemand wollte etwas mit ihnen zu tun haben. Das war in der Welt, die man Hölle nannte, nicht anders, als es auf allen bewohnten Planeten war. Man akzeptierte die Skoloten als nützliches Übel, denn sie agierten wie eine Art Müllabfuhr. Dämonenkriege und deren Schlachtfelder waren ihre bevorzugten Zielpunkte.
Doch die Schwefelklüfte waren keine normale Welt. Alles hier war veränderlich, instabil. Eine Gegend, die man zu kennen glaubte, konnte sich in kürzester Zeit drastisch verändern. Saarg und Neeb wollten die Sippe nach dem Ende der entsetzlichen Kämpfe zur Ruhe kommen lassen. Die Verwundeten mussten gepflegt werden. Die Nerven aller lagen blank. Und Saarg hatte sich für eine Route entschieden, die sie bereits mehrfach eingeschlagen hatten. Sein Ziel war eine Gegend am Rande einer Wüstenlandschaft, in der sie sich um Nahrung keine Sorgen machen mussten.
Dort gab es seit ewigen Zeiten Ansammlungen von Vampiren. Saarg mochte das Nachtvolk nicht, denn sie hielten sich für die Krone der Schöpfung schlechthin. Wesen wie die Skoloten waren für die Vampire nur Dreck, an dem man sich nicht die Finger schmutzig machte. Sie verschmähten selbst das Blut der Nomaden, wenn es irgend möglich war.
Doch Vampire kümmerten sich nicht mehr um ihre Opfer, wenn sie diese leergetrunken hatten. Die übrig gebliebenen Körper waren für sie nur leere Hüllen, weiter nichts. Für Aasfresser ein wahres Schlaraffenland. Dorthin zu gelangen, war nicht sonderlich anstrengend. Es galt nur, eine kurze Wegstrecke durch Wüstengebiet zu durchqueren. Ein Kraftakt, den man auch den Verletzten zumuten konnte.
Doch die Wüste nahm kein Ende…
Die Schrecken der Hölle hatten die Skoloten in ihren Klauen. Einer nach dem anderen verendeten die-Verletzten. Kein Wasser, keine Nahrung, dazu die sengende Gluthitze. Als Saarg realisierte, was geschehen war, kam ein Umkehren schon nicht mehr in Frage. Den Weg zurück hätte keiner von ihnen mehr überlebt.
Neeb war als Kundschafter der Sippe vorausgeschickt worden. Als er viele Stunden später zurückgekehrt war, hatten seine Augen geleuchtet. Er hatte Nahrung gefunden. Die Skoloten hatten ihre letzten Kräfte mobilisiert, um die Strecke zu überwinden. Was sie vorgefunden hatten, waren die Leichen von fünf geflügelten Wesen.
Zwei von ihnen hatten entsetzliche Wunden, die von den Schnäbeln ihrer eigenen Artgenossen zu stammen schienen. Die anderen drei wiesen ebenfalls ähnliche Verletzungen auf, waren aber erschlagen worden. Eindeutig - und Saarg ahnte auch, wer der Mörder sein musste.
Als alle gesättigt waren, nahm er Neeb zur Seite. »Du hast sie getötet. Mit dem Hammer, nicht wahr?«
Neeb hatte seinen Anführer trotzig und stolz angesehen. »Ja, und ich schäme mich nicht dafür. Sie waren verwundet, hilflos. Wahrscheinlich hätten sie die kommenden Stunden eh nicht überstanden. Sie müssen miteinander gekämpft und sich so zugerichtet haben. Egal, wir brauchten die Nahrung, Saarg!«
»Und wenn Dich dabei jemand beobachtet hat?« Sein Hüteauge zuckte unruhig hin und her. Ihm war, als ständen sie schon unter Beobachtung.
»Hat aber niemand. Ich habe mich vergewissert. Saarg, ich bin kein Kind mehr. Und ich trage Verantwortung -wie du.« Neeb fühlte sich im Recht.
Doch Saarg war sich nicht sicher, ob sein Bruder nicht einen verhängnisvollen Fehler begangen hatte.
Als sich nur kurze Zeit darauf der Himmel verfinsterte, da wusste Saarg, wie richtig seine Vorahnung doch gewesen war.
Wie eine schwarze Wolke kamen sie über die Skoloten.
Und den Nomaden der Hölle war nur die heillose Flucht nach vorne geblieben.
***
»Es stinkt hier.«
Saarg konnte nicht ausmachen, wer das gesagt hatte, doch das blieb sich letztlich auch gleich.
Die Skoloten waren ein Leben unter dem freien Himmel gewöhnt. Höhlen, enge Gänge und dichte Waldgebiete waren nicht ihre Welt.
Hier kam für sie dies alles auf engstem Raum zusammen. Die Sippe war den Geflügelten vorerst entkommen, doch diese Umgebung war für sie feindlicher Lebensraum.
Saarg wusste das. Ihm selbst erging es ja nicht anders.
»Still!«, rief er. »Geht weiter. Wir werden bald einen Ausgang finden. Aber wir müssen möglichst viel Raum zwischen uns und den Geflügelten bringen.«
Saargs Hüteauge zeigte ihm den leeren Gang; er bildete die Nachhut in dem dreißig Köpfe langen Zug. Der
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