0824 - Liebestanz der Totenbräute
gemietet.«
»Für Sarah und dich?«
Ich erhielt keine Antwort mehr, denn Jane hatte bereits aufgelegt.
Als ich den Hörer zurücklegte, betrat Suko das Büro. Er schwenkte eine Flasche Whisky.
»Ho, wer hat dich denn beschenkt?«
»Die ist für uns.«
»Von wem?«
»Kate Duvall hat sie uns geschickt.« Er stellte die Flasche auf den Schreibtisch, und ich dachte wieder an die FBI-Agentin, mit der wir gemeinsam einen Monster-Engel gejagt hatten. Einen verfluchten Killer, der eine Spur aus Blut hinter sich gelassen hatte.
»Willst du einen Schluck?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt, ich habe noch eine kleine Reise vor.«
»Tatsächlich? Wohin denn?«
»Nach Caldric.«
»Ich liebe Caldric.«
»Kennst du es denn?«
»Nein, aber trotzdem.«
Ich winkte ab. »Hör mit dem Quatsch auf, Alter. Jane hat mich darum gebeten.«
»Kleiner Weekend-Trip?«
»Nicht ganz. Es könnte auch Ärger geben, dann wäre daran Lady Sarah schuld.«
Suko winkte mit beiden Händen ab. »In welches Fettnäpfchen ist die denn wieder getreten?«
Was Jane mir berichtet hatte, gab ich auch meinem Freund wieder und erzählte ihm, dass ich mich mit Jane in einem Lokal namens »Meeting Point« in Caldric treffen wollte. Er war nicht begeistert und fragte sicherheitshalber, ob er in London bleiben könnte.
»Immer doch.«
»Das passt mir gut.«
»Was willst du denn tun?«
»Da gibt es einen Herbstlauf, bei dem ich mich sicherheitshalber angemeldet habe. Eine Art Marathon durch den Hyde Park. Ich will mal sehen, wie gut ich drauf bin.«
»Zum vorletzten Platz wird es reichen.«
»Bei dir vielleicht, aber nicht bei mir. Du wirst mich in der Spitzengruppe finden, das verspreche ich dir.«
»Kann man das auch nachlesen?«
»Keine Ahnung.«
Ich stand auf. »So, dann wäre für mich an diesem netten Freitag Feierabend.«
»Du verschwindest jetzt schon?«
»Zuvor sage ich noch Sir James Bescheid. Ich lasse wieder von mir hören.«
»Nur nicht, wenn ich laufe. Tragbare Telefone sind verboten.«
»Ich richte mich danach. Viel Spaß.«
»John!«
An der Tür – wie so oft – erreichte mich sein Ruf. Ich drehte mich um und schaute in das ernste Gesicht meines Freundes. »Rechnest du damit, dass es in einen Fall ausarten könnte?«
»Ich kann es dir beim besten Willen nicht sagen, hoffe allerdings, dass meine Ahnung mich trügt und dass sich vor allem das Wetter bessert.«
Suko nickte. »Ansonsten gib mir Bescheid.«
»Mach ich.« Mit einem letzten Winken verschwand ich und zog die Tür leise hinter mir zu. Kate Duvalls Whisky würde ich später probieren. Ich fand es toll, dass sie an uns gedacht hatte, denn sie war wirklich eine patente Kollegin.
***
Obwohl Hetty ihn noch nie zuvor gesehen hatte, wusste sie, dass es kein anderer sein konnte als der Baron of Gulbekian. Er stand da wie eine breite Säule, und nichts an ihm bewegte sich. Er war eine Gestalt, die mit den dunklen Schatten des Flurs verschmolz und deren Gesicht in der Finsternis verschwamm.
Hetty Morland wollte schreien. Sie hatte auch schon den Mund geöffnet, da begann sich die Gestalt zu bewegen.
Der Baron griff zu.
Eiskalt waren seine Finger, als sie sich um den Hals der Frau legten. Hetty spürte sofort den würgenden Griff, der Schrei erstickte, der Atem wurde ihr geraubt. Sie spürte den Druck, dem sie nachgeben musste. Mit weichen Knien wankte sie zurück in das Zimmer, gefolgt von Gulbekian, der sie noch immer nicht losließ.
Mit dem Fuß trat er gegen die Tür, die zuschwang und mit einem hörbaren Schnacken ins Schloss fiel. Da befand sich Hetty bereits am Bett, erhielt einen Stoß, dem sie nichts entgegenzusetzen hatte, und kippte rücklings auf die weiche Decke.
Dort blieb sie quer liegen. Der Druck war von ihrer Kehle verschwunden. Die alte Frau saugte die Luft ein, was von röchelnden Lauten untermalt wurde.
Der Baron stand vor ihr.
Eine Gestalt wie aus einem Schauermärchen, dunkel gekleidet, und nur die Hände und das Gesicht waren heller. Da schimmerte die Haut in einem verschwommenen Grau.
Er starrte auf sie nieder.
Hetty hatte noch immer mit der Luft zu kämpfen, ebenso mit ihrem klaren Blick. Das Gesicht der Gestalt war fürsie verschwommen, es schien sich permanent zu bewegen, aber nach wenigen Sekunden schon klärte sich das Bild.
Sie sah jetzt besser und schärfer.
Die Gerüchte durchschwirrten ihren Kopf. Niemand hatte die Gestalt beschreiben können. Fast alle wussten, dass es den Baron gab, der in der Nacht durch und um
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