0825 - Böse kleine Elena
Kirchhof mauer. Hinter ihm befand sich der kleine Friedhof, ein verwildertes Gelände, das ihm als ideales Versteck gedient hatte. Später war er dann, als er den Motor des Wagens gehört hatte, über die Mauer geklettert, hatte sich an einer Kante den Mantel eingerissen und war vor der Mauer stehen geblieben, um auf die beiden Besucher des Pfarrers zu warten, die sich lange Zeit ließen, bis sie das Haus verließen.
Dann, als nach einer Weile endlich der Lichtschein aus der offenen Tür ins Freie fiel und sich die drei Gestalten auf der Treppe abmalten, wusste der Mann, dass es soweit war.
Seine Augen begannen zu glänzen. Er schob seine rechte Hand in die Manteltasche, die durch das Gewicht der darin steckenden Luger-Pistole ziemlich weit nach unten gezogen wurde. Die Waffe steckte er in den Hosenbund und wartete eisig lächelnd ab, bis die Heckleuchten des Opels von der Dunkelheit aufgesaugt worden waren.
Erst dann atmete er durch.
Die Tür war wieder von innen geschlossen worden. Damit hatte der Mann gerechnet, der nun bereit war, die Spuren zu löschen, die an eine schlimme Vergangenheit erinnerten.
Dieser verdammte Pfarrer wusste einfach zu viel von ihm. Er würde es weitertragen, und das gefiel dem Beobachter überhaupt nicht. Er hätte auch nie gedacht, dass dieser Detektiv die Spur so schnell finden würde, aber sie waren zu zweit, und das wiederum hatte Wilbur Scott nicht einkalkuliert.
Niemand ließ sich in der Nähe blicken. Um diese Zeit und bei einem derartigen Wetter zogen es die Bewohner von Roudnice vor, in den Häusern zu bleiben. Es war auch besser für sie, denn einen Zeugen hätte Scott sofort ausgelöscht.
Den Weg bis zur Außentreppe hatte der Mann in kurzer Zeit zurückgelegt. Die Stufen ging er vorsichtig hoch, weil nasses Laub auf ihnen eine Rutschfläche bildete.
Am Haus, das im Windschatten der Kirche lag, umwaberte ihn der seichte Dunst. Der Wind hatte es noch nicht geschafft, ihn zu vertreiben, so fand Wilbur Scott zusätzlich Schutz.
Unter der Außentür sickerte ein bleicher Streifen. Der Geistliche hatte das Flutlicht nicht ausgeschaltet, auch zwei Fensterrechtecke waren von einer dunstigen Helligkeit erfüllt, die von Vorhängen etwas gedämpft wurde.
Die Klingel stammte noch aus alten Zeiten. Der Mann musste den Knopf tief drücken, um ein Geräusch zu hören. Das Scheppern klang, als hätte jemand Porzellan fallen gelassen.
Scott blieb vorsichtig. Er trat so weit von der Tür weg, dass derjenige, der öffnete, ihn nicht genau erkennen konnte. Seine Gestalt und auch die Gesichtszüge zerflossen im Dunst und in der grauen Dunkelheit der Nacht.
Das Türholz war so dick, dass er die Tritte nicht hörte. Vorsichtig wurde ihm geöffnet.
»Guten Abend, Herr Pfarrer.« Scott redete in der Landessprache und nahm so einen Teil des Misstrauens. Seine Kalkulation ging auf, denn der Geistliche zog die Tür weit auf.
»Bitte…?«
»Ich möchte mit Ihnen reden.«
Kabanek zwinkerte etwas. Ihm gefiel nicht, dass der Mann im Dunkeln stand. »Augenblick mal, wer sind Sie denn…?«
»Sie kennen mich!« Scott trat vor. Er lächelte dabei kalt und sah deutlich das Erschrecken auf dem Gesicht des anderen.
»Sie…?«
»Ja, ich. Überrascht? Es ist lange her, nicht wahr?« Er ging noch näher und hatte seine Waffe gezogen, aber die sah Kabanek nicht, weil er sich zu sehr auf das Gesicht des Mannes konzentrierte. Er spürte nur den Druck, der ihn in Magenhöhe erwischte.
Automatisch trat er einige Schritte zurück. Das genau hatte Scott gewollt, so konnte er das Haus betreten und die Tür mit einem Fußkick nach hinten schließen.
Sie standen sich im schmalen Flur gegenüber. »Hier können Sie nicht ausweichen, Pfarrer. Wenn ich schieße, dann zerreißt Ihnen die Kugel die Gedärme. Ich habe die Waffe mit Dumdumgeschossen geladen. Wissen Sie, was das bedeutet?«
»Nein, nicht…«
»Die Kugeln sind vorn abgeflacht. Die reißen Löcher in Ihren Körper so groß wie Fäuste. Also überlegen Sie sich gut, was Sie tun.«
»Ja, ich bin – meine Güte, ich kenne keine Gewalt. Ich habe sie nie angewendet.«
»Schön.«
»Das wissen Sie doch von damals.«
Scott zog die Finger der freien Hand durch seinen Spitzbart. »Sie standen stets auf der anderen Seite, das habe ich nicht vergessen. Sie haben mich verraten. Es war schließlich meine Tochter, mit der ich unterwegs war.«
»Schändlich haben Sie das junge Mädchen behandelt. Es war beinahe noch ein Kind. Schämen sollten Sie sich
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