0825 - Feuertraum
Schöpfers, der schon wusste, dass ich einmal sein würde. Nur er, und niemand sonst.« Dithu legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen; wohl eine Geste der Ehrerbietung vor seinem Schöpfergott.
»Er hieß Chael, und er ging mit seiner Freundin Helar, um alle Grenzen zu übertreten, die nicht übertreten werden dürfen. Ist es bei eurem-Volk auch so, dass die Kinder leichtsinnig und wissbegierig sind, und dass sie all das möchten, was man ihnen verbietet? Ja, ich vermute, wenn man ihnen nur eine Sache verbieten, und ihnen alles, alles andere erlauben würde - dann würden sie diese eine Sache tun, und wenn es sie das Leben kosten sollte.«
Zamorra dachte an eine der ältesten Überlieferungen der Menschheit und musste lächeln. »Unsere beiden Völker haben viel gemeinsam, Dithu.«
»Also gingen Chael und Helar in das Verbotene Gebirge, und unterwegs trafen sie Enulam. Zu dritt näherten sie sich dem Platz, den nur die Wächter betreten durften. Dort befand es sich.« Der Alte sprach nicht mehr weiter.
»Das Tor in die Hölle der Unsterblichen?«
»Davon reden wir, nicht wahr? Die Wächter sorgten dafür, dass niemand, auch kein Tier, es durchschritt, denn schon damals berichtete die Sage von den unendlichen Qualen, die auf der anderen Seite lauern. Aber die drei Kinder lenkten die Wächter ab, und da diese sorglos waren, fielen sie auf das unschuldige Tun herein, das zum Spiel des Verderbens werden sollte.«
***
Charina und ihr untoter Diener wanderten seit einiger Zeit - doch nicht, wie die Dämonin zunächst befürchtet hatte, planlos. Seit sie die Lebensenergie der affenartigen Intelligenz in sich aufgenommen hatte, nahm sie von überall her Schwingungen wahr, die von Individuen dieses Volkes stammten.
Die Dämonin bedauerte es, dass sie sich nur auf konventionelle Art fortbewegen konnte - zu Fuß. Hier in Samila waren ihr räumliche Versetzungen durch ihre magischen Kräfte nicht möglich; eine Eigenart dieser Dimension. Das war bereits bei ihren vorherigen Besuchen so gewesen.
Einer dieser Schwingungen folgte sie. Sie waren nicht mehr weit von der Kreatur entfernt, die sie aussonderte. Es war nur noch eine Frage der Zeit…
»Wir werden uns ihm freundlich nähern«, instruierte sie ihren Diener. »Erst wenn er uns alles gesagt hat, was er weiß, werden wir ihn töten.«
Abrupt blieb sie stehen und hob eine Hand. Das kleine Pelzwesen saß in der Krone eines nahe gelegenen Baumes. Es bewegte sich nicht, war kaum zu entdecken. Sein brauner Körperpelz verschmolz nahezu mit den Ästen, und die großen Blätter des Baumes verdeckten ihn fast vollständig.
Doch Charina benötigte ihre Augen nicht, um die Kreatur zu finden… die Dämonin folgte einer unsichtbaren, magischen Ausstrahlung.
»Komm zu uns herab«, rief sie mit einschmeichelnder Stimme, und sie breitete die Arme aus. Das weiße Kleid schwang sanft an ihrem Körper. »Wir wissen, dass du intelligent bist, denn wir trafen jemanden deines Volkes.«
Auch Feeney lachte einladend. »Wir freuen uns sehr, dass wir dich gefunden haben.«
»Ihr traft einen Abkömmling?«, fragte der Affenartige laut und von deutlichem Misstrauen geprägt.
Charina war einen Augenblick lang verwundert, doch dann wurde ihr klar, dass sich die Kreaturen offenbar mit diesem seltsamen Wort selbst bezeichneten. »Was wundert dich daran? Er war sehr freundlich und gütig.« Ihre Stimme war süß wie Honig.
»Mich wundert, wer ihr seid!«
»Ich heiße Charina, und das ist mein… Partner Ron Feeney.« Sie ließ ihr Haar durch ihre gespreizten Finger fließen, eine Geste, die auf die meisten Spezies betörend, kindlich und unschuldig wirkte.
»Mein Name tut nichts zur Sache, denn auch eure Namen erklären nicht, wer ihr seid! Ich traue euch nicht! Ihr seid böse!« Gewandt kletterte der Abkömmling in der Krone des Baumes weiter nach oben. Seine Bewegungen erfolgten rasch und geschmeidig. »Ich spüre es!«
»Ganz wie du willst.« Die Dämonin schoss einen Feuerstrahl ab. Knapp oberhalb des Wesens stand das Holz sofort lichterloh in Flammen.
Ein hohes, ängstliches Fiepen ertönte, und der Affenartige sprang in die Krone des Nachbarbaumes, der fünf Meter entfernt stand.
»Eine erstaunliche Kreatur«, sagte Charina leise und steckte auch diesen Baum in Brand.
Ihr Opfer floh weiter, und Charina hinterließ ein Flammenmeer. Die Jagd bereitete ihr diabolische Freude.
Bald war dem Abkömmling jede Fluchtmöglichkeit abgeschnitten. Ängstlich kauerte er auf dem
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