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0827 - Der Rosenfluch

0827 - Der Rosenfluch

Titel: 0827 - Der Rosenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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noch tiefere Falten. Ein Zeichen, dass das Kind überlegte. Iris gab die Antwort. »Ich will es nicht!«
    »Nicht nach Hause?«
    »Ja.«
    »Willst du überhaupt weg?«
    Das Mädchen nickte.
    »Und wohin?«
    »Ich muss weg!« flüsterte die Kleine und schleuderte die Decke zurück, um aufstehen zu können. »Ich – ich kann einfach nicht mehr hier bei dir bleiben, verstehst du?«
    Bea Quentin schüttelte den Kopf, denn sie begriff nichts. Die Reaktion ihrer Tochter erschreckte sie. Das war nicht mehr die Iris, die sie kannte. Abgesehen von ihrem Äußeren hatte sie sich auch innerlich verändert. Beas Ansicht nach war innerhalb von Sekunden aus dem Kind eine erwachsene Frau geworden, und wenn sie ehrlich war, fürchtete sie sich davor.
    Vor dem Bett war Iris stehen geblieben, die kleinen Hände hatte sie zu Fäusten geballt. Auch der Ausdruck ihrer Augen war nicht mehr der gleiche. Sehr hart und kalt schaute sie die Mutter an. So etwas kannte Bea nicht von ihr, und sie merkte genau die plötzliche Entfremdung zwischen ihnen.
    »Ich will weg!«
    »Dann sag bitte, wohin du willst.«
    »Zu ihm!«
    »Wen meinst du?« Die Stimme der Frau hatte einen schrillen Unterton angenommen.
    »Ich will den Mann mit den Rosen sehen. Ich will auf die Ruine. Der Mann mit den Rosen hat sich bei mir gemeldet. Ich habe ihn gespürt, als John bei mir war. Plötzlich war wieder alles lebendig in meinem Kopf. Ich muss zu ihm. Er hat mich gerufen. Keiner kann mich aufhalten, Mum, keiner.«
    Bea Quentin hatte genau zugehört.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist verrückt!« flüsterte sie. »Das ist total verrückt und nicht nur das, es ist auch unmöglich. Du kannst doch nicht in die Wachau fahren. Das darfst du nicht.«
    »Ich will ihn sehen, und ich werde ihn sehen.« Iris trat wütend mit dem rechten Fuß auf.
    »Himmel, wer ist denn dieser Mann?«
    »Er verkauft die Rosen.«
    »Ist das alles?«
    »Nein!«
    »Was treibt dich dann zu ihm?«
    »Er wird es mir sagen. Er hat es mir schon in meinem Traum angedeutet. Er ist derjenige, dem ich jetzt vertrauen muss. Ich will noch einmal die Rosen sehen.«
    Bea verstand die Welt nicht mehr. Ihre Tochter war verrückt geworden.
    Sie führte es sofort auf die Behandlung durch diesen John Sinclair zurück.
    Dann schlug sie so laut gegen ihr Gesicht, dass es klatschte. »Reicht dir das nicht, Iris? Reicht dir diese Veränderung nicht, die du durchgemacht hast? Du bist vom Körper her ein Kind, aber du hast das Gesicht einer Greisin.«
    »Ich weiß.«
    »Dann bleib doch hier!«
    »Nein!« Ihre Stimme hatte sich verdunkelt, und Bea glaubte schon, dass jemand anderer aus ihrem Mund gesprochen hätte. Jemand, dessen Gesicht sie angenommen hatte. Die Mutter war überfordert, sie wusste nicht, wie sie es schaffen sollte, Iris von diesem Vorhaben abzubringen, denn sie war dabei, es in die Tat umzusetzen. Als Iris sich abwandte und auf den Kleiderschrank zuging, schien es Bea, als würde ein fremdes Mädchen durch das Zimmer laufen. Ein Wesen, das nicht länger von dieser Welt stammte.
    Iris drehte den Schlüssel einmal und hatte die Tür des Schrankes aufgeschlossen. Die Kleidung lag griffbereit in einem Fach. Iris griff danach, und ihre staunende Mutter schaute zu, wie die Tochter in die Hose stieg, den Pullover überstreifte und zum Schluss noch den gefütterten Anorak hervornahm.
    Das alles erschien ihr völlig wirklichkeitsfremd. Sie schrak zusammen, als Iris den Reißverschluss in die Höhe zog.
    »So«, sagte Iris.
    »Und jetzt?«
    »Lass mich gehen!«
    Bea schluckte. Sie suchte nach Worten. »Du – du – willst das Zimmer tatsächlich verlassen?«
    »Ja.«
    »Aber du kannst doch nicht…«
    »Der Mann mit den Rosen hat mich gerufen. Ich werde zu ihm fahren. Ich will hin.«
    In diesem Augenblick brach bei Bea Quentin ein Damm. Sie hatte sich bisher zu stark zurückhalten müssen, nun aber schäumten die Gefühle über, und sie dachte daran, die Tochter mit Gewalt zurückzuhalten.
    »Nein!« rief sie, lief rückwärts zur Tür, stellte sich dort hin und breitete die Arme aus. »Nein, so etwas lasse ich nicht zu. Es reicht mir, dass dein Vater verschwunden ist. Du wirst nicht gehen. Du bleibst hier bei mir!«
    Iris kümmerte sich nicht um die Worte. Sie hatte einmal ihren Plan gefasst und ließ sich davon nicht abbringen. Sie schlug auch keinen Umweg ein, sondern schritt auf direktem Weg der Zimmertür entgegen, als würde sie ihre Mutter gar nicht zur Kenntnis nehmen. Die Haut in dem alten Gesicht

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