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0829 - Die Hölle der Unsterblichen

0829 - Die Hölle der Unsterblichen

Titel: 0829 - Die Hölle der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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berichtet hatte. Ich bin einhundert Jahre alt, und es geht mir gut, hatte er gesagt.
    Andrew lief ein Schauer über den Rücken, als er den Alten beobachtete, der mit kraftvollen Schritten nach unten eilte. Wandte er tatsächlich einen Zauber an, um sich seine Körperkräfte und seine Gesundheit bis ins hohe Alter zu erhalten?
    Solche eigennützig angewandte Magie war in den allermeisten Fällen schwarz -und das wiederum bedeutete, dass Lamy sich in diesem Fäll der Kräfte der Hölle bedient hätte. Diese Schlussfolgerung erschien Andrew allerdings unwahrscheinlich. Welches Geheimnis verbarg dieser Mann?
    Eine zweite Aussage Lamys kam ihm in den Sinn. Wie gerne hätte ich in Frieden noch zehn oder zwanzig Jahre hier verbracht… Der Alte hatte jedes dieser Worte ernst gemeint.
    Andrew wurde klar, dass die Geheimlehre, der Lamy angehangen hatte - oder noch immer anhing - große Kräfte in sich trug. Sid Amos hatte sie auf eine wirklich viel versprechende Spur gebracht.
    Lamy wandte sich um. »Woran denkst du?«
    Andrew antwortete nicht. »Wohin müssen wir gehen?«, fragte er stattdessen. »Ist es ein weiter Weg?«
    »Ich verbringe meinen Lebensabend nicht grundlos gerade hier«, erwiderte der Alte schmunzelnd. »Wir sind nahe. Sehr nahe. Doch wie ich schon sagte - der Ort ist gut geschützt.«
    Im Erdgeschoss angekommen, zog Lamy den Schlüsselbund. Damit schloss er eine alte Holztür auf. Sie schwang knarrend nach innen. »Wir werden in den Keller gehen«, kommentierte der Alte und tastete in der Dunkelheit an der seitlichen Wand, bis er einen Lichtschalter fand.
    Die von der Decke baumelnde nackte Glühbirne erhellte eine steil nach unten führende steinerne Treppe. Andrew fröstelte, als er die ersten Stufen hinabschritt. Es war kalt, und an den nackten Wänden glitzerte Feuchtigkeit.
    »Dieses Haus hat eine sehr lange Geschichte, und die Kellergewölbe sind seit der Erbauung niemals renoviert worden -der Hausbesitzer hält es nicht für nötig. Keiner der Bewohner bewahrt hier unten etwas auf. Es erscheint ihnen zu nass, und obwohl sie es niemals zugeben würden, haben sie Angst, hier herunterzukommen.«
    »Ich kann es nach vollziehen«, antwortete Andrew leise.
    Er fühlte sich beklommen, sein Blick huschte unruhig hin und her. Es gab zahlreiche düstere Winkel, und in jedem dieser schwarzen Flecke schien etwas Böses zu lauem. Ihm war, als bewege sich etwas in der Dunkelheit, immer dann, wenn er nicht hinsah - sobald er den Kopf drehte, konnte er nichts mehr erkennen. Darüber hinaus schien das leise Raunen vieler Stimmen die Luft zu erfüllen, und es roch modrig nach Verwesung.
    »Du spürst es auch?« Lamy kicherte. »Geh dagegen an. Es ist ein Teil der Maßnahmen, mit denen wir die Bibliothek schützten.«
    Ein Schutzzauber… das erklärte wohl auch, warum sich der Hausbesitzer niemals um die Kellergewölbe kümmerte. »Wen meinst du mit wir?«
    »Aber, aber, mein junger Freund.« Der Alte hatte das Ende der steilen Treppe erreicht und wandte sich um. »Mein alter Freund«, verbesserte er sich. »Heute mag ich der Letzte sein, der sozusagen offiziell um die Geheimlehre und ihre Hinterlassenschaft weiß, aber das war nicht immer so. Als wir die Bibliothek vor der Außenwelt schützten, waren wir noch viele. Es war eine böse Zeit damals.«
    »Der Zweite Weltkrieg?«
    »Eine böse Zeit«, wiederholte der Hundertjährige und nickte. »Hätten wir die Bücher und Manuskripte nicht in Sicherheit gebracht, wären sie wohl ein Raub der Flammen geworden, wie so vieles andere. Ein unschätzbarer Verlust. Oder nicht?«
    »Wer wird die Bibliothek hüten, wenn du nicht mehr bist?«
    »Wie kommst du darauf, dass es einen Hüter geben wird?«
    »Willst du sie der Vergessenheit anheim fallen lassen?«
    »Zerbrich dir nicht den Kopf über Dinge, die längst entschieden sind und die dich nichts angehen. Sei froh, dass du heute gekommen bist und nicht in einem halben Jahrhundert. Mich hättest du dann nicht mehr gefunden. Selbst meine Uhr läuft irgendwann ab.«
    Lamy ging nun weiter, in einen unbeleuchteten Teil des Kellers. Andrew wollte ihm folgen, aber er verspürte einen unbeschreiblichen Widerwillen dagegen, eine lähmende Angst. Seine Füße wollten den Befehlen seines Gehirns nicht gehorchen… Sie schienen am Boden festzukleben, nein, in ihn hineinzusinken wie in tödlichen Treibsand.
    »Geh dagegen an!«, rief der Greis. »Es ist eine Illusion!«
    Andrew atmete tief die abgestandene Luft. Es roch muffig und Ekel

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