083 - Der Moloch
Waffenschrank und holte das nächstbeste Gewehr heraus. Er entsicherte es und trat damit auf den Korridor hinaus.
Es herrschte Stille. Die Tür zu Fabiennes Kabine stand offen. Er ging darauf zu. Hinter sich hörte er die tapsenden Schritte des barfüßigen Mädchens. Sie berührte mit ihrer vom kalten Schweiß feuchten Hand seinen Rücken.
Parker glaubte, eine unheimliche Drohung zu spüren, als er die Kabine betrat. Er lauschte, konnte aber nichts hören. Kurz entschlossen knipste er das Licht an. Als er auf das Bett blickte, sah er an Stelle von Pepe Montez ein menschliches Skelett dort liegen.
Fabienne wollte schreien, doch Parker preßte ihr die Hand gegen den Mund.
„Du weckst noch alle auf!“ herrschte er sie an.
Sie deutete mit schreckgeweiteten Augen auf das Skelett, das auf der zerwühlten Decke lag.
Parker wollte in die Kabine gehen, doch Fabienne hielt ihn zurück.
„Laß es!“ bat sie. „Laß es für heute nacht gut sein! Du kannst ihn morgen zur Rede stellen.“
Parker gehorchte. Er schaltete das Licht aus, schloß die Tür von außen und kehrte mit Fabienne in seine Kabine zurück.
„Du kannst bei mir schlafen. Auf eine mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an.“
Er verfrachtete sie zwischen die beiden anderen Mädchen in seinem Bett. Selbst legte er sich auf die schmale und viel zu kurze Couch. Dennoch war er kurz darauf eingeschlafen.
Am nächsten Tag war der Himmel verhangen. Dorian sah es vom Bett durch die Luke. Vali schlief noch, doch sie schreckte hoch, als an die Kabinentür geklopft wurde.
Jemand hantierte an der Klinke herum, und dann rief eine Mädchenstimme: „Frühstück ist da!“ Dorian schlüpfte in seinen Pyjama und öffnete. Draußen stand Doris mit einem Tablett. Dorian war froh, sie so munter und frisch zu sehen.
„Seit wann spielen Sie Steward?“ fragte er lächelnd, als sie an ihm vorbei in die Kabine ging.
„Wir Mädchen haben beschlossen, von nun an den Service selbst in die Hand zu nehmen“, sagte sie und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. „Schließlich kann niemandem zugemutet werden, daß er schon am frühen Morgen mit diesem Frankenstein-Monster von einem Steward konfrontiert wird.“ „Sind Sie über den Schreck hinweggekommen?“ wollte Dorian wissen.
„Am Tag sieht alles anders aus“, meinte Doris mit schwachem Lächeln und fuhr sich über die Narbe an ihrem Hals. „Fabienne sagte, daß sie mir ein Schlafmittel gegeben hat. Ich schlief wie eine Tote. Arme Fabienne!“
„Warum?“ fragte Vali vom Bett aus.
„Pepe hat auch ihr einen Schabernack gespielt“, erzählte Doris. „Jetzt hält sich diese feige Memme versteckt, weil er wohl eingesehen hat, daß er zu weit gegangen ist.“ Sie lachte. „Ideen hat Pepe schon! Er legte statt seiner einfach ein Skelett zu Fabienne ins Bett.“
Dorian wurde stutzig. „Und Sie sagen, daß er danach nicht wieder aufgetaucht ist?“
„Wir werden ihn schon finden. Und dann gnade ihm Gott!“
Nachdem Doris gegangen war, kleidete sich Dorian hastig an, schlürfte dabei seinen Kaffee hinunter und kaute die im Backrohr aufgewärmten Hörnchen. Vali folgte seinem Beispiel. Sie wechselten kein Wort.
Als Dorian an Deck kam, standen dort Adrian West, die unvermeidliche Hasselblad umgehängt, Geronimo, Rosi und Gloria diskutierend beisammen. Sie trugen wasserdichte Jacken.
„Hat man Montez schon gefunden?“ erkundigte sich Dorian.
Sie verneinten kopfschüttelnd.
„Wir haben schon fast jeden Winkel des Bootes abgesucht“, erklärte Adrian West. „Aber von Pepe fehlt jede Spur. Es hätte uns nicht einmal verwundert, wenn er mit dem Beiboot abgehauen wäre. Aber das Boot ist da. Und seine Sachen auch – einschließlich des Skeletts.“
„Fabienne hat es sich angesehen und behauptet, daß es ein Menschenskelett sei“, sagte Rosi sensationslüstern.
Geronimo stand mit ernstem Gesicht daneben.
„Jeff und Cliff sind im Vorschiff und untersuchen die Mannschaftskojen. Danach wollen sie sich den Maschinenraum vornehmen“, berichtete Adrian West weiter. „Wenn Pepe auch dort nicht ist, sind wir am Ende unserer Weisheit angelangt.“
Vali kam an Deck.
„Du bleibst bei den anderen“, trug Dorian ihr auf und stieg zum Maschinenraum hinunter.
Hier roch es intensiv nach Dieselöl. Die beiden Motoren, von denen jeder tausend PS entwickelte und jeder eine Schiffsschraube antrieb, arbeiteten gleichmäßig.
Der Maschinist stand an einer Werkbank und drehte an einem Leitungsrohr ein
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