0830 - Die vierte Inkarnation
Kopf hin und her. Er schien seine Umgebung mißtrauisch zu beobachten.
Hallmann lächelte unsicher.
„Ich war gerade bei ihm", berichtete er. „Dabei hat er versucht, mich in den Hals zu beißen."
„Ist er geisteskrank?"
„Das glaube ich nicht! Er hat sich völlig verändert." Der Arzt stockte und starrte auf den Boden.
„Sagen Sie, was Sie denken!" verlangte Atlan.
„Der Patient benimmt sich wie ein Tier! Das ist eindeutig. Seine Verhaltensweise ist die eines Tieres."
Er deutete auf die Wand. „Passen Sie auf, was jetzt geschieht."
Über Sprechfunk gab er an die beiden Medo-Roboter im Behandlungsraum Befehle.
Einer der Roboter brachte Gahlmann eine Schüssel mit Brei und stellte sie auf das Tischchen neben dem Bett.
Nachdem der Roboter sich zurückgezogen hatte, streifte Gahlmann mit scharrenden Bewegungen der Hände und Füße die Decke von seinem Körper. Dann beugte er sich aus dem Bett und schnupperte an der Schüssel.
Die Szene war gespenstisch. Atlan hielt unwillkürlich den Atem an.
Plötzlich tauchte Gahlmann das Gesicht in die Schüssel und begann mit der Zunge Brei aufzunehmen.
Atlan wandte sich ab.
„Es ist schrecklich!" sagte Dr. Hallmann.
Der Arkonide ging zu der Sprechfunkverbindung und schaltete sie ein.
„Preux Gahlmann!" rief er. „Hier spricht Atlan! Hören Sie mich?"
Gahlmann hob den Kopf und schien zu lauschen. Dann fuhr er fort Brei zu schlecken.
„Er hört Sie, aber er scheint Sie nicht zu verstehen!" sagte Hallmann. „Wir können uns nicht mehr mit ihm verständigen. Er ist wie ein Tier - in allen Belangen."
„Die anderen Patienten dürfen ihn nicht sehen", entschied Atlan. „Es könnte zu einer Psychose kommen."
„Natürlich", pflichtete ihm der Multi-Mediziner bei. „Das habe ich bereits bedacht und entsprechende Maßnahmen getroffen. Ich stehe mit den anderen Ärzten in Verbindung und habe außerdem eine Diagnose über Funk an SENECA geben lassen."
Inzwischen hatte Gahlmann den Brei verzehrt. Er begann, sein Gesicht zu reinigen, indem er mit den zu Fäusten geballten Händen von der Seite nach vorn über den Mund strich.
„Als was mag er sich verstehen?" fragte Atlan bedrückt.
„Ich habe einen unserer Verhaltensforscher konsultiert", sagte der Arzt dumpf. „Er meint, Preux Gahlmanns Benehmen sei am ehesten mit dem einer Ratte vergleichbar."
*
Die Nachricht von der schweren Erkrankung eines Besatzungsmitglieds hatte zu einer Verschlechterung der angespannten Stimmung im Lagerraum 23 geführt. Obwohl über das Problem kaum gesprochen wurde, beschäftigten sich die hier arbeitenden Menschen in Gedanken ununterbrochen damit. In den Gesichtern konnte Rhodan eine stumme Frage lesen: Wen trifft es als nächsten?
Die Untersuchung der Sphäre mit der Inkarnation wurde in zwei Schichten durchgeführt. Nur die Zellaktivatorträger hielten sich ununterbrochen im Lagerraum auf, die anderen Männer und Frauen lösten sich alle sechs Stunden ab.
Für die Ruhepausen waren neben dem Lagerraum in aller Eile Schlafunterkünfte eingerichtet worden.
Dadurch wurde vermieden, daß die mit der Untersuchung beschäftigten Besatzungsmitglieder den inneren Sicherheitsring verlassen mußten.
Rhodan begab sich zu Gucky, der die Sphäre beobachtete und zog ihn zur Seite, um ungestört mit ihm sprechen zu können.
„Vergiß die Inkarnation für ein paar Minuten, Kleiner. Ich möchte, daß du dich um diesen Gahlmann kümmerst."
„Soll ich zu ihm gehen?" erkundigte sich der Mausbiber.
Rhodan schüttelte den Kopf.
„Ich will nicht, daß du den Lagerraum verläßt. Es könnte sein, daß wir dich hier brauchen. Aber du mußt versuchen, Gahlmann von hier aus telepathisch zu untersuchen. Finde heraus, was er denkt oder ob er überhaupt noch etwas denkt."
„Ich habe es bereits getan", gestand der Ilt kleinlaut.
Rhodan sah ihn mißtrauisch an.
„Warum hast du mir nichts davon berichtet? Was hast du herausgefunden?"
„Nicht viel! Gahlmanns Gedanken sind vergleichsweise primitiv und drehen sich um Fressen, Sicherheit und potentielle Feinde." Gucky schüttelte sich. „Es sind die mentalen Impulse eines Tieres."
„Gibt es Anhaltspunkte, was seine Veränderung ausgelöst haben könnte?"
„Überhaupt nicht! Vielleicht hat er sich zu Beginn seiner Veränderung als krank empfunden, aber das ist jetzt vorbei.
Von seinem Standpunkt aus ist er durchaus in Ordnung.
Dieses Bett im Behandlungsraum ist sein Nest. Dort lebt er, und seine Interessen konzentrieren sich
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