0831 - Leichen frei Haus
beherrschten diesen Friedhof. Er war der letzte unter ihnen.
Die anderen waren tatsächlich in den letzten Tagen verschwunden, und er wußte nicht, wie es überhaupt dazu hatte kommen können.
Ihm gehörte der alte Friedhof, er würde in den engen Gängen mit keinem anderen mehr zusammenstoßen, und da war es noch schlimmer, daß jemand versuchte, ihm die Nahrung zu nehmen.
Der Ghoul wußte auch, wer es getan hatte, denn er hatte die beiden Männer in dem Grab beobachten können. An der Seite endete ein Tunnel, und er hatte dicht vor dem Loch gehockt und gegen die Beine der Frevler geschaut.
Sie hatten ihn nicht entdeckt, trotzdem war er ihnen aufgefallen, und das mußte einzig und allein an seinem Leichengestank gelegen haben, den jeder Ghoul absonderte. Die Ghouls bestanden zumeist aus einer schleimigen Masse, auch wenn sie es verstanden, hin und wieder auszusehen wie Menschen.
Auch dieser Ghoul wirkte beinahe menschlich oder mehr wie eine Mischung aus Mensch und Monster. Der Schleim umwallte seine knochige Gestalt. Von einer männlichen Leiche hatte er das Totenhemd abgerissen und es sich übergestreift. Sein Haar bildete eine Mischung aus Dreck und Schleim. Es lag als stinkende Masse auf seinem Schädel. Ansonsten blubberte der Schleim nur aus seinem Mund, wenn er auch in seinem Innern hochgedrückt wurde.
Das Grab war leer.
Noch hielt sich der Ghoul zurück. Er hatte nur seinen schmalen häßlichen Schädel vorgestreckt und bewegte den Kopf von rechts nach links, um in jede Ecke des Grabs schauen zu können.
Hier wartete niemand mehr.
Der Ghoul kroch weiter. Schleim begleitete ihn und schuf einen glatten, sicheren Weg.
Er glitt in das Grab!
Es gefiel ihm überhaupt, daß es offen war und jeder hineinschauen konnte, und er spürte auch die Nähe der Menschen, aber sie befanden sich glücklicherweise zu weit vom Grabrand entfernt, als daß sie einen Blick in die Grube geworfen hätten.
Er glitt weiter.
Die Beine mußte er noch aus dem dünnen Loch in der Grabwand ziehen, dann hockte er auf dem Grund.
Der Ghoul drückte seinen Kopf zurück und schaute in den kalten, dunklen Winterhimmel hoch über sich. Die Sterne grüßten ihn ebenso wie der Mond, aber die Gestirne interessierten ihn nicht. Für ihn waren die Gestirne nicht wichtig, ihn interessierten einzig und allein die Menschen in seiner Nähe.
Sie waren die Beute… eine gute, eine frische Beute, und sie würden seinen Hunger stillen, vorausgesetzt, er schaffte es, sie zu töten, aber das bedeutete keine Probleme für ihn, denn er wußte, wie stark die Angst der Menschen vor ihm war. Kreaturen wie die Ghouls brachten den Tod, und er kannte keinen Menschen, der stärker gewesen wäre als er.
Warten, lauern…
Er hörte die Stimmen.
Sie sprachen miteinander, sie waren ahnungslos, und seine ausgefransten Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Ja, er würde sie holen. Vielleicht nicht alle, aber einer oder zwei reichten ihm, um satt zu werden.
Der Ghoul blieb nicht mehr in seiner hockenden Haltung. Er richtete sich langsam auf, damit er über den Grabrand hinweg auf seine Opfer schauen konnte.
Er bewegte sich leise, was ihm auch gelang, denn der Schleim machte ihn geschmeidig. Ein Wesen wie dieser Leichenfresser spürte weder Kälte noch Hitze, er verhielt sich neutral und konnte sich bei jeder Witterung ideal bewegen.
Zwei Hände umklammerten den Grabrand. Sie waren so blaß wie das Eis auf dem Boden, und die Finger krümmten sich, als der Ghoul Halt suchte, um sich in die Höhe zu ziehen.
Er schaffte es leicht, schaute mit seinem häßlichen und entstellten Gesicht über den Grabrand hinweg - und sah seine Opfer.
Die aber sahen auch ihn!
***
Süßlich, modrig, widerlich und auch irgendwo stockend erreichte der Gestank meine Nase. Und nicht nur meine, denn auch Suko schnüffelte den Leichengestank ein.
»John…«
Ich ließ ihn nicht zu Ende sprechen. »Das ist ein Ghoul, verdammt! Das muß einer sein!«
»Aber nicht im Sarg.«
»Es riecht nach Leiche«, sagte der Glatzkopf. Er schüttelte sich und sah aus, als wollte er fliehen.
Ich hob den Arm und zielte mit der Waffe auf ihn. Die Mündung zeigte auf seine Stirn. »Bleiben Sie ruhig. Wir erledigen das.«
»Nein, ich!« flüsterte Suko und steckte die Beretta weg. Er umfaßte dafür den Schwertgriff mit beiden Händen. Ich wußte, was er vorhatte und nickte ihm zu.
Suko mußte sich drehen, um dorthin zu gehen, wo uns der Leichengeruch entgegenströmte. Es war das offene
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