0831 - Patrouille der MVs
Trivideo-Fernsendungen mitgeteilt wurde. Leuchtende Farbbögen waren demnach nicht notwendig und deshalb ökonomisch nicht vertretbar.
Als er zudem eine Funkverbindung mit Haval Melnik herstellte und erfuhr, daß NATHAN immer noch nicht die Kontrolle über das Second-Computersystem und damit über Klima und Wetter dieser Region übernommen hatte, wurde ihm der leuchtende Bogen vollends rätselhaft.
Kurz entschlossen stellte er eine Funkverbindung mit der Einsatzzentrale auf der SOL her, schilderte einem der Diensttuenden das Phänomen und erbat Ratschläge, wie er sich verhalten sollte.
Der Diensttuende konnte mit der Beschreibung des Phänomens nichts anfangen und fragte bei einer Nebenstelle SENECAs nach. Als sein Abbild wieder auf dem kleinen Telekomschirm erschien, wirkte seine Miene verlegen. „Es handelt sich um einen sogenannten Regenbogen", teilte er Ngorok mit. „Eine atmosphärische Lichterscheinung, die durch Brechung, Spiegelung und Beugung der Sonnenstrahlen in Regentropfen zusammen mit Interferenzerscheinungen entsteht. Sie soll auf der Erde und auf erdähnlichen Planeten etwas Normales sein."
„Es ist wirklich eine natürliche Erscheinung?" fragte Ofool Ngorok ungläubig. „Bisher dachte ich, dazu brauchte man einen kostspieligen Videoplast-Gestaltprojektor."
„Ich kann nur sagen, was die Nebenstelle SENECAs mir erklärt hat", erwiderte sein Gesprächspartner.
Ofool schaltete ab und betrachtete den Regenbogen und die Landschaft mit einem völlig anderen Gefühl.
Er war von Ehrfurcht und Bewunderung gepackt worden und ahnte plötzlich, weshalb die Erdgeborenen auf der SOL so versessen darauf gewesen waren, die Erde wiederzufinden - und danach, sie aus der Herrschaft der Kleinen Majestät zu befreien.
Einige Stunden später schnallte Ofool Ngorok sein Flugaggregat um und flog hinüber zur Stadt Makindu.
Er war neugierig darauf geworden, wie die ehemaligen Bewohner dieses irdischen Ortes gelebt hatten - eine Regung, die er zuvor bei sich für undenkbar gehalten hätte. Unterwegs sah er die kegelförmigen Roboter des Typs TARA-VI-UH dicht über dem Boden schweben. Sie hatten sich im Umkreis von zirka fünf Kilometern gleichmäßig verteilt.
Sekunden später meldete sich der Führungsroboter über Telekom und fragte an, ob Ngorok eine Eskorte zu seinem Schutz wünsche. Der Ingenieur verneinte. Er sah zwar hier und da kleine Gruppen gehörnter Tiere, die er nach INFO-Filmen als „Rinder" definierte, und er erblickte auf der vom Wolkenbruch freigewaschenen Felskuppe eines Hügels mehrere gelbbepelzte Großkatzen, aber er stufte weder die einen noch die anderen als Gefahr für sich ein.
Als er den Stadtrand erreichte, landete er - und zum erstenmal seit dem Ende des Regens blickte er sich um.
Und wieder schaute er ungläubig und verwundert auf eine Erscheinung, deren natürliche Entstehung er bezweifelte. In Richtung Süden schwebte in großer Entfernung ein gewaltiges Bergmassiv mit zwei weißleuchtenden Gipfeln in der Luft.
Im ersten Augenblick dachte Ofool an eine riesige Batterie von Kraftfeldprojektoren, die offenbar von einer anderen Gruppe der SOL eingesetzt wurden, um ein ganzes Bergmassiv zu versetzen. Doch dann wurde ihm klar, daß ein solches Unterfangen keinen praktischen Nutzen haben konnte.
Da er nicht schon wieder bei der SOL nachfragen wollte, dachte Ofool Ngorok angestrengt über das Phänomen nach, suchte die Informationen zusammen, die er über die Erde und ihre Naturerscheinungen besaß -und fand die Lösung.
Das Bergmassiv schwebte demnach nicht in einigen hundert Metern Höhe frei in der Atmosphäre, sondern war fest mit der Erdoberfläche verbunden. Er sah nur das untere Drittel nicht, da es von Wolken oder Nebel verdeckt war.
Aber obwohl diese Erklärung ziemlich simpel anmutete, blieb Ofools Bewunderung für den Reichtum der Natur an imposanten Erscheinungen.
Der Ingenieur drehte sich schließlich wieder um und drang in die Stadt ein - oder vielmehr in das, was von ihr übriggeblieben war. Auch hier hatte es tektonische Erschütterungen gegeben - wie an zahllosen anderen Stellen der Erdkruste. Rund ein Viertel aller Häuser waren eingestürzt, der Rest mehr oder weniger schwer beschädigt.
Im Grunde genommen, überlegte Ofool Ngorok, sind die Beben auf der Erde ohne große Folgen geblieben, wenn man sich vergegenwärtigte, daß die Erde - wie die meisten anderen Planeten - nichts als eine riesige Kugel aus flüssiger Glut war, auf der sich eine
Weitere Kostenlose Bücher