0833 - Hexenliebe
befand.
Suko wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er sich bewegte. Die Arme und die Beine zog er zugleich an. Mit den Händen stützte er sich an den Sessellehnen ab und stemmte sich in die Höhe.
Dann stand er vor dem Möbelstück, ohne daß die andere Person da draußen eine Reaktion gezeigt hätte. Sie ließ Suko in Ruhe und tat so, als wäre er nicht vorhanden. Suko schlug keinen Bogen. Er näherte sich dem Fenster und blieb vor der Scheibe stehen.
Wieder schauten sie sich beide an.
Und wieder lächelte die Person, aber es war kein freundliches Lächeln. Suko konnte mehr von ihr sehen, und er hatte das Gefühl, als würde sie in der Luft hocken. Ihre Haut schimmerte ziemlich hell. Sie stand im krassen Gegensatz zu der dunklen, knappen Lederkleidung, die wirklich kaum etwas verhüllte.
Nicht deswegen schwitzte Suko. Es war allein die Tatsache, daß diese Person in der Luft schwebte.
Er war sehr vorsichtig, als er den Fenstergriff umfaßte. Zum Glück klemmte er nicht, und auch das Fenster ließ sich ohne Schwierigkeit ausziehen.
Kalte Luft wehte Suko an.
Die Frau starrte ihm in die Augen.
Und plötzlich zog sie sich zurück.
Suko hatte zwar mit einer derartigen Reaktion gerechnet, wurde aber trotzdem von ihr überrascht, weil eben alles so blitzschnell ging, denn die Person sackte vor seinen Augen in die Tiefe, als wollte sie sich selbst zu Tode stürzen.
Suko beugte sich vor.
Er sah sie in der Dunkelheit zu einem Schatten werden, der sich auf dem Weg nach unten immer wieder für einen kurzen Moment aufhellte, wenn er an einem beleuchteten Fenster vorbeihuschte.
Dann glaubte Suko zu sehen, wie sich die Person von der Hauswand entfernte, in einem Bogen wieder höher stieg und die hockende Haltung nicht verändert hatte.
Nun sah Suko den Grund.
Dieses Weib, dessen schwarze Haarpracht wie eine Fahne hinter ihm herflatterte, hockte auf einem langen Gegenstand. Sie hatte ihn sich zwischen die Beine geklemmt und erinnerte so an eine Hexe, die auf ihrem Besen den Teufel umritt, um, ihm zu dienen.
Ja, es war ein Besen. Ein struppiges Gebilde aus Reisig, das an seinem Ende auseinanderfächerte und dort Ähnlichkeit mit der Haarpracht dieser Person aufwies.
Suko wollte es selbst kaum glauben, aber es stimmte. Ihn hatte tatsächlich eine Hexe besucht, die auf einem Besen ritt. Das war der Hammer schlechthin!
Und sie war noch da.
Sie turnte auf ihrem Besen hockend durch die Luft, als wollte sie ihn im Reiterspiel verhöhnen. Ihr heller Körper schimmerte, die Brüste waren in einem knapp sitzenden Oberteil versteckt, das nicht so schwarz war wie die eng sitzende Hose. Es waren keine Stiefel, wie Suko jetzt sah, es war eine Hose, aus deren Beinöffnungen die blanken Füße hervorschauten. Die Hose saß wie eine zweite Haut und endete dicht unterhalb des Nabels.
Wieder fegte sie heran.
Suko hörte ihr grelles Lachen. Sie schleuderte es ihm entgegen, und er ging unwillkürlich einen Schritt zurück, aber die auf dem Besen hockende Hexe raste nicht durch das offene Fenster in die Wohnung. Kurz davor drehte sie ab und fegte dicht an der Hauswand entlang in die Höhe, als wollte sie in den dunklen Himmel tauchen.
Diesmal kehrte sie nicht zurück.
Suko wartete minutenlang, er beugte sich dabei aus dem Fenster, verdrehte den Kopf, um nach dieser namenlosen Person zu suchen, doch er fand sie nicht.
Er überlegte, ob er das Fenster schließen sollte. Er tat es, denn die Hexe kehrte nicht zurück.
Trotz der kalten Luft fühlte er sich etwas taub, als er sich wieder vom Fenster entfernte. Er mußte mit dieser Vorstellung erst einmal klarkommen. Fragen türmten sich vor ihm auf. Suko konnte sich beim besten Willen keinen Grund dafür vorstellen, daß dieses Wesen gerade ihn besuchte. Warum ihn? Warum nicht John Sinclair oder Bill Conolly? Was hatte er mit dieser ihm unbekannten Person zu tun? Beim ersten Erscheinen hätte er noch an einen Irrtum glauben können, das war nun vorbei.
So konnte er das nicht mehr sehen, diese Person war einzig und allein auf ihn fixiert. Er hatte sie nie gesehen, deshalb hatte er ihr persönlich auch nichts tun können. Warum dann ihr Erscheinen ausgerechnet bei ihm?
Bisher hatte Suko die Sache allein durchziehen wollen, jetzt aber mußte er mit seinem Freund John darüber reden. Er ging davon aus, daß er im Bett lag, und Suko wollte ihn auch nicht durch einen Anruf stören, deshalb verließ er seine Wohnung, ging die wenigen Schritte durch den halbdunklen Flur und blieb
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