0833 - Hexenliebe
vor der Tür des Geisterjägers stehen, weil ihm doch etwas aufgefallen war.
Es lag am Geruch.
Roch es nach Schwefeldampf oder nach irgendeinem anderen Gas? Vielleicht nach einem fremden Gewürz?
Er brachte dies sofort mit der Ankunft der besenreitenden Hexe in Verbindung, griff in seine Hosentasche und holte den Zweitschlüssel zur Wohnung seines Freundes hervor.
Suko bewegte sich leise, auch wenn er im kleinen Flur das Licht einschaltete.
In der Wohnung war es still. Es sah tatsächlich danach aus, als würde John schlafen.
Suko drückte die Tür des entsprechenden Zimmers auf und ließ auch vom Nachbarraum her Licht hineinsickern.
John lag in seinem Bett.
Er schlief tief und fest, er hörte nichts, denn Suko näherte sich normal laut seinem Bett. Als er daneben stehenblieb und seinen Freund an der Schulter rüttelte, tat es ihm beinahe schon leid. Der Geisterjäger wurde jedoch nicht wach.
Er lag da, als hätte man ihm einen Schlaftrunk gegeben. Suko sprach ihn an, schüttelte ihn wieder, doch John schlief weiter.
Ein böser Verdacht baute sich bei Suko auf. Es war für ihn vorstellbar, daß die Hexe eingegriffen hatte, daß sie John Sinclair, wie auch immer, in diesen tiefen, alptraumhaften Schlaf versetzt hatte, um sich mit Suko zu beschäftigen.
Der Inspektor mußte sich entscheiden, was er auch tat. Er entschied sich dagegen, seinen Freund zu wecken. Schließlich war er Manns genug, die Dinge allein durchzustehen, und er glaubte auch nicht daran, daß es der letzte Besuch dieser Hexe gewesen war.
Er zog sich aus dem Schlafzimmer zurück und schnupperte. Hing in Johns Wohnung der gleiche Geruch? Wenn ja, dann war er schwächer als zwischen den Wänden des Flurs, den Suko wieder betreten hatte und wo er zunächst stehenblieb.
Er war und blieb leer.
Nur der Lift befand sich in Bewegung, wie er anhand der fernen und leicht dunkel klingenden Geräusche hören konnte. Ansonsten lag die Stille wie Blei über dem Haus.
Er drehte sich um, schloß seine Tür wieder auf und betrat die Wohnung, die keinen Besuch bekommen hatte. Der erste Weg führte Suko zum Fenster. Wieder öffnete er es soweit wie möglich, lehnte sich hinaus und beobachtete den Himmel.
Er sah keine Sterne, auch der Mond war von den dicken Wolkenbergen verdeckt worden, und unterhalb dieser Decke bewegte sich nichts, was für ihn sichtbar gewesen wäre.
Die Hexe war zusammen mit ihrem Besen von der Dunkelheit der Nacht verschluckt worden. Irgendwo in einer für sie angenehmen Ferne hockte sie und lauerte.
Suko zog sich wieder zurück. Er ließ sich in seinen Sessel fallen und dachte über sein weiteres Vorgehen nach. Was war jetzt am besten? Wie vermied er Fehler?
So tun, als wäre nichts geschehen?
Nicht schlecht der Gedanke. Er würde in das Schlafzimmer gehen und sich in sein Bett legen. Und dann würde er noch etwas tun. Das Fenster nicht verschließen, sondern es offenstehen lassen, daß es von außen leicht nach innen gedrückt werden konnte. Suko war sicher, daß die Hexe, falls sie kam, dieses Geschenk annehmen würde.
Es gab wohl auf der Welt nur wenige Menschen, die in einer derartigen Lage so reagierten wie Suko. Die meisten hätten durchgedreht und sich bestimmt nicht ins Bett gelegt, um zu schlafen.
Allerdings zog sich der Inspektor nichts aus. Er ließ sogar die weichen Schuhe mit den dünnen Sohlen an, als er sich auf den Rücken legte und die Decke bis zum Hals über seinen Körper zog.
Es war kurz vor Mitternacht, die Zeit der Hexen, und darauf baute Suko seinen Plan auf.
Nur mußte er warten.
Das wiederum gefiel ihm nicht. Er lag in der Stille, konzentrierte sich und bekam nun zahlreiche Geräusche mit, die die Menschen in dem Hochhaus verursachten. So still war es in dieser Nacht also doch nicht.
Da hörte er des öfteren die Toilettenspülungen. Es rauschte irgendwo auch eine Dusche, selbst dünne Stimmen waren zu hören. Durch den Fensterspalt drang die kalte Luft wie der Atem irgendwelcher vor der Scheibe lauernder Geister.
Die Zeit wurde ihm lang. Auch für Suko waren es anstrengende Tage gewesen, und die Müdigkeit schlich wie lähmendes Gift durch seine Knochen. Er merkte, wie er allmählich matt wurde. Das Blut schien aus seinen Adern zu fließen. Das Bett verwandelte sich in eine weiche Masse, die ihn in die Tiefe zerren wollte. Auch die Decke veränderte sich. Mal wurde sie schwarz, dann wieder grau.
Es kam immer darauf an, wie oft Suko die Augen öffnete und schloß.
Suko wollte nicht einschlafen.
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