0833 - Hexenliebe
kleinen Schritten an die Seite des Kamins, wo sie stehenblieb und nach einem bestimmten Gegenstand faßte, ihn auch bekam und sich mit ihm in der Hand drehte, um die vorn zu einem Haken gebogene Eisenstange in die heiße Flut zu tauchen. Sie lachte dabei, sie krabbelte und spie Geifer.
Sie hatten ihren Spaß, denn sie versprach Suko alle Wonnen der Feuerfolter.
»Mein Brandmal wirst du bekommen. Ich werde dich anbrennen. Ich will es hören, wenn das Fleisch zischt. Zuerst an den Beinen, dann an den Armen, danach auf seiner Brust, und schließlich werde ich dir das Zeichen auch in dein Gesicht setzen. Weißt du, wie verbranntes Fleisch riecht? Wunderbar, sagte ich dir, denn auch die Haut wird noch verbrennen. Es kommt eben alles zusammen.« Sie hielt das glühende Ende in die Nähe ihres Gesichts und pustete dagegen. Dabei lachte sie.
Es hörte sich an, als würde Silberpapier in ihrer Kehle kratzen.
Noch einmal hielt sie das Ende des Eisens ins Feuer. Die Glut gab mehr Hitze ab, beinahe schon war das Eisen weiß, und so hatte es die Alte haben wollen.
Knurrend fuhr sie herum. »Wir sind allein«, keuchte sie. »Ganz allein. Meine jüngeren Freundinnen haben es mir überlassen, mit dir in die erste Stufe der Hexenfolter zu gehen. Ist das nicht wunderbar? Ich darf mich wieder rächen!«
Suko sah es als weniger wunderbar, aber das sagte er dieser häßlichen Person nicht. Er ärgerte sich nur über seinen eigenen Fehler. Anstatt in der Zwischenzeit die Waffe zu ziehen, hatte er auf dem Boden gelegen und ihr zu lange zugeschaut.
Ein Fehler.
Die Hexe war alt, und trotzdem noch schneller als der in Ketten gelegte Suko.
Das wollte sie ausnutzen, schätzte die Entfernung ab und gab sich durch ein Nicken ihr Startsignal.
»So«, sagte sie. »Es geht los.« Sie schaute gegen seine Brust. »Da werde ich dir das erste Zeichen einbrennen, mein Freund…«
***
Bevor ich mit der Suche begann, hatte ich mir noch ein Bild von meinem Freund geholt. Ich wußte, daß es eine irrsinnige Arbeit war, einen bestimmten Chinesen inmitten seiner Landsleute zu entdecken, von dem ich nur die Beschreibung und den Namen hatte.
Das Foto war mir durch einen Boten gebracht worden. In der Zwischenzeit hatte ich Zeit genug gehabt, mir einiges durch den Kopf gehen zu lassen. Schon in der letzten halben Stunde hatte ich daran gedacht, daß sich in Sukos Wohnung, doch etwas verändert hatte, und ich kam darauf, als ich das Bild erhielt, obwohl dies mit der Veränderung nichts zu tun hatte.
Das Blut war verschwunden!
Ich hatte ein normal weißes Bettlaken, aber kein Blut. Es mußte sich verflüchtigt haben. Ich ging davon aus, daß es kein normales Blut war, sondern in den Adern dieser Hexen geflossen war.
Hexenblut!
Ich nickte vor mich hin. Ja, das hatte es einfach sein müssen. Das Blut der Hexen. Vielleicht hatte sich Suko gewehrt und der einen oder anderen eine Verletzung zugefügt. Es konnte aber auch sein, daß mich die Hexen bewußt auf ihre Spur und damit in die Klemme gebracht hatten.
Das alles war möglich, aber das würde ich sicherlich noch herfinden können.
Ich bedankte mich bei dem Überbringer des Fotos, der wohl meinen etwas skeptischen Blick gesehen hatte, und fragte: »Sind Sie nicht damit zufrieden, Sir?«
Ich winkte ab. »Doch, doch, meine Gedanken drehten sich nur um ein anderes Problem.«
»Brauchen Sie mich noch, Sir?«
»Nein, danke.«
Der Mann grüßte, stieg auf sein Motorrad und fuhr weg. Ich schaute ihm einige Sekunden lang nach und dachte daran, daß auch Suko einmal ein Motorrad besessen hatte, das anschließend in einer anderen Dimension, in der Hexenwelt, verschollen war.
Das Foto steckte ich in die Seitentasche und fuhr dorthin, wo die meisten Chinalokale Sohos lagen.
Sie alle hätte Suko auf dem Weg von der U-Bahn nach Hause besuchen können, aber ich wußte auch, daß mein Freund nicht beim erstbesten Chinesen aß, sondern hohe Ansprüche stellte.
Ich war auch einige Male mit ihm hier in der Gegend essen gewesen, allerdings konnte ich mich an die Namen der Chinalokale nicht erinnern und auch nicht an deren Aussehen, weil doch viele gleich wirkten.
In den ersten beiden hatte ich kein Glück. Längst hatte ich beschlossen, alle zu besuchen. Ich ging auch davon aus, daß ein einzelner Gast aufgefallen war.
Die Lokale waren nur mäßig besucht. Um diese Jahreszeit fehlten die großen Touristenströme, dementsprechend dünn war auch die Gästedecke.
Daß mein Freund auf dem Weg nach Hause gegessen
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