0833 - Hexenliebe
geschafft. Auch ein Erfolg. In seinem Fall mußten es einfach die kleinen Dinge sein, an denen er sich hochziehen konnte.
Noch stand er auf der Stelle, von den Ketten gehalten und den Oberkörper nach vorn gedrückt. Er versuchte, seinen Atem zu kontrollieren, holte tief Luft, stieß sie wieder aus, und das ganze Ritual begann von vorn. So kam er einigermaßen dazu, wieder normal zu werden, und auch der Schwindel verschwand.
Noch war der erste Schritt nicht getan. Er war auch kein Filmheld, dessen Gelenke mit naturgetreuen Kunststoffketten gefesselt waren und das Klirren eingespielt wurde. Bei ihm war alles echt, auch die verdammte Schwere der Ketten.
Und so schwerfällig bewegte sich Suko nach vorn. Er fing mit einem Versuch an. Suko schob sein rechtes Bein vor, ohne es anzuheben, denn das kostete zuviel Kraft.
Die Sohle schleifte über den Boden, und Suko versuchte das gleiche mit dem linken Bein.
Auch hier klappte es.
Dann der nächste Test.
Er hob das rechte Bein.
Es fiel ihm schwer, aber es klappte besser, wenn er die Beine näher zusammenstellte, so konnte er sich wenigstens mit kleinen, wenn auch mühevollen Schritten weiterbewegen.
Sein Ziel war die Glut unter dem Rost. Es war einfach die Sehnsucht nach der Wärme oder dem Licht, die Suko zum Kamin hintrieb.
Unter dem Rost lagen die Kohlen. Sie waren zu einer kompakten Masse zusammengeschmolzen, sahen aus der Entfernung auch leicht gläsern aus, aber sie waren sicherlich heiß wie die Hölle in ihrem Zentrum.
Der dünne Rauch wurde von der großen Steinhaube geschluckt und zog dann durch den Kamin ab.
Nur mehr ein leichter Nachgeruch blieb zurück, an den Suko sich längst gewöhnt hatte.
Jetzt sah er, daß die nähere Umgebung des Kamins doch nicht so leer war, wie es aus der Entfernung ausgesehen hatte. Dort lagen einige alte Kleidungsstücke, nicht mehr als schmutzige Lumpen, und sie bildeten einen kleinen Hügel.
Der rote Schein fiel auf diesen Hügel und ließ ihn aussehen wie angestrichen.
Schritt für Schritt ging Suko auf den Kamin zu. Es war mehr ein Taumeln und Balancieren, denn würden die Schritte einmal zu groß, dann spannten die Klammern an den Gelenken, und durch Sukos Beine zuckte ein sehr böser Schmerz. Das rauhe Metall hatte seine Gelenke aufgescheuert, aber daran wollte er jetzt nicht denken. Er brauchte die Bewegung einfach, um nicht steif zu werden, denn kampflos wollte er sich auf keinen Fall ergeben. Wenn sie kamen, wußte er, was zu tun war, dann sollte auch die Hexenbrut ihr blaues Wunder erleben.
Er spürte bereits die Glut der Kohle. Sie wehte ihn an wie ein heißer Hauch aus einem Vulkan. Sie kroch an seinen Beinen hoch, und wenn er den Kopf senkte, erreichte sie auch sein Gesicht.
Suko blieb stehen.
Er hatte jetzt eine bessere Position erreicht, denn von dieser Stelle aus konnte er auch in die dunkle Gegend seitlich des Kamins hineinschauen, wohin das Licht einen Glutstreifen geschickt hatte.
Das wurde für ihn schnell uninteressant, denn plötzlich bewegten sich die Lumpen vor seinen Füßen.
Hätte er gekonnt, wäre er zurückgesprungen, so schaute er fasziniert zu, wie sich etwas aus den Lumpen hervorschälte, so zumindest sah es für Suko aus. Tatsächlich aber gehörten die Lumpen zu den Kleidungsstücken, die sich eine Person übergestreift hatte.
Es war eine Frau, wie Suko sehr schnell erkannte, denn unter einer hochgezogenen Kapuze schimmerte ein Gesicht mit uralter Runzelhaut und kleinen feuchten Augen.
Die Person war kleiner als Suko, und er dachte daran, daß sich kleine Kinder so eine Hexe vorstellten. Seine Annahme, es mit einer lebenden Leiche zu tun zu haben, erfüllte sich nicht, was nicht nur allein am Blick der Augen lag, sondern auch an den zischenden Geräuschen, die aus dem Mund der Alten drangen.
Worte waren es nicht gewesen, nur wollte Suko diese Person gern zum Sprechen bringen, sie aber kam ihm zuvor und streckte ihre Klauen aus. Ja, es waren Klauen und kleine Hände. Sie klammerte sich an Sukos Gürtel fest, dann stieß sie ihn um, lachte geifernd und schaute zu, wie der Inspektor vergeblich versuchte, das Gleichgewicht zu bewahren.
Er schaffte es nicht, fiel zurück und wieder auf den harten Steinboden. Sein durchtrainierter Körper bremste den Aufprall geschickt ab, aber er hatte nun das Pech, wieder zu liegen, und es würde schwer werden, wieder auf die Beine zu kommen.
Die Alte freute sich darüber. Sie kümmerte sich nicht mehr um ihn, hatte sich gedreht und schlurfte mit
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