0833 - Hexenliebe
passierte noch? Ist hier überhaupt etwas Ungewöhnliches vorgefallen?«
»Mit ihm?«
»Richtig.«
Der Besitzer nickte. Wieder hatte ich Angst um die Mütze, aber sie blieb auf dem Kopf. »Er hat das Gesicht der Frau gesehen und uns danach gefragt. Das war ungewöhnlich.«
Ich stellte keine Frage mehr, sondern saß unbeweglich auf dem Platz und schaute den Mann an. Das betrachtete er als Aufforderung, drehte sich auch um und deutete auf den Tisch, wo die beiden Mitarbeiter saßen und aßen. »Da hat er seinen Platz gefunden und das Gesicht hinter der Scheibe gesehen. Es war ein Frauengesicht, er hat es mir genau beschrieben, aber wir alle konnten uns daran nicht erinnern. Wir haben sie Frau nie gesehen, auch am gestrigen Abend nicht. Die hat nur ihr Kollege hinter der Scheibe entdeckt. Sie stand draußen und schaute hinein, als gäbe es hier etwas Besonders zu sehen.«
»Dabei wollte sie nur Suko sehen.«
»Das nehme ich an.«
»Was hat er dann getan?«
»Er ist gegangen.«
Ich überlegte einen Moment. »Haben Sie nicht mitbekommen, ob er sich mit der Frau traf oder nicht?«
»Nein, das habe ich nicht gesehen. Auch keiner meiner Mitarbeiter. Wir hatten einfach zu viel zu tun, da kann man sich nicht um Dinge kümmern, die außerhalb liegen.«
»Ja, das verstehe ich.«
»Schade, daß ich Ihnen nicht helfen konnte, Mister.«
Ich strich über meine Stirn. »Diese Frau, die keiner von Ihnen gesehen hat, wurde sie denn von meinem Kollegen beschrieben? Ich gehe mal davon aus, daß es der Fall ist.«
»Warum?«
»So reagieren Polizisten nun mal.«
»Er hat sie wohl beschrieben, und wir haben noch darüber gesprochen.«
»Das ist gut. Können Sie sich noch daran erinnern?«
»Ja, sie muß sehr hübsch gewesen sein.«
»Das ist mir zuwenig.«
»Bitte, etwas Geduld, Mister, ich muß nachdenken.« Das tat er auch, und er legte dabei seine Stirn in Falten. Er murmelte etwas vor sich hin, als wollte er seine Erinnerung aus dem Kopf saugen, und dann nickte er zweimal. »Ich weiß es«, sagte er leise. »Sie hatte lange, schwarze Haare. Sie muß auch ein wunderbares Gesicht gehabt haben, denn Ihr Kollege zeigte sich recht angetan.«
»Mehr wissen Sie nicht?«
»Er sah ja nur das Gesicht.«
Ich nickte vor mich hin. »Da haben sie recht, er sah nur ihr Gesicht.«
»Können Sie denn mit dieser Beschreibung etwas anfangen?« erkundigte er sich.
Ich gestattete mir ein Lächeln. »Das wird sich noch alles herausstellen, denke ich.«
»Mehr weiß ich nicht über diese Frau.«
Ich räusperte mich. »Mein Kollege hat dann Ihr Restaurant verlassen.«
»Stimmt.«
»Und diese Frau haben Sie nicht gesehen? Sie ist auch nicht zu Ihnen gekommen, um etwas zu essen?«
»Wo denken Sie hin! Das ist nicht geschehen. Ihr Kollege ging, und wir haben uns wieder um die Arbeit gekümmert. Wir wußten ja auch nicht, daß er Polizist ist, verstehen Sie?«
»Das ist mir schon klar.«
Tief holte der Koch Luft. »Es tut mir leid, ich wäre Ihnen gern behilflich gewesen…«
»Das glaube ich Ihnen sogar. Wie dem auch sei, ich darf mich trotzdem bei Ihnen bedanken.« Als ich aufstand, erhob sich der Mann mit der weißen Mütze ebenfalls. Er brachte mich noch zur Tür und hielt sie mir auf. »Ich werde mich darüber freuen, wenn Sie Ihren Kollegen wieder finden. Er ist mir sympathisch. Ein sehr ruhiger und sehr freundlicher Gast.«
»Das kann ich mir denken.« Ich wußte selbst nicht, ob ich erfreut oder enttäuscht sein sollte. Zwei Aussagen standen fest. Die der Kinder und die des Kochs. Wenn ich beide miteinander verglich, so hatte es schon Übereinstimmungen ergeben. Suko mußte eine der Frauen, möglicherweise die Anführerin, zuerst hier am Fenster gesehen haben, bevor sie in seine Wohnung kamen. Die Beschreibung der Frau war nicht sehr detailliert gewesen, ich dachte über sie nach, was jedoch nichts brachte, denn gesehen hatte ich diese Person nicht. Es gab zahlreiche schwarzhaarige Frauen, die ihren Kopfschmuck lang tragen, und ich spürte, wie es in mir kribbelte. Ich erinnerte mich an die Aussagen der Kinder. Da konnten die Frauen fliegen, da hatte man Suko aus dem Fenster geworfen, und von dem Begriff Frauen kam ich allmählich ab, ich ersetzte ihn durch Hexen. Genau, das waren keine Frauen, sondern Hexen.
Aber warum? Warum, zum Henker, hatten sie sich gerade um meinen Freund und Kollegen Suko gekümmert? War er ihnen auf die Zehen getreten? Das mußte ich herausfinden, und es würde eine verdammt harte Arbeit werden,
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