0833 - Hexenliebe
sie auf die Oberschenkel ihrer ausgestreckten Beine gelegt. »Ich denke schon, daß ich den gleichen Gedankengang gehabt habe wie du, John. Hast du auch die Vergangenheit durchstöbert?«
»Sicher.«
»Shao?«
Ich nickte.
»Aber es gibt keinen Grund, denke ich mal.«
»Ja, darauf bin ich auch schon gekommen.«
Glenda nahm die Arme hoch. Diesmal verschränkte sie die Hände hinter ihrem Kopf. »Ich bin gedanklich auch schon andere Wege gegangen, John. Ich hatte ja Zeit, mich damit zu beschäftigen. Allerdings habe ich mit Sir James darüber noch nicht gesprochen. Du bist der erste, dem ich das mitteile.«
»Ich bin gespannt.«
»Dir wird doch auch aufgefallen sein, daß es in den letzten Wochen und Monaten zu immer größeren Gewalttaten gegen Minderheiten gekommen ist. Ich meine da die Chinesen in unserer Stadt, und nicht nur hier, auch in anderen Städten Europas.«
»Die Triaden?«
»Genau die.«
Ich starrte Glenda an und versuchte, so etwas wie Hochachtung in meinen Blick zu legen. »Das ist nicht schlecht«, sagte ich, »daran habe ich wirklich nicht gedacht.«
»Eben. Wäre es denn möglich?«
Eine gute Frage, über deren Antwort ich erst einmal nachdenken mußte. Die Triaden konnten als chinesische Mafia bezeichnet werden. Es waren unwahrscheinlich brutale Gangster, die ihre Landsleute unter einen immensen Druck setzten. Sie kassierten Schutzgelder, sie beschafften Rauschgift, sie mischten in der Prostitution mit, und sie kannten keine Gnade. Wer sich gegen sie stellte, wurde ermordet, nicht immer nur durch eine Kugel. Es waren genügend zerstückelte und gefolterte Oper gefunden worden. Leider breiteten sich die Triaden immer weiter aus. Im Moment war es schlimm, denn da legten zahlreiche Organisationen ihre Netze über Europa. Das blieb nicht nur auf die Mafia begrenzt, wie es früher einmal gewesen war. Auch die japanische Yakuza-Organisation mischte mit, und dazwischen bildete sich noch die Polen- und Russenmafia. Unsere Kollegen brauchten sich über Arbeitsmangel nicht zu beklagen, doch diese Organisationen waren nicht unser Bier. Wenn überhaupt, dann hatten wir nur am Rande damit zu tun.
Glenda hatte mich angeschaut. »Begeistert bist du vom Ergebnis meiner Überlegungen nicht.«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich sehe es dir an.«
»Du hast im Prinzip recht. Es stört mich schon, aber ich denke auch wieder um die Ecke.«
Sie lächelte.
»Paß auf, Glenda.« Ich räusperte mich. »Bisher haben wir mit den Triaden so gut wie nichts zu tun gehabt. Wir sind uns gegenseitig nicht in die Quere geraten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß gerade sie sich an Suko herangemacht haben, um ihn zu entführen. Hätte er Ärger mit ihnen gekriegt, so hätte er uns etwas gesagt.«
»Meinst du?«
»Mir zumindest, Glenda. Suko weiß doch sehr genau, wie gefährlich diese Gruppe ist. Der kann nicht lebensmüde sein, denn als Einzelgänger hätte er keine Chancen. Diese Bande würde ihn überrennen, ihn eiskalt vernichten. Sie ist zu stark, und Suko weiß doch, daß er als Einzelgänger nichts ausrichten kann.«
»Ja, so ähnlich habe ich auch schon gedacht. Aber ich stehe wirklich vor einem Rätsel.«
»Da geht es mir nicht anders als dir.«
»Dann können wir darauf hoffen, daß dieses Blut einer fremden Person gehört.«
»Ja.«
»Aber du kannst durch das Blut nicht herausfinden, wer diese Person ist?«
»Stimmt. Es sei denn, die Blutgruppe ist so außergewöhnlich, daß sich diese Person irgendwo hat registrieren lassen, falls sie mal etwas spenden muß für einen anderen Menschen.«
Glenda blies die Luft aus. »Diese Hoffnung ist mir wirklich zu winzig, John.«
»Mir auch.«
Sie stand auf und schenkte sich ebenfalls eine Tasse mit Kaffee voll. »Es ist alles so furchtbar, John. Ich komme nicht damit zurecht. Ich sehe kein Motiv, ich kann auch nicht erkennen, daß wir den Beginn einer Spur aufgenommen haben.« Sie drehte sich zu mir um. »Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß da etwas Großes, Unheimliches auf uns zukommt. Etwas mit gewaltigen Dimensionen, und diese düstere Zukunftsaussicht muß unmittelbar mit Suko zu tun haben. Sie kann einfach nur ihn etwas angehen, denke ich mir.«
»Stimmt.«
»Ihr seid Freunde, John. Hat Suko denn in der letzten Zeit nie über irgendwelche Probleme oder Vorgänge mit dir gesprochen?«
»Nein. Nicht, was du meinst. Außerdem hatten wir dazu keine Zeit, wenn ich ehrlich bin.«
Glenda nahm wieder Platz. »Ich komme damit nicht zurecht.
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