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0833 - Verfluchte der See

0833 - Verfluchte der See

Titel: 0833 - Verfluchte der See
Autoren: Christian Schwarz
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Theoretisch habe ich es nun verstanden. Wie's praktisch funktionieren soll, sehe ich allerdings nicht.«
    »Lass ihn reden, mach dir nichts draus«, wandte sich Nicole an Gina. »Schaffst du es, an eine Spange heranzukommen?«
    Gina versuchte es. Da ihr die Ketten nur wenig Bewegungsfreiheit ließen, gelang es ihr nicht, die Arme bis an ihren Kopf zu ziehen.
    »Fehlversuch, der erste«, stellte Nicole fest. »Versuch jetzt mal, deinen Oberkörper an den Ketten hochzuziehen. So käme dein Kopf in die Nähe deiner Hände.«
    Gina fasste die Ketten, doch auch Versuch Nummer zwei scheiterte kläglich. Sie war nicht trainiert genug. »Aua, das tut gewaltig weh«, jammerte sie. »Außerdem sind meine Hände eiskalt und eingeschlafen.«
    »Wie ich schon sagte. Theoretisch hab ich's verstanden«, ließ sich Zamorra vernehmen.
    Nicole sagte nichts. Stattdessen nestelte sie so lange an ihren Schuhen und Socken herum, bis sie barfuß dastand.
    »Perfekt«, kommentierte sie. »Nun wollen wir dem Herrn Professor mal zeigen, dass an mir eine Zirkusartistin verloren gegangen ist. Und hepp!«
    Nicole sprang aus dem Stand so hoch wie möglich. Dank ihrer Sprungkraft gelang es ihr, die Ketten gut dreißig Zentimeter über ihren Händen zu fassen. Sie stöhnte kurz, als sich die rostigen Kettenglieder in ihre Handflächen schnitten. Eisern hielt sie fest, auch wenn sie ein wenig abrutschte. Sie verharrte kurz, konzentrierte sich und zog sich wie ein Turner an den Ketten empor. Das bereitete ihr keinerlei Mühe. Im Gegensatz zu Gina war sie durchtrainiert und beweglich, geschult in mehreren Kampfsportarten.
    Anschließend zog Nicole die Knie vor die Brust. Dann tastete sie mit dem linken Fuß nach Ginas Kopf. Beide befanden sich nun auf etwa derselben Höhe. Trotz ihrer extremen Beinbeweglichkeit kam Nicole nicht ganz an die Haare ihrer Nachbarin heran.
    »Neig deinen Kopf weiter zu mir her, Gina«, keuchte sie, während sie das Knie wieder an die Brust zog, um kurz auszuruhen.
    Gina tat, wie ihr geheißen. Im zweiten Versuch reichten Nicoles Zehen, nachdem sie Ginas Kopf ein wenig dirigiert hatte, tatsächlich bis an eine Haarspange heran. Mit großer Geduld und Präzision gelang es ihr schließlich, die Spange zwischen den großen und den Zeigezeh zu bekommen und sie aus Ginas Wuschelhaar zu ziehen. Mit letzter Kraft schaffte sie es, sich wieder in die Ausgangsposition gleiten zu lassen, ohne dass sie die Spange verlor.
    »Super, Nici, das war eine absolut reife Leistung«, lobte Zamorra seine schwer keuchende Gefährtin. »Absolut gehaltserhöhungswürdig. Ruh dich kurz aus. Und dann versuch bitte, mir die Spange in die linke Hand zu geben. Meine Ketten sind nicht ganz so straff gespannt wie deine. Ich schaffe es, an das jeweils andere Gelenk heranzukommen.«
    Nicole nickte. »Genau das habe ich auch schon bemerkt. Sonst wäre nämlich die ganze schöne Aktion für die Katz.«
    Zwei Minuten später war sie bestens erholt. Sie ließ die Spange vom linken geschickt in die Zehen des rechten Fußes wandern, »verankerte« sie dort in bewährter Weise und sprang erneut an der Kette hoch. Als sie nachfasste, verlor sie die Spange um ein Haar, konnte sie aber gerade noch halten.
    Vorsichtig führte sie das Bein zur Seite und streckte es gleichzeitig nach oben. Mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht, aber doch gleich bleibend hoher Konzentration führte sie ihre Zehen an Zamorras linke Hand heran.
    Präzise und ruhig zog der Professor die Spange aus Nicoles Zehen und nahm sie in die rechte Hand. Kurz darauf stocherte er in dem primitiven Kettenschloss an seinem linken Handgelenk herum. Keine zwei Minuten brauchte er, bis er es knackte. Die Schelle ging auf, Zamorra konnte seine Hand herausziehen.
    Weitere zehn Minuten später waren auch seine Leidensgenossinnen frei.
    Zamorra drückte Nicole einen dicken Kuss auf die Lippen. »Du bist ein wahrer Goldschatz«, sagte er. »Ich denke, dass ich dich an den Zirkus verkaufen werde, wenn wir hier erstmal raus sind.«
    Nicole knuffte ihn lächelnd.
    Von Gina wussten sie, dass die Piraten immer mal wieder herunterkamen, um den Mädchen etwas Wasser und Essen zu bringen und schlimme Dinge mit ihnen zu tun. Es bestand also akute Entdeckungsgefahr, aber dieses Risiko mussten sie eingehen.
    Zamorra ging zum Eisengitter und rüttelte daran. »Offen«, sagte er verblüfft, während es sich leise quietschend im rostigen Scharnier bewegte.
    »Nici und Gina, ihr bleibt bei Michaela und kümmert euch um sie.
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