0837 - Aibon-Blut
schrieen sie nicht. Sie starben einfach stumm, und ich brüllte meine Angst um Glenda hinaus.
Der nächste Aufprall.
Diesmal erwischten wir den Vogel, und genauso war es auch vorgesehen. Das Fabeltier rammte sein leicht nach oben stehendes Horn in die Masse hinein. Es spießte den Monstervogel auf, der beim ersten Kontakt in die Höhe zuckte, wobei ich den Eindruck hatte, als wollte er sich von diesem spitzen Horn wieder lösen.
Das traf nicht zu.
So tief wie möglich war die Waffe des Einhorns in den grauen Körper gedrungen. Sie hatte sich dort regelrecht festgefressen, und der nach unten gesenkte Schädel des Tieres drückte den Monstervogel gegen den Boden. Eine große Wunde war entstanden, aus der eine dicke, klebrige Flüssigkeit kroch, die sich wie schwarzer Sirup auf dem Gefieder verteilte, tatsächlich aber grünes Aibon-Blut war.
Der Monstervogel versuchte alles. Noch auf den Boden »genagelt« breitete er seine Flügel aus. Er wollte mit seiner Beute wegfliegen, aber wir und das Einhorn hingen an ihm wie eine dicke Klette.
Wir waren einfach zu schwer, er kam nicht mehr weg.
Ich nutzte die Chance und schwang mich mit einer heftigen Bewegung vom Rücken des Tieres.
Mir war jetzt alles egal. Ich wollte Glenda von dieser verdammten Zunge befreien. Sie lag auf dem Rücken, sie lebte noch, sie bewegte sich sogar schwach, aber sie bekam nicht mehr mit, was in ihrer unmittelbarer Umgebung geschah.
Ich hätte die Beretta gezogen. Über Glenda Perkins hinweg schoß ich in das Maul der Bestie.
Die geweihte Kugel klatschte tief in den Rachen. An der Stelle, wo sie das Fleisch aufriß, glühte es für einen Moment in einer grünen Farbe auf, als würde dort das Licht tanzen und alles ausfüllen. Es verlosch wieder. Ich wußte selbst, daß geweihte Silberkugeln in dieser Welt nicht viel galten, aber ich hatte etwas Wichtiges erreicht. Der Monstervogel hatte die Kontrolle über seine eigene Zunge verloren. Sie bewegte sich, sie rollte sich auf.
Glenda war frei.
Ich bückte mich blitzschnell und zerrte sie aus der Gefahrenzone. Ich wollte mit ihr in die Höhle tauchen, das war im Moment der sicherste Platz, dort aber lauerten die beiden Männer in Grau.
Und die zielten mit ihren magischen Steinen auf mich!
***
In dieser Sekunde war mein Leben keinen Pfifferling mehr wert. Ich konnte ihnen so schnell nichts entgegensetzen. Diese Steine würden mich in den Blitzen des kalten Aibon-Feuers verbrennen, und auch Glenda bekam keine Chance mehr.
Wenn nicht - ja, wenn nicht plötzlich die seltsame Melodie durch den Stollen gegeistert wäre.
Der Rote Ryan war wie ein Spuk erschienen. Er stand im Hintergrund, er war nicht mal zu sehen, doch es reichte aus, daß er eine bestimmte Melodie spielte.
Ich kniete noch fast über Glenda, um sie mit meinem Körper zu schützen, hinter mir tobte ebenfalls ein Kampf, aber ich schaute nicht zurück, denn ich sah zu, wie der Rote Ryan seine Kraft einsetzte und diese Hüter des Landes bannte.
Sie konnten sich nicht mehr bewegen. Sie waren nicht in der Lage, die Kraft ihrer grauen Steine zu aktivieren. Sie standen einfach nur da, hielten die Steine fest, die weich und immer weicher wurden und bald auf ihren Händen zu Staub zerbröselten.
Danach waren sie an der Reihe.
Ich erlebte das gleiche Phänomen, wie es auch Harry Stahl mitbekommen hatte. Die Kraft der Flöte, die Macht der bestimmten Melodie nahm den beiden Aibon-Hütern ihre Gestalt.
Sie lösten sich auf.
Stück für Stück verschwanden sie.
Das begann bei den Beinen, dann erwischte es den Oberkörper, so daß vor mir nur mehr Hälften in der Luft schwebten, die seltsamerweise nicht nach unten fielen.
Das interessierte mich nicht mehr. Glenda Perkins war viel wichtiger. Ich bückte mich noch tiefer und zerrte sie hoch. Wie ein Kind legte ich sie auf meine Arme, und ich hörte, daß sie etwas vor sich hinmurmelte.
Dann drehte ich mich um.
Ich sah den Kampf der Giganten!
***
Noch immer steckte das Horn des Fabeltieres tief im Körper des Monstervogels.
Es hatte sich so weit wie möglich hineingedrängt und es dabei auch geschafft, den Vogel vom Boden anzuheben. Er lag jetzt auf dem Horn, und Ribana hockte stolz wie eine Königin auf dem Rücken ihres Reittieres und dirigierte es.
Sie gab dem Monstervogel keine Chance, aus dessen tiefer Wunde das Blut in breiten Strömen floß.
Aibon-Blut floß auf den harten Boden und suchte sich einen Weg, um in ihn hineinzudringen.
Das Einhorn ruckte vor.
Ribana
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