0838 - Welt ohne Himmel
funktionsfähig zu erhalten.«
Zamorra unterbrach van Zant. Der Professor war dicht vor den Screen getreten. »Außen die Wohnbereiche, innen die Technik… eben der gesamte Arbeitsbereich. Ja, das könnte so sein. Aber was ist das?« Er deutete auf den rechten Teil der Skizze. Das hintere Viertel der 1.311 Meter messenden Station war deutlich vom Rest abgetrennt. Dort endeten die Ebenen, die van Zant als Wohnbereiche eingestuft hatte.
Der Physiker gesellte sich zu Zamorra.
»Kein einziges Vitalzeichen von dort.« Artimus kratzte sich über die reichlich kahle Stirn; im Nacken prangte der ansehnliche Zopf des Wissenschaftlers, doch vorn am Kopf hatte sich seine Haarpracht längst verabschiedet. »Vielleicht hältst du mich jetzt für verrückt, aber in meiner Vorstellung ist das ein monströs großer Lagerraum. Keine Ahnung wieso, aber ich muss dabei an so manchen Trucker auf der guten, alten Erde denken, der sein halbes Leben oder mehr in seinem LKW verbringt. Manche schleppen sogar Frau und Kinder mit sich. Könnte es nicht sein…?«
Zamorra blickte den Freund überrascht an. »Gewagte These. Du meinst, diese Station ist nichts weiter als ein Transportschiff, das gleichzeitig als Lebensraum für ein ganzes Volk dient? Aber warum eigentlich nicht?« Er wandte sich zu Aartje um. »Ist in dem Bereich irgendeine Masseortung möglich?«
Die Niederländerin machte ein unzufriedenes Gesicht. Die Werte, die sie pausenlos übermittelt bekam, waren alles andere als exakt. Das Material, aus dem diese Station bestand, erwies sich als großer Störfaktor.
»Ich will mich nicht zu einhundert Prozent festlegen, denn das schaffen nicht einmal die meeghschen Taster, aber ich würde meinen, dieser angebliche Lagerraum ist völlig leer. Ein schlechter Trucker, der ohne Ladung fährt, besser gesagt: fliegt.«
Zamorra verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir werden diese Station -von mir aus auch: Space-Truck - langsam umrunden. Irgendwo muss es doch so etwas wie eine Schleuse geben, bei der man andocken kann.«
»Du willst da hinein? Mit unserem leicht ausgerasteten Spider ?« Nicole klang ein wenig verwundert. Andererseits war sie zufrieden, dass Zamorra Aktivitäten entwickelte, die mit großer Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Siegelbuch zu tun hatten. Er schien hier und jetzt äußerst zielstrebig an die Sache zu gehen. Das war in den vergangenen Wochen nicht immer so gewesen. Wenn Zamorra sich einmal nicht mit dem Buch beschäftigt hatte, war Nicole eine latente Lethargie nicht entgangen, die sich dann seiner bemächtigt hatte.
Sie würde ihn hier also um nichts in der Welt zu bremsen versuchen.
»Ansehen kostet nichts.« Der Parapsychologe grinste seine Gefährtin an. »Und mit einem echten Trucker des Alls hätte ich mich schon gerne einmal unterhalten.«
Artimus van Zant intonierte mit brummelnder Stimme einen alten Steve-Miller-Song. »Some people call me the space cowboy yea, some call me the gangster of love…«
Aartje Vaneiden hielt sich mit säuerlichem Gesichtsausdruck die Ohren zu. »Bitte, Artimus, lass es bleiben. Schaut euch lieber das an.«
Sie schaltete die Außenaufnahme groß auf den Screen, und van Zant blieben die Worte im Hals stecken. Der Spider hatte die Längsseite der Station erreicht. Die Bilder der Außenkameras zeigten deutlich und unbarmherzig den Grund, warum der mächtige Hohlraum vollständig leer zu sein schien.
Das Loch hatte einen Durchmesser von annähernd 150 Meter. Seine ausgefransten Ränder waren ein ziemlich eindeutiger Beleg dafür, dass es durch Gewalteinwirkung entstanden war -durch eine Explosion oder sogar Beschuss von außen? Das konnte nur eine genauere Analyse ergeben, doch für die fehlte der Spider-Besatzung jetzt die Zeit.
»Keine Schleuse, das nun wirklich nicht, sicherlich auch nicht sehr einladend, aber immerhin ein passendes Entree für uns.« Zamorra wunderte sich, welche Kaltschnäuzigkeit die Niederländerin heute an den Tag legte.
»Ja, aber im Schleichgang.« Zamorra gefiel es nicht, in die absolute Ungewissheit zu fliegen. Andererseits… tat er das nicht bereits den größten Teil seines Lebens? »Also los, Nicole. Bring uns da hinein.«
Die Leistungsfähigen Bugscheinwerfer des Spiders leuchteten die Szenerie gespenstig aus, als das Raumschiff sich langsam der Öffnung näheile.
***
Hobbler war in Schweiß gebadet.
Was der Bildschirm ihm da zeigte, war so real… so echt.
Vor allem jedoch: so fremd! Diese-Tiefe, diese Weite - die funkelnden
Weitere Kostenlose Bücher