0841 - Der gläserne Tod
äußeren Gesteinsschichten bohren.
Shira kam rasch voran. Sie hielt jeweils für kurze Zeit inne, wenn ein seitlich überhängender Felsvorsprung Schatten spendete.
In einiger Höhe befand sich ein Höhleneingang, hinter dem sie huschende Bewegung wahrgenommen hatte. Sie befürchtete, dass die Höhle Wüstensprinter beherbergte, aber das konnte sie nicht davon abhalten, sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen.
Sie benötigte Informationen. Wenn es keine andere Möglichkeit gab, die heiße Quelle zu finden, als erneut mit den achtbeinigen Bestien zusammenzutreffen, dann würde sie nicht zögern! Sie war zu allem bereit.
Wie sie die Wüstensprinter zum Reden bringen sollte, würde sie sich überlegen, wenn es so weit war. Zunächst kannte sie nur ein Ziel. Sie wollte die Höhle erreichen.
»Einen Schritt nach dem anderen«, murmelte sie. Sie war keine Freundin langer Überlegungen, sondern ergriff die Initiative, sobald es ihr nötig erschien. So war es schon immer gewesen; deshalb hatte sie als Einzige die Höhlenkolonie verlassen, während die anderen sich in endlosen Debatten ergingen und wahrscheinlich jede Nacht weitere Staublinge starben.
Kurz darauf befand sie sich seitlich neben dem Eingang. Sie senkte den Kopf dicht über den Boden und streckte ihn vorsichtig, bis sie durch die Öffnung im Felsen schauen konnte.
Ein dunkler Tunnel breitete sich vor ihr aus.
Kein Laut war zu hören.
Wenn sich hier tatsächlich ein Wüstensprinter aufhielt, verharrte dieser entweder irgendwo völlig reglos oder befand sich weit im Inneren.
Shira nahm allen Mut zusammen und huschte in den Tunnel. Er war hoch und breit genug, um die gewaltigen Monster bequem passieren zu lassen. Shira hielt sich dicht am Rand und schob sich langsam vorwärts.
Sie rechnete jeden Augenblick mit einem Angriff. Instinktiv verhärtete sie ihre Schuppen. Dumpf pochender Schmerz ging von der Stelle aus, an der am Vortag eine der Schuppen durch die Attacke des Wüstensprinters zerborsten war.
Niemand hinderte sie daran, tiefer einzudringen. Es wurde immer dunkler, und schließlich konnte sie nichts mehr erkennen. In völliger Schwärze ging sie an der Seitenwand unbeirrt weiter.
Der Gang knickte ab, und sie sah vor sich einen schwachen Lichtschimmer. Erleichtert atmete sie auf. Die absolute Dunkelheit hatte sich drückend auf ihre Seele gelegt. Sie liebte das Zwielicht, aber völlig ohne Helligkeit konnte sie nicht lange existieren.
Ein Geräusch drang an ihre Ohren. Ein hektisches Scharren und Knirschen, als ob zahlreiche Beine auf den steinernen Boden stampften. Ich bin bald am Ziel , dachte sie erleichtert. Sie konnte die unruhigen Achtbeiner förmlich vor sich sehen, wie ihre ständigen Bewegungen den Lärm verursachten.
Der Tunnel endete am Rand einer gewaltigen Höhle. Shira ging nicht ins Innere, sondern verbarg sich am Ende des Weges. Sie hoffte, nicht entdeckt zu werden. Zuerst wollte sie beobachten, was sich dort abspielte.
Ihre Augen weiteten sich erstaunt.
In der Mitte der Höhle brannte ein gewaltiges Feuer. Der Rauch zog der Decke entgegen, wo er in einem Loch verschwand, das offensichtlich nach außen führte. Um das Feuer herum hatten sich mindestens ein Dutzend Wüstensprinter versammelt.
Keine der Bestien stand ruhig. »Wir müssen herausfinden, was es ist!«, hörte Shira eine hohe, sich überschlagende Stimme, woraufhin alle Achtbeiner wild durcheinander redeten.
Sie befürchtete, dass von ihr gesprochen wurde und davon, wie die Wohnkolonie der Staublinge entdeckt werden könnte. Doch bald wurde sie eines Besseren belehrt.
»So darf es nicht weitergehen«, übertönte eine getragene Stimme das allgemeine Gemurmel. »Es darf keine weiteren Opfer geben.«
Die nächsten Worte verschlugen der Zuhörerin den Atem.
»Bereits ein Dutzend von uns ist dem Gläsernen Tod zum Opfer gefallen. Wir müssen etwas unternehmen!«
Die Erkenntnis schockierte sie.
Der gläserne Tod! Der Grund, warum Shira ausgezogen war, die heiße Quelle zu finden. Er suchte nicht nur die Staublinge heim, sondern auch die Wüstensprinter…
***
In aller Ruhe begann der Zwitter mit den Vorbereitungen.
Er streckte die Hand nach oben. Über ihnen krachte es in einer Baumkrone, und ein etwa unterarmdicker Ast fiel nach unten, direkt in die offene Hand des Zwitters. Damit zeichnete er das Symbol in den erdigen Boden.
»Wo sind wir?«, fragte Zamorra. Drückende Hitze herrschte. Die Luftfeuchtigkeit verschlug ihm den Atem. Um ihn herum
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