0841 - Erst lieb ich dich, dann beiß ich dich!
zurück. Frisch wie der junge Frühling. Locker gekleidet, in grauen Designer-Jeans und einem weichen, rostroten Kaschmir-Pullover.
Am Fußende des Bettes blieb sie stehen, beide Hände auf die Kante gestützt, schaute ihren Gatten spöttisch an und erkundigte sich mit gefährlich sanfter Stimme: »Willst du nicht aufstehen?«
»Wollen schon…«
»Aber?«
»Ich kann nicht.«
»Wie das?«
»Ich bin so matt und völlig von der Rolle.«
»Ach…«
»Ja, das… das… ist kaum zu erklären.« Er stützte sich auf und fiel wieder zurück. »Es kommt mir vor, als hätte mir jemand die Kraft aus den Knochen gesaugt.«
»Das ist nicht gut, denn heute passiert einiges. Auch solltest du daran denken, daß der Botschafter nicht anwesend ist. Du bist jetzt der Chef. Wenn ich mich recht erinnere, ist dein Terminkalender für heute ziemlich prall gefüllt.«
»Das weiß ich ja.«
»Dann komm hoch!« Sie sprach wie ein Feldwebel, und Juan wußte genau, daß er aufstehen mußte, auch wenn es ihm schwerfiel. Maria schaute spöttisch zu, wie er sich zur Seite wälzte, sich dann auf die Bettkante setzte, mit beiden Händen durch sein Gesicht und die Haare fuhr, den Kopf schüttelte und sich anschließend mit schwankenden Bewegungen langsam erhob.
»So sieht ein Held aus«, spottete Maria.
»Ein Antiheld.« Er hob seinen flauschigen Bademantel auf und hängte ihn über. »Ich bin in der Dusche.«
»Wir sehen uns dann beim Frühstück.«
Er wollte ihr sagen, daß er keinen Hunger hatte, aber Maria war bereits dabei, aus dem Zimmer zu rauschen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr einen Fluch nachzuschicken.
Er konnte vom Schlafzimmer aus direkt ins Bad gehen, in einen sehr geräumigen Raum, in dem sich die breite Badewanne und auch die Dusche befanden.
Helle Wände, große Spiegel, Lampen, die das Licht weich und trotzdem klar verteilten. Zwischen den Wänden hing noch der Geruch des Badesalzes, das Maria benutzt hatte.
Er schaute in den Spiegel - und erschrak!
Nicht wegen seines Gesichts, morgens sah er immer aus wie achtzig - nein, es hing mit seinem Hals zusammen und genau mit der Stelle, wo er den Biß verspürt hatte. Zum erstenmal konnte er sich die beiden Wunden genauer anschauen, und er stellte fest, daß die Haut um sie herum aufgequollen war und sich sogar entzündet hatte. Diese Flecken waren einfach nicht zu übersehen, und er würde sich etwas einfallen lassen müssen, um sie zu verbergen.
Ein Pflaster war die beste Möglichkeit.
Dieser Gedanke gefiel ihm. Er würde auch noch eine Wundsalbe auf die beiden Stellen reiben, und als er wenig später unter der Dusche stand, ging es ihm etwas besser. Juan Sanchez fühlte sich nicht mehr ganz so matt wie noch beim Aufstehen, aber die alte, morgendliche Energie war noch nicht zurückgekehrt. Sie würde noch kommen, davon war er restlos überzeugt.
Er duschte an diesem Tag länger als normal, trocknete sich auch langsamer ab und ging wieder zurück in das Schlafzimmer, um aus einem der Schränke seine Kleidung zu nehmen.
Er lächelte dabei, weil er daran dachte, daß Maria in der Nacht selbst in den Schränken nachgeschaut hatte.
Juan entschied sich für einen schwarzen Blazer, eine graue Hose und ein grau-weiß gestreiftes Hemd. Die Krawatte konnte ruhig etwas farbiger sein, das machte nichts aus.
Er kämmte noch einmal sein Haar durch und verließ das Schlafzimmer. In diesem Trakt befanden sich die Privaträume des Botschaftspersonals, zumindest lebten hier der Botschafter und sein Stellvertreter. Das Personal war schon eingetroffen, er mußte mehrmals grüßen und einmal über einen Staubsauger steigen, den die Reinemachefrau nicht so schnell hatte zur Seite zerren können.
Maria erwartete ihn.
Der runde Tisch war gedeckt. Ein frischer Blumenstrauß brachte einen ersten Frühlingsgruß, und Maria hatte Juan bereits den Orangensaft eingeschenkt.
Es war alles vorhanden. Rührei, Speck, Konfitüre, auch Müsli und Obst, aber Juan saß vor dem Tisch und starrte die Dinge an, ohne sie zu berühren.
Maria aß. Ihr schmeckte es. »Es geht dir nicht gut«, stellte sie sachlich fest.
»Das weiß ich.«
»Du siehst sogar schlecht aus.«
»Weiß ich ebenfalls.« Er grinste schief. »Aber ich fühle mich schon besser als beim Erwachen, das wollte ich dir noch sagen, bevor du dich zu sehr freust.«
»Warum sollte ich mich freuen?«
»Deine Stimme hat so geklungen.«
»Irrtum, ich, freue mich nicht darüber, wenn es meinem Mann schlechtgeht. Außerdem
Weitere Kostenlose Bücher