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0843 - Tunnel der hungrigen Leichen

0843 - Tunnel der hungrigen Leichen

Titel: 0843 - Tunnel der hungrigen Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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dem Fenster blieb er stehen, schaute durch die Scheibe und sah unter sich den Verkehr des späten Vormittags. In dieser Stadt war es nie ruhig. Allerdings herrschte im Winter weniger Hektik. Er hatte sich schräg hingestellt, um nicht geblendet zu werden. Van Steen liebte Amsterdam, auch wenn es mit noch so vielen Fehlern belastet war wie andere immer behaupteten. Es war eine besondere Stadt, die Liberalität konnte Vorbild sein. Amsterdam nahm die Menschen auf, Amsterdam gab ihnen Platz, Amsterdam fragte nicht nach der Hautfarbe und nach der Sprache, die gesprochen wurde.
    Menschen sind keine Engel. Daß es hin und wieder auch zu Konfrontationen kam, stimmte ebenfalls. Auch als Drogenumschlagsplatz war Amsterdam bekannt. Aber die Polizei hatte schon eine gewisse Kontrolle und wußte, wo ihre Spezies hockten.
    Die Stadt hatte ihre Probleme, van Steen wollte sie auch nicht wegreden. Nur diese Leiche ging ihm nicht aus dem Sinn. Das war nicht einfach ein Mensch, der in die Gracht gefallen war, weil er nicht achtgegeben hatte, für van Steen steckte mehr, viel mehr dahinter. Eine gefährliche Methode, kein Zufall. Jemand lebte in dieser Stadt und war ein grausamer Killer.
    Ein hartes Lächeln umzuckte seinen Mund, als er an einen Film dachte, der vor einigen Jahren über die Stadt gedreht worden war. »Verdammtes Amsterdam« hatte der Streifen geheißen.
    Darin war es auch um einen Killer gegangen, der in den Grachten gelauert und die Menschen umgebracht hatte. Nun ja, das war ein Film gewesen, und er hatte nicht eben mitgeholfen, das Image der Stadt zu verbessern, doch die Tatsachen des Morgens waren viel schlimmer. Kein Leinwandmord, ein echter - leider.
    Van Steen ging wieder zu seinem Platz. Er kratzte mit dem Daumennagel über sein Kinn, die hohe Stirn hatte er in Falten gelegt. Dabei erinnerte er sich an das Gesicht des Toten. Es war nur zur Hälfte zerstört, aber es war nicht möglich gewesen, den Mann zu identifizieren. Er mußte identifiziert werden, es war die einzige Chance, den Weg des Mannes zurückzuverfolgen.
    Der Kommissar dachte an gewisse Spezialisten, die es durchaus schaffen konnten, nur anhand der einen Gesichtshälfte die andere zu konstruieren. Das war durch Spiegel und Computerprogramme möglich. Wenn das Gesicht einigermaßen hergestellt worden war, konnte man es fotografieren und in die Fahndung geben.
    Eine Euro-Polizei sollte ja gegründet werden. Erst vor zwei Tagen hatten sich die Oberen in Den Haag zusammengesetzt und darüber beraten. Sogar eine Zentrale für diese neue Polizei gab es bereits in dieser Stadt. Leider half ihm das in seinem Fall nicht weiter, denn diese Polizei stand erst am Anfang.
    Er saß wieder vor seinem Schreibtisch und schaute auf die Platte. Der Kaffee war kalt geworden, und so ähnlich fühlte auch er sich. Kalt und deprimiert.
    Das Telefon riß ihn durch sein Tuten aus den Gedanken. Sehr schnell hielt er den Hörer am Ohr. Er wußte ja, wer da etwas von ihm wollte, und van Steen hatte sich nicht geirrt.
    Es war Dr. Myers, der Chef der Obduktion.
    »Schon gespannt, Kommissar?«
    »Und wie.«
    »Wir haben ein Wunder vollbracht.«
    »Sagen Sie nur.«
    »Eigentlich ein kleines Wunder«, schränkte der Arzt ein, »und es hat auch nichts mit unserem Können zu tun. Der Tote ist Engländer, er heißt Gerry Olmian.«
    »Nie gehört.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Wie haben Sie das herausgefunden?« wollte der Kommissar wissen.
    »Tja, das war beinahe ein Zufall. Olmian benutzte einen alten Agententrick. Wir fanden komischerweise in seinem Absatz noch einen Ausweis. Wir kennen seinen Namen, wir wissen auch, daß er in London gearbeitet hat, nur ist uns nicht bekannt, für welche Behörde er tätig war. Ich sage bewußt Behörde, und den Rest können Sie sich dann zusammenreimen, Kommissar.«
    »Das werde ich auch, Doktor. Wie sieht es denn mit dem Mann überhaupt aus? Haben Sie herausfinden können, wer ihm diese schrecklichen Verletzungen zugefügt haben könnte?«
    »Nein.«
    »Das ist schlecht.«
    »Stimmt, Kommissar, aber ich bin Arzt, und ich würde in meinen offiziellen Bericht nicht das hineinschreiben, was ich Ihnen jetzt am Telefon sage.«
    Van Steen lächelte. »Das läßt mich hoffen.«
    »Sollen Sie auch. Diese Verletzungen sind dem Mann durch irgendwelche Krallen oder spitzen Nägeln zugefügt worden. Fragen Sie mich nicht nach Details, die kann ich Ihnen nicht geben. Wir haben auch noch keine anderen Hautfetzen in den Wunden entdeckt, das Wasser kann sie

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