0843 - Tunnel der hungrigen Leichen
hieß ihr einäugiger Begleiter?
Ich ging davon aus, daß beide Namen hatten. Ich ließ auch zahlreiche Gestalten vor meinem geistigen Auge Revue passieren, so bunt sie auch sein mochte, die Frau und der Mann kamen dabei nicht vor.
Es war noch nicht Mitternacht. Die Luft kam mir trocken vor. Draußen war es hundekalt. Tiefe Minustemperaturen hatten die Stadt London eingefroren.
In der Heizungsluft trocknete meine Kehle aus. Ich wälzte mich herum und stieg aus dem Bett. Suko schaute hoch, als ich das Wohnzimmer betrat. Er ließ die Illustrierte, in der er gelesen hatte, sinken.
»Noch nichts?«
»So ist es.«
»Hier auch nicht, John. Kein Hinweis, niemand läßt sich blicken. Ich habe beinahe den Eindruck, als wären deine Freunde sauer, daß ich hier bei dir sitze und warte.«
»Sauer kann höchstens ich sein, daß ich von ihnen so belästigt worden bin.« Ich hockte mich auf die Kante eines Sessels und schaute gegen die Wand. »Klar, daß ich nicht einschlafen kann. Immer wieder tauchen sie vor meinem geistigen Augen auf. Und ich weiß, daß die Erinnerungen bald zu einer Wahrheit werden. Es muß einfach geschehen.« Ich stand wieder auf und bewegte mich auf die Küche zu. »Willst du auch etwas trinken?«
»Ja, bring mir ein Wasser mit.«
Aus dem Kühlschrank holte ich zwei kleine Flaschen. Auf Gläser verzichtete ich. Wir stießen mit den Flaschen an und tranken sie zu einem Drittel leer.
Suko lächelte. »Es wird eine lange Nacht werden, denke ich mal. Und ich bin gespannt, wie die beiden, falls sie überhaupt kommen, auf meine Anwesenheit reagieren.«
»Sie werden dich akzeptieren müssen.«
»Denke ich auch.« Suko schaute nachdenklich die Flasche an. »Als was würdest du sie bezeichnen? Sind es Menschen? Sind es Wesen? Sind es Geister, die ihr Reich verlassen haben, um dich zu besuchen? Wenn das stimmt, müssen sie einen Grund gehabt haben, und ich frage mich, warum sie ausgerechnet auf dich gekommen sind.«
»Das frage ich mich ebenfalls.«
»Keine Antwort?«
»So ist es.«
Suko grinste schief. »Damit bleibt uns nichts anderes übrig, als weiterhin auf den großen Paukenschlag zu warten.«
»Willst du überhaupt so lange warten?«
»Wieso? Soll ich verschwinden?«
»Das habe ich nicht gesagt und auch nicht gemeint. Wenn nichts geschieht, haben wir uns beide die Nacht um die Ohren geschlagen und fragen uns morgen nach den Gründen, wobei wir noch kaputt sind. Das ist es, was ich meine.«
Suko antwortete mit einer Gegenfrage. »Wärst du an meiner Stelle denn gegangen?«
»Nein.«
»Eben.«
Ich stand wieder auf, schwenkte grüßend die Wasserflasche und nahm sie mit in das Schlafzimmer.
»Bis später dann. Vielleicht werden wir ja doch auf etwas unkonventionelle Art und Weise geweckt.«
»Vorausgesetzt, wir finden Schlaf.«
Ich hob die Schultern. Das Bett war noch warm. Die nicht ganz leere Flasche hatte ich auf den Nachttisch gestellt und nahm wieder meine alte Position ein.
Dieser Zustand des Hoffens, des Nichtwissens und der fiebrigen Spannung machte mich nervös.
Immer wieder bewegte ich die Augen, schielte in die verschiedenen Ecken des Raumes, als hielte sich dort jemand in der Dunkelheit verborgen.
Es war keiner da.
Die Stille lastete über mir wie eine Decke. Die Zeit wanderte, ich hatte den Eindruck, als würde sie stehenbleiben. Aber es gelang mir tatsächlich, mich etwas zu entspannen, lockerer zu werden, obwohl sich das große Schlafgefühl nicht einstellen wollte.
Wo blieben die beiden? Oder würden sie nicht mehr zu mir kommen? Daran konnte ich auch nicht glauben, denn dann hätten sie sich nicht schon zweimal gezeigt.
Ich war davon überzeugt, daß da eine verflucht heiße und gefährliche Suppe kochte, die ich auszulöffeln hatte. Wer immer diese beiden Personen auch waren, sie schienen ohne meine Hilfe nicht zurechtzukommen. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, welche geheimnisvolle Welt oder Dimension sie wohl verlassen hatten.
Da schossen mir verschiedene Möglichkeiten durch den Kopf. Stammten sie aus Atlantis? Oder waren es Personen, die ihre Heimat in Avalon gefunden hatten? Daran konnte ich nicht glauben, auch Atlantis drängte ich zurück, es mußten andere Reiche sein, die sie verlassen hatten. Welten, sogenannte Schattenwelten, die zwischen dem Dies- und dem Jenseits lagen. Daß es das gab, war mir bekannt.
Aibon vielleicht?
Nein, auch dahin paßten sie nicht so recht. Es hatte auch keinen Sinn, wenn ich mir den Kopf zerbrach. Falls sie zu kommen
Weitere Kostenlose Bücher